Der versunkene Wald
forschte Pierre.
„Steht auf, ihr Faulpelze!“ rief Suzanne vergnügt. „Kommt zum Frühstück, alles andere erzähle ich euch nachher.“
Sie standen um das Feuer und schlürften mit Hochgenuß den heißen Kaffee. Suzanne teilte jedem einen Zwieback zu.
„Und jetzt“, sagte Raymond, „erkläre uns bitte, wie du das fertiggebracht hast! Womit hast du dieses Feuer angezündet?“
„Ich war lange vor euch wach. Es war schrecklich unbequem, auf dem Boden zu liegen und nicht wieder einschlafen zu können. Da bin ich leise aufgestanden, um euch nicht zu wecken. Dann habe ich den Tornister genommen, habe mir Licht gemacht und bin ein bißchen spazierengegangen.“
„Ganz allein hättest du das nicht tun dürfen!“ schaltete Raymond ein. „Wenn dir dabei etwas zugestoßen wäre!“
„Beruhige dich, ich bin nicht sehr weit gegangen. Nur bis hierher zu den Felsentrümmern. Aber ich habe mir alles ein bißchen genauer angesehen, als wir das gestern abend konnten. Ich bin sogar ein Stückchen hinaufgeklettert und habe mich dabei an den Steinen festgehalten; es war gar nicht so leicht, dabei den Dynamo in Gang zu halten. Aber die Mühe hat sich gelohnt. Ganz oben, in der Höhe der Gangdecke, habe ich Brennholz gefunden. Es sind ziemlich große Äste, sehr hart und dabei ganz brüchig. Ein sonderbares Holz, wie ich es noch nie gesehen habe. Es fängt sehr schnell Feuer, aber es verbrennt ziemlich langsam.“
„Und wie hast du es angezündet?“
„Ich habe mir Pierres Feuerzeug aus deiner Tasche geholt. Du hast nichts gemerkt.“
Die Jungen hoben ein herumliegendes Stück Holz auf und betrachteten es neugierig. Es war ein Ast von fünf bis sechs Zentimeter Durchmesser, trocken und abgestorben, aber fest und von dunkelbrauner Färbung.
„Hast du alles heruntergeholt, was da war?“ fragte Pierre.
„Oh nein! Da oben ist noch ein ganz dicker Klotz, den ich unmöglich losbekommen hätte.“
„Wir müssen uns das ansehen“, sagte Raymond.
Sie schufen eine luxuriöse Beleuchtung. Der Tornister wurde an die gegenüberliegende Wand gelehnt und die beiden Birnen so angebracht, daß sie die Fundstelle gut beleuchteten. Jean und Jacques sollten den Dynamo antreiben, solange sie konnten. Zu allem Überfluß wurde ein brennender Zweig aus der Glut gezogen und damit in nächster Nähe ein zweites Feuer entfacht, dessen Helle das Elektrizitätswerk unterstützen sollte.
„Es war sehr leichtsinnig von dir, Suzanne, auf diesem Felsrutsch umherzuklettern“, bemerkte Raymond. „Wir wissen nicht, ob die Steine uns aushalten, und was passiert, wenn er weiter einstürzt. Denkt an gestern! Pierre kann sich da oben umsehen. Aber er darf nicht hinaufklettern, sondern er soll sich auf meine Schultern stellen.“
Pierre gehorchte. Von Raymond getragen, untersuchte er sorgfältig den oberen Teil der Einbruchstelle. Er hatte keine Mühe, den Klotz ausfindig zu machen, von dem Suzanne gesprochen hatte.
„Es ist ein Baumstamm“, stellte er fest.
Beim Ton seiner Stimme begriffen alle, daß die Entdeckung ihn aufregte.
„Es müssen noch ein paar Äste da sein“, sagte Suzanne. „Ich konnte nicht alle abbrechen.“
„Richtig“, sagte Pierre. „Da habe ich einen.“
Mit einem trockenen Knacken brach das Holz auseinander. „Das ist kein Zweig“, sagte Pierre. „Das ist eine Wurzel. Wahrscheinlich von einer Eiche.“
„Von einer Eiche?“ rief Raymond. „Jetzt verstehe ich gar nichts mehr. Die Männer, die diesen Gang gruben, werden doch nicht einen Eichenstamm mit Wurzeln hierhergeschleppt haben.“
„Sie haben ihn nicht hergeschleppt. Er war schon da.“
„Was soll das heißen?“
„Liebe Freunde“, antwortete Pierre mit einem Anflug von Feierlichkeit, „wir haben unter der Bucht von Saint-Michel die Reste des Waldes von Quokelunde gefunden.“
Des Waldes von Quokelunde …
Sie wiederholten alle ungläubig den sagenhaften Namen. So hatten die Legenden also doch die Wahrheit berichtet? Dort, wo sich heute der Strand von Saint-Michel ausbreitet, wuchsen einst wirklich die Eichen des geheimnisvollen Waldes. Und sie, die Meerkatzen, konnten jetzt den endgültigen Beweis dafür erbringen, ein greifbares Zeugnis, das niemand mehr anfechten konnte: einen Baumstamm mit seinen Wurzeln. Sie hatten mit Holz aus dem Wald von Quokelunde ihren Kaffee gekocht!
Pierre sprang wieder zu Boden. Beim Schein des Feuers — denn Jacques und Jean kümmerten sich nicht mehr um den Dynamo — besahen die Meerkatzen sich mit
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