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Der verwaiste Thron 02 - Verrat

Der verwaiste Thron 02 - Verrat

Titel: Der verwaiste Thron 02 - Verrat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Kern
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»Ihr seid so viele, und ich bin ganz allein. Seht, ich habe noch nicht einmal eine Waffe. Würde es euch wirklich Freude bereiten, mich zu töten?«
    »Was weiß ein Mensch schon über die Freuden von Nachtschatten?« Schwarzklaue knurrte, aber der Mann wich nicht zurück, sondern hob nur die Schultern.
    »Ich weiß«, antwortete er, »dass es euch mehr Freude bereiten würde, mir zu folgen, als mich zu töten. Oder mögen Nachtschatten keine Geschenke?«
    »Was für Geschenke?«, fragte die Frau aus dem Süden hinter Schwarzklaue.
    »Kommt mit, und ihr werdet es erfahren.«
    Einige Nachtschatten gingen zögernd auf ihn zu. Ihre Schwertspitzen zeigten zu Boden. Schwarzklaue drehte sich zu den anderen um. Wolkenauge hatte die Brauen zusammengezogen und den Kopf zur Seite geneigt. »Mir gefällt das nicht. Er riecht seltsam.«
    Der Mann grinste. »Du würdest auch seltsam riechen, würdest du in den Kleidern eines Toten herumlaufen. Sie stinken, als ob er noch irgendwo hier drin wäre.« Er drehte die Taschen um und schüttelte den Kopf. »Hier ist er schon mal nicht.«
    Schwarzklaue lachte, so wie die anderen Nachtschatten. Nur Wolkenauge, das fiel ihm auf, stimmte nicht mit ein.
    »Du hast recht, Mensch«, sagte er. »Es würde uns wohl wirklich mehr Freude bereiten, dich für eine Weile am Leben zu lassen.«
    »Dann wollt ihr mein Geschenk sehen?« Für einen Moment glaubte Schwarzklaue einen lauernden Unterton in der Stimme des Menschen zu vernehmen, doch dann sah er wieder nur sein offenes Lächeln.
    Er nickte. »Zeig es uns. Aber vergiss nicht, dass du als Erster sterben wirst, wenn du uns in eine Falle führst.«
    »Deine Sorge ist unberechtigt, mein Freund. Komm.« Er drehte sich um und ging an den Baumstämmen vorbei in den Wald hinein. Schwarzklaue folgte ihm. Die anderen Nachtschatten schlossen sich ihnen an.
    Eine Weile gingen sie durch das Unterholz, dann führte der Mensch sie auf einen Trampelpfad. Er redete viel, erzählte Geschichten, die Schwarzklaue zum Lachen brachten und andere zum Weinen. Wolkenauge unterbrach ihn hin und wieder, um Fragen zu stellen, bis Schwarzklaue genug hatte und ihn anbrüllte, er solle schweigen. Danach unterbrach der alte Jäger den Menschen nicht mehr.
    Irgendwann blieben sie stehen. »Es ist ja schon fast Abend«, sagte Sommerwind. Schwarzklaue sah überrascht zum Himmel. Tatsächlich hatten sich die Wolken rot gefärbt. Der Waldboden war so dunkel, dass man kaum noch etwas darauf erkennen konnte.
    »Wir sind gleich da.« Der Mensch wechselte auf einen anderen Pfad, der aus dem Wald hinauszuführen schien. »Könnt ihr euer Geschenk schon riechen?«
    Schwarzklaue zog die Luft ein. Er roch den Abend, ein paar Hasen und weit entfernt einen Bären. Vage erinnerte er sich daran, dass sie wegen dieses Bären am Morgen aufgebrochen waren, doch die Beute war bedeutungslos für ihn geworden.
    Er schüttelte den Kopf. Nein , wollte er sagen, ich rieche nichts. Aber im gleichen Moment drehte sich der Wind. Ein neuer Geruch stach in seine Nase.
    Er knurrte. Die anderen Nachtschatten zuckten zusammen, hatten es wohl ebenfalls gerochen.
    »Menschen«, sagte Wolkenauge, bevor ein anderer etwas äußern konnte. »Viele Menschen. Sie sind nahe.«
    Der Mann nickte. »Wie ich schon sagte: Wir sind fast da.«
    Sie stiegen über einige umgefallene Bäume hinweg und folgten dem Pfad weiter. Ein neuer Geruch mischte sich in den der Menschen, überlagerte ihn beinahe.
    »Sie scheißen in den Wald, genau wie wir«, sagte ein Nachtschatten hinter Schwarzklaue. Niemand antwortete ihm.
    Der Wald lichtete sich. Irgendwo plätscherte ein Bach. Baumstümpfe ragten aus dem Boden, es gab kaum Unterholz. Schwarzklaue schob einige Äste beiseite und betrachtete die Lichtung, die sich vor ihm ausbreitete. Dutzende Zelte standen darauf. Pferde grasten auf einer Koppel.
    Von Lagerfeuern stieg Rauch und der Geruch nach Fleisch auf.
    »Wer sind sie?«, fragte Wolkenauge.
    »Milizen«, sagte der Mensch.
    Das Wort trieb Bilder durch Schwarzklaues Geist. Er hatte ihr Werk gesehen, die Gehäuteten, die Verstümmelten, die Verbrannten.
    »Wie viele?«, fragte er. Hass ließ seine Stimme zittern.
    »Genug.«
    »Gut.« Schwarzklaue drehte sich zu den anderen Nachtschatten um. »Wir werden Ehre finden an diesem Abend.«
    »Wartet«, sagte Wolkenauge. Er sah den Menschen an. »Warum verrätst du dein eigenes Volk? Das sind Menschen, so wie du.«
    Der Mann schüttelte den Kopf. »Nein, das sind sie nicht. Sie entehren

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