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Der verwaiste Thron 02 - Verrat

Der verwaiste Thron 02 - Verrat

Titel: Der verwaiste Thron 02 - Verrat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Kern
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Käfig zu. »Habt uns lang genug ausgepresst!«
    »Ich schlag dir das Lachen aus dem Gesicht, Hexe!«, rief einer der Soldaten zurück. Er hatte kurz geschorene blonde Haare und einen muskulösen Körper. Sein Kopf stieß gegen die Eisenstangen des Käfigs, als er sich aufzurichten versuchte. »Warte nur ab!«
    Die alte Frau machte eine Geste, die Ana unter ihrem Gesichtstuch erröten ließ, und der Soldat antwortete mit einem Wort, das sie noch nie gehört hatte, und trat wütend gegen die Gitterstäbe.
    »Ihr wollt zum Hafen?«, fragte die alte Frau. »Auf eines der Fährschiffe?«
    Ana hätte beinahe geantwortet, schwieg dann aber. Auch die anderen ignorierten die Frage.
    Der Blick der alten Frau glitt über die Karren, die Säcke und die Kisten voller Waffen. »Schafft ihr das alles auf ein Schiff?« Die Schadenfreude in ihrer Stimme war in Misstrauen umgeschlagen.
    Ana ritt mit gesenktem Kopf an der Hütte vorbei. Sie wagte es nicht, nach oben zu sehen.
    »Ihr haut ab, oder? Ihr lasst uns allein. Warum?« Die alte Frau folgte ihnen über die Dächer, so als ginge sie eine Treppe mit breiten Stufen hinunter.
    Menschen auf der Straße hoben die Köpfe. Einige sahen sich um. Ein betrunkener Nachtschwärmer schrie: »Was brüllst du hier rum, Alte?«
    Sie winkte ab und blieb stehen. Erleichtert bemerkte Ana die schmale Gasse zwischen zwei Hütten. Die alte Frau würde es nicht wagen, darüber hinwegzuspringen.
    »Ist es wegen des Feuers?«, hörte sie ihre Stimme. »Ist es schlimmer, als es aussieht? Wird die ganze Stadt brennen? Flieht ihr deswegen?«
    Die alte Frau blieb hinter ihnen zurück, schrie ihre Fragen immer lauter. Ihr Gebrüll lockte die Menschen aus den Hütten, andere kletterten auf Dächer und sahen nach Norden. Wie der Rauch eines Feuers breitete sich Angst hinter Ana aus.
    Obwohl sie erst am Hafen verabredet waren, stieß Klarie, die Erys zum Quartier ihrer Bande geschickt hatte, zu ihnen. Sie saß auf dem Bock eines Karrens, dessen Ladefläche ebenfalls vergittert war, so wie die Gefängniskarren der Stadtwachen, nur dass dessen Gitter nicht aus Eisen, sondern aus Bambus waren.
    Nungo'was, Merie und die anderen hockten in dem Käfig. Hetie, Marta und Purro sah sie nicht, und es fehlte auch eine der Todesmasken, die Klarie begleitet hatten.
    Erys hatte ihr Pferd gestoppt, besah sich die zwei Karren und sagte dann zu Klarie: »Wo sind Purro und Ellian?« Offenbar war Ellian die fehlende Todesmaske.
    »Diese grauhaarige Furie – Marta heißt sie, glaub ich – hat sich und ihre Tochter in der Zelle angebunden und tobt wie eine Wilde«, berichtete Klarie. »Purro und Ellian wollen sie zum Hafen bringen, wenn sie sich etwas beruhigt haben.«
    »Narren.« Erys schüttelte voller Unverständnis den Kopf. »Wir werden nicht auf sie warten.«
    Das war alles, was sie sagte. Es lagen weder Sorge noch Zorn in ihrer Stimme. Purro und Ellian waren ihrer Anweisung nicht gefolgt und hatten damit ihr Schicksal selbst besiegelt. Es schien sie nicht weiter zu kümmern, was mit ihnen geschah.
    Ana war sich sicher, dass Purro viel für Erys empfand. Erys aber schien ein Herz aus Stein zu haben.
    Der Tross setzte seinen Weg zum Hafen fort. Immer mehr Menschen verließen die Hütten, und Panik machte sich breit. Die Todesmasken kamen nur noch langsam voran. Ängstliche Rufe waren zu hören:
    »Das Feuer greift über!«
    »Die Stadt brennt!«
    »Die Todesmasken fliehen!«
    Ana beugte sich im Sattel zu Erys hinüber. »Wir sollten die Karren zurücklassen«, sagte sie leise. »Sie halten uns nur auf.«
    »Nein. Die Gefangenen werden wir gegen gute Rüstung und Bewaffnung eintauschen.«
    Deshalb also hatte sie die überlebenden Soldaten der Stadtwache mitgenommen. Wie die anderen Gefangenen sollten sie ihr gutes Geld bringen.
    »Du solltest Wert auf das Aussehen deiner Eskorte legen«, fügte Erys hinzu.
    Ich lege Wert auf mein Leben , wollte Ana erwidern, schwieg jedoch. Ein paar Männer liefen an ihnen vorbei, um die Stadt Hals über Kopf zu verlassen. Am liebsten hätte sie sich ihnen angeschlossen, hätte die Karren, die Angst und den roten Himmel hinter sich gelassen.
    »Ist alles in Ordnung?«, fragte Erys.
    Sie nickte, aber ihr Blick folgte den Männern. Sie stellte sich vor, wie sie aus der Gruppe ausscherte, ihrem alten Pferd die Fersen in die Flanken rammte und über das Kopfsteinpflaster zum Hafen galoppierte Ihre Hände schlossen sich fest um die Zügel. Ihr Mund wurde trocken. Der Drang zur Flucht war beinahe

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