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Der verwaiste Thron 02 - Verrat

Der verwaiste Thron 02 - Verrat

Titel: Der verwaiste Thron 02 - Verrat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Kern
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Flammen tanzten auf den Dächern. Sie wirkten tollkühn, lustvoll, lebendig.
    Ana schüttelte den Gedanken ab.
    »Es gibt nicht mehr genug Platz.«
    Das Gerücht tauchte plötzlich und von allen Seiten auf. Die Menge geriet in Bewegung, wogte von den Warenlagern zu den Stegen und wieder zurück. Anas Pferd strauchelte, als es gegen eine liegen gebliebene Kiste trat. Ana krallte sich in seine Mähne, um nicht den Halt zu verlieren. Erys fasste sie am Arm und zog sie zurück in den Sattel.
    Sie wirkte angespannt, drehte ständig den Kopf und hob das Kinn, so als lausche sie auf etwas. Vielleicht, dachte Ana, wartete sie auf Purro, Hetie und die anderen.
    Ana war weniger als einen Steinwurf von den Schiffen entfernt, als sich ein neues Geräusch in das Keuchen, Fluchen und Rufen der Menge mischte. Es schien von weit weg zu kommen und klang wie das Summen großer Insekten, Wespen oder Hornissen.
    Auch andere hörten es und sahen sich um. Ana konnte nicht erkennen, woher es kam. Die Hügel verzerrten es zu sehr. Aus den Augenwinkeln bemerkte sie die Handzeichen, die Erys den Frauen hinter ihr gab. Sie schlossen auf, stießen die Flüchtlinge mit den stumpfen Speerenden zur Seite, bis sie mit Ana auf einer Höhe waren.
    Wie Leibwächter , dachte sie.
    Das Geräusch wurde lauter, klarer. Die Banditinnen neben Ana drehten ihre Speere um. Das Licht der Fackeln brach sich in den Metallspitzen. Im gleichen Moment schälten sich einzelne Laute aus dem Summen heraus.
    Schreie. Irgendwo in den Gassen schrien Menschen in Todesangst. Die Menge am Hafen nahm den Schrei auf, drängte in plötzlicher Panik den Stegen entgegen. Holz splitterte, Karren fielen um, Anas Pferd scheute und tänzelte zur Seite. Eine Frau stürzte. Einen Moment lang sah Ana ihre blonden Haaren zwischen den Beinen der Flüchtenden, dann war sie verschwunden.
    Panik raubte der Menge den Verstand. Blindlings schob sie sich den Stegen entgegen. Sie begrub Kinder und Ziegen unter sich, zermalmte Holz, Ton und Knochen. Geländer barsten, Menschen stürzten neben den Stegen ins Wasser, wurden von den Nachfolgenden niedergedrückt und ertranken. Über die Schreie hinweg hörte Ana das Muhen einer Kuh. Das Tier trat um sich. Seine Hufe trafen Köpfe. Seine langen blutverschmierten Hörner spießten Menschen auf und schleuderten sie zur Seite. Die Flüchtenden, die dem Tier entgegengeschoben wurden, schrien und stemmten sich gegen die hinter ihnen drängenden, doch sie konnten nichts ausrichten. Sie fielen unter Hufen und Hörnern, bis die Kuh auf ihren Leichen ausrutschte und selbst Opfer der Menge wurde.
    »Zu den Fährschiffen!«, schrie Erys plötzlich. »Nehmt den ersten Kahn!«
    Es schien sie nicht mehr zu interessieren, wer sie hörte. Doch die Todesmasken zögerten. Mit den Speeren in der Hand saßen sie auf ihren Pferden.
    Erys drängte ihr Pferd an Ana vorbei. Sie entriss einer Banditin den Speer und stieß ihn einem Mann in den Rücken. Er verschwand, als hätte es ihn nie gegeben.
    »Los!«
    Ihr Ruf riss die Frauen aus ihrer Erstarrung. Einige hoben ihre Speere, diejenigen, die an den Karren hingen, ihre Schwerter. Vorsichtig, so als wollten sie niemanden verletzen, drückten sie mit den Klingen gegen die Körper, die sie umgaben. Eine junge Frau fuhr herum und wollte mit wütenden Schreien auf eines der Pferde einschlagen; sie fiel förmlich in den Speer hinein. Die Maskierte musste mit dem Fuß gegen ihre Brust treten, um ihn frei zu bekommen. Als die Frau unter den Pferdehufen verschwand, stach die Banditin bereits auf den nächsten ein. Die anderen schlossen zu ihr auf, bildeten eine Reihe wie Soldaten und töteten sich den Weg frei.
    »Schützt die Fürstin!«
    Erst als Pferdeleiber sie auf beiden Seiten einrahmten, begriff Ana, dass Erys von ihr gesprochen hatte.
    Langsam setzte sich der Karren in Bewegung. Ana hörte, wie die Hufe und Holzräder Körper zermalmten, sah, wie Menschen aufgespießt und aufgeschlitzt wurden. Sie wollte sich die Hände auf die Ohren pressen und die Augen schließen, aber sie widerstand dem Drang.
    Ich bin ihre Fürstin , dachte sie. Meine Schwäche ist ihre Schwäche.
    Nur wenige sahen, was die Todesmasken taten. Ihre Rufe verhallten unbeachtet. In dieser Menge war jeder allein. Als der Wind drehte und den Rauch von den Hügeln über den Hafen wehte, sah Ana die Flussschiffe bereits vor sich. Die Fahne Charbonts wehte über dem ersten. Es lag tief im Wasser. Hunderte standen an Deck, einige waren sogar auf einen der zwei

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