Der verwaiste Thron 02 - Verrat
säumten den Weg. Rechts und links standen große, halb verfallene Hütten in gleichmäßigen Abständen nebeneinander.
Dort hinten ist die Kaserne , dachte Ana.
Sie erreichten den Platz. Das Dach der Kaserne war eingestürzt. Ein Wachturm hatte es durchschlagen, und das Stadttor stand offen.
»Wo sind die Soldaten?«, fragte Ana.
Erys sah sich um, bevor sie antwortete, und Ana hörte den Stolz in ihrer Stimme. »Wir haben gesiegt, die meisten der Soldaten sind tot, der Rest hat sich ergeben.«
Zwei Frauen mit Tüchern vor den Gesichtern standen am Tor Wache. Sie nickten Erys zu, als sie an ihnen vorbeiging. Eine verbeugte sich vor Ana, die andere ignorierte sie. Der Ewige Gardist stand an der Mauer. Als Erys näher kam, trat er heran und folgte ihr. Sie musste ihm befohlen haben zurückzubleiben.
Fackeln erhellten den Platz. Im Staub lagen Leichen in den Uniformen der Stadtwache. Erys' Banditinnen durchsuchten sie, packten Münzen, Schmuck und Stiefel in Säcke, Waffen in Kisten. Pferde standen gesattelt vor der Kaserne. Ana hörte lautes Klirren, dann traten Männer aus dem Eingang. Sie waren nackt, einige blutverschmiert. Man hatte sie an Händen und Füßen zusammengekettet. Die überlebenden Soldaten.
Banditinnen mit den Gesichtstüchern der Todesmasken führten sie zu zwei vergitterten Ochsenkarren. Wahrscheinlich dienten sie den Stadtwachen zum Gefangenentransport. Nun sollten sie selbst darin weggeschafft werden. Eine rundliche Banditin namens Klarie, die sie von der Küchenarbeit kannte, löste sich aus der Gruppe und ging Erys und ihr entgegen. »Das sind alle Überlebenden«, sagte sie leise. »Es sind fast ein Dutzend. Wir wollten sie in unser Quartier bringen, bis du entscheidest, was mit ihnen geschehen soll.«
Erys schüttelte den Kopf. »Nein, wir werden sie zum Hafen schaffen, zu den Fährschiffen. Lauf mit zwei anderen zum Quartier und sag Purro Bescheid. Helft ihm, die Sklaven ebenfalls zum Hafen zu schaffen. Wir treffen uns dort.«
Klarie schaute die Anführerin der Todesmasken erstaunt an. »Wir verschwinden von hier?«
Erys nickte. »Ja, und zwar so schnell wie möglich.« Sie sah nach Norden, aber Bäume verdeckten den Himmel. »Beeilt euch.«
»Wie du wünschst.« Klarie wollte sich abwenden, blieb dann jedoch stehen. »Warum?«
Ana hielt es nicht mehr aus. »Weil die Nachtschatten die Stadt niederbrennen! Wir müssen hier weg!«
Klarie stieß ein Keuchen unter dem Gesichtstuch hervor. »Ist das wahr?«
»Ja.« Erys winkte bereits eine andere Todesmaske zu sich. »Geh jetzt.«
Klarie ging zu einem der Pferde. Ana hätte sie am liebsten getreten, so langsam bewegte sie sich. Begriff sie denn nicht, dass der Tod in die Stadt kam?
»Sind die Karren fertig beladen?«, hörte sie Erys fragen.
»Ja«, sagte die Banditin, die ihr gegenüberstand.
»Gut. Wir brechen sofort auf. Es geht zum Hafen, dort treffen wir uns mit Purro und den anderen und schnappen uns eins der Flussschiffe. Wer reiten kann, nimmt sich ein Pferd, eine Armbrust und einen Speer, der Rest Schwerter anstatt Speere.«
Die Banditin zögerte einen Moment. Ana öffnete den Mund, um sie zur Eile anzutreiben, aber da sagte die Todesmaske bereits: »Was ist mit unseren Toten?«
»Sie bleiben hier. Lange werden sie nicht allein sein.« Erys sah erneut nach Norden. Ana spürte einen Stich im Magen, als sie bemerkte, dass man den Feuerschein bereits über den Bäumen ausmachen konnte. »Beeilt euch!«
»Ja, Erys.« Die Frau lief zurück zu den Karren.
Erys wandte sich an Ana. »Mach dir keine Sorgen. Die Nachtschatten kennen sich hier nicht aus. Sie werden länger zum Hafen brauchen als wir.«
»Ich hoffe es.« Ana zog ihr Gesichtstuch zurecht. Um sie herum saßen die Frauen auf. Zwei nahmen die Zügel der Ochsen in die Hand und zogen sie auf das Tor zu. Die Tiere muhten und setzten sich langsam in Bewegung. Niemand sagte etwas. Selbst die Soldaten in den Käfigen waren ruhig.
Ana nahm sich einen alten Hengst. Sein Maul war vernarbt, sein Blick stumpf; er reagierte nicht, als Ana ihm über die Mähne strich und die Zügel in die Hand nahm. Zusammen mit Erys reihte sie sich in die Gruppe der Todesmasken ein. Vier ritten vor den Karren, die anderen ritten oder gingen dahinter her. Am Ende der breiten Straße bogen sie links in eine Gasse ein, die den Berg hinunterführte.
Eine alte Frau, die auf einem Hüttendach hockte, sah sie und lachte meckernd wie eine Ziege.
»Geschieht euch recht!«, rief sie den Männern im
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