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Der verwaiste Thron 03 - Rache

Der verwaiste Thron 03 - Rache

Titel: Der verwaiste Thron 03 - Rache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Kern
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immer noch war. Das reichte ihm.
    Sie stiegen die steile, in den Fels geschlagene Wendeltreppe hinauf. Zwei Nachtschatten standen an großen Lagerfeuern und bewachten den Eingang. Sie hatten sich Felle über die Schultern gelegt und versteckten ihre Gesichter hinter breiten Schals. Gerit nahm an, dass sie zu denen gehörten, die aus dem ewigen Eis gekommen waren. Die Kälte schien sie nicht zu stören.
    Er blieb neben Maccus am Ende der Wendeltreppe stehen und zog die Pelze über, die er vor dem Gang in die Mine ausgezogen hatte. Es war so kalt, dass der Atem vor seiner Nase leise klirrend gefror.
    »Denkt nicht zu lange über meinen Rat nach«, sagte Maccus, als er ihm zum Abschied die Hand reichte. »Und seid vorsichtig, Minherr.«
    »Danke.« Gerit schüttelte die Hand, dann zog er die Mütze über sein Gesicht. Nur ein Schlitz für die Augen blieb frei, den Rest seines Kopfes verbarg er unter drei Schichten aus Stoff und Pelz.
    Einer der Nachtschatten sah zu ihm herüber. »Jetzt siehst du endlich aus wie einer von uns, Mensch«, sagte er dumpf hinter seinem Schal.
    »So lange ich nicht rieche wie einer von euch«, rief Gerit zurück.
    Der Nachtschatten, der ihn angesprochen hatte, lachte, der andere warf einen Blick in den grauen Himmel. »Willst du jetzt noch zurückreiten?«, fragte er.
    Gerit nickte. »So weit ist es ja nicht.«
    »Sieht aber nach einem Sturm aus.«
    »Nein, ich kenne das Wetter hier. Macht euch keine Sorgen.«
    Gerit ging zu seinem Pferd. Ein Arbeiter hatte es abgerieben und gefüttert. Er bedankte sich bei dem Mann und saß auf.
    Der Nachtschatten hatte recht. Es sah aus, als würde das Wetter bald umschlagen, aber Gerit hoffte, dass es noch bis in die Nacht halten würde.
    Der Ritt zur Festung dauerte auch auf einem schnellen Pferd wie dem seinen fast einen halben Tag. Noch länger wollte er Rickard nicht allein lassen. Der Mann, der ihm bei ihrer ersten Begegnung gezeigt hatte, wie man einen Morgenstern schwang, war zu einem Schlafwandler geworden, fast ohne eigenen Willen. Er aß und trank nur, wenn Gerit es ihm befahl.
    Ich weiß nicht, ob er überhaupt noch essen und trinken muss , dachte er, während er an Wachen und Lagerfeuern vorbei zur Straße ritt. Er fragte sich oft, ob Rickard lebte oder schon längst gestorben war. Vielleicht blieb er nur in dieser Welt, um sich von seiner Verlobten zu verabschieden, so wie die Geister in den Geschichten, die sich die Dienerinnen immer erzählt hatten. Ihm gefiel dieser Gedanke, obwohl er nicht glaubte, dass es so war.
    Der Sturm holte ihn auf halber Strecke ein. Er begann als Brise, in der Schneeflocken tanzten, und steigerte sich zu einem beißenden, scharfen Wind, der Gerit die Tränen in die Augen trieb und sie unter der Mütze auf seinen Wangen gefrieren ließ.
    Gerit beugte sich vor und legte die Arme um den Hals seines Pferdes, um sich vor dem Wind zu schützen. Seine Hände versanken in dem dicken, rauen Winterfell. Er kannte die Gegend, in der er sich befand, wusste, dass es dort nichts gab außer Hügel, Felsen und Schnee. Es gab kein Dorf in der Nähe und keinen Hof.
    Erste Sturmböen trafen ihn. Sein Pferd taumelte und wieherte. Gerit trieb es voran. Tausend Hände schienen an seinen Pelzen zu zerren, versuchten sie ihm vom Leib zu reißen. Er verlor einen Handschuh, einen der drei, die er übereinander trug.
    Der Sturm steigerte sich zum Tosen, so als sporne ihn dieser kleine Sieg noch weiter an. Eis klirrte in der Luft, Sturmböen wühlten den Schnee auf. Gerit schob die Hand, die nur noch von zwei Handschuhen geschützt wurde, unter die Mähne des Pferdes.
    Die Kälte nutzte jeden auch noch so kleinen Riss, kämpfte sich durch die Kleidungsschichten hindurch bis auf seine Haut. Mit Nadeln stach sie auf ihn ein.
    Gerit wusste, dass er den Kampf gegen sie verlieren würde.
    Der Schnee tobte um ihn herum, ein Wirbel aus Grau und Schwarz, aus Tag und Nacht. Sein Pferd blieb stehen. Seine Flanken zitterten, ob vor Kälte oder Angst, wusste Gerit nicht. Er schmiegte sich an seinen Hals.
    Nässe, die Vorhut des Todes, kroch in seinen Körper. Seine Zähne schlugen aufeinander. Seine Muskeln verkrampften sich. Er versuchte an etwas zu denken, irgendetwas außer der Kälte und dem Tod, aber der Sturm ließ ihn nicht los, hämmerte weiter unerbittlich auf ihn ein.
    Plötzlich wurde es still.
    Und dann hörte er die Stimmen.
    »Da ist er.«
    »Macht das Tor auf!«
    Das Pferd bewegte sich. Hände griffen nach ihm, nicht die eisigen Hände

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