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Der verzauberte Turm

Der verzauberte Turm

Titel: Der verzauberte Turm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Moorcock
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den Männern hat nur Theleb K'aarna einen solchen Tod verdient«, stellte Elric fest.
    Die Nacht brach herein, und die Schlinge des Fleisches zog sich um die Kelmain-Horde und zerdrückte alle Geschöpfe bis auf einige Pferde, die noch geflohen waren, als das Zauberwerk begann.
    Das Gebilde zermalmte Prinz Umbda, der keine in den Jungen Königreichen bekannte Sprache sprach, dessen Sprache auch den Ureinwohnern nicht bekannt war, den Prinzen, der gekommen war, um mit der Hilfe des Chaos die Welt zu erobern.
    Die Erscheinung zerquetschte alle Krieger dieser beinahe menschlichen Masse der Kelmain. Und es zerdrückte alle, die den Zuschauern hätten verraten können, daß sie Kelmain gewesen waren oder woher sie kamen.
    Und schließlich wurden die Opfer absorbiert. Dann flackerte die Masse, löste sich auf und verwandelte sich wieder in Staub.
    Kein Stück Fleisch - von Mann oder Tier - blieb zurück. Dafür lagen im Schnee verstreut Kleidung, Waffen, Rüstungen, Belagerungsmaschinen, Reitgeschirre, Münzen, Gürtelschnallen, so weit das Auge reichte.
    Myshella nickte. »Das war die Schlinge des Fleisches«, sagte sie leise. »Ich danke dir, daß du sie mir gebracht hast, Elric. Ich danke dir außerdem, daß du den Stein gefunden hast, der mich wiederbelebte. Ich danke dir, daß du Lormyr gerettet hast.«
    »Danke mir nicht«, sagte Elric. Ihn umgab eine Aura der Erschöpfung. Schaudernd wandte er sich ab.
    Es hatte wieder zu schneien begonnen.
    »Danke mir für nichts, Lady Myshella. Was ich tat, diente der Stillung meiner eigenen düsteren Triebe, meines Rachedurstes. Ich habe Theleb K'aarna vernichtet. Das übrige war nebensachlich. Lormyr, die Jungen Königreiche oder deine sonstigen Anliegen sind mir rechtschaffen gleichgültig.«
    Mondmatt sah, daß Myshella einen skeptischen Ausdruck zur Schau trug und lächelte.
    Elric betrat das Schloß und schritt die Treppe zur Halle hinab.
    »Warte«, sagte Myshella. »Dieses Schloß lebt von Zauberkraft. Es reflektiert die Wünsche aller, die es betreten - sollte ich das wünschen.«
    Elric rieb sich die Augen. »Dann haben wir wohl offensichtlich keine Wünsche. Meine haben sich erfüllt, nachdem Theleb K'aarna nun tot ist. Ich möchte diesen Ort verlassen, meine Lady.«
    »Du hast kein Zuhause?«
    Er sah sie offen an und runzelte die Stirn. »Bedauern erzeugt Schwäche. Mit Bedauern erreicht man nichts. Das Bedauern ist wie eine Krankheit, die die inneren Organe angreift und schließlich auch vernichtet.«
    »Und du hast keine Wünsche?«
    Er zögerte. »Ich verstehe dich. Dein Aussehen, das muß ich zugeben.« Er zuckte die Achseln.

    »Aber bist du.?«
    Sie breitete die Arme aus. »Stell mir nicht zu viele Fragen.« Wieder bewegte sie die Arme. »Schau. Dieses Schloß wird zu dem, was du dir am meisten ersehnst. Und darin die Dinge, die du dir am sehnlichsten wünschst!«
    Und Elric sah sich mit aufgerissenen Augen um und begann zu schreien.
    Voller Entsetzen brach er in die Knie. Flehend wandte er sich an sie.
    »Nein, Myshella! Nein, dies will ich nicht!«
    Hastig machte sie ein neues Zeichen.
    Mondmatt half dem Freund auf die Beine. »Was war los? Was hast du gesehen?«
    Elric richtete sich auf, legte die Hand auf sein Schwert und sagte leise und grimmig zu Myshella:
    »Lady, ich würde dich dafür töten, wüßte ich nicht, daß du mich nur erfreuen wolltest.«
    Er musterte einen Augenblick lang den Boden und sprach dann weiter:
    »Du mußt wissen, daß Elric nicht haben darf, was er sich am sehnlichsten wünscht. Was er sich wünscht, existiert nicht. Was er ersehnt, ist tot. Elric bleibt nichts weiter als Kummer, Schuldgefühle, Bosheit, Haß. Mehr verdient er nicht, mehr will er auch gar nicht haben.«
    Sie hob die Hände vor das Gesicht und kehrte in das Gemach zurück, in dem er sie zuerst gesehen hatte. Elric folgte ihr.
    Mondmatt wollte ebenfalls folgen, rührte sich dann aber doch nicht von der Stelle.
    Er sah zu, wie die beiden das Zimmer betraten, wie sich die Tür schloß.
    Er kehrte auf die Zinnen zurück und starrte in die Dunkelheit hinaus. Er sah Flügel aus Silber und Gold im Mondlicht blitzen und immer kleiner werden, bis sie verschwanden.
    Er seufzte. Es war kalt.
    Er kehrte in das Schloß zurück und lehnte sich sitzend mit dem Rücken an eine Säule, bereitete sich auf den Schlaf vor.
    Doch kurze Zeit später hörte er aus dem Zimmer im höchsten Turm Lachen schallen.
    Und dieses Lachen ließ ihn durch die Gänge hasten, durch den großen Saal,

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