Der verzauberte Turm
schneite noch immer, und der Wind trieb den Männern die Flocken in die Gesichter, so daß es noch schwerer wurde, dem schmalen Weg zu folgen, der sich nun hoch über dem Fluß dahinwand.
Doch endlich ließ der Tumult nach, der Weg wurde breiter, und der Fluß beruhigte sich, und erleichtert blickten sie über die Ebene und suchten nach einer geeigneten Lagerstätte.
Mondmatt entdeckte sie als erster.
Mit unsicherem Finger deutete er zum nördlichen Himmel empor.
»Elric. Was hältst du davon?«
Elric blickte in den sich verdunkelnden Himmel und wischte sich dabei Schneeflocken aus dem Gesicht.
Zunächst zeigte sein Gesicht einen verwirrten Ausdruck. Seine Stirn runzelte sich, seine Augen wurden schmaler.
Schwarze Gestalten vor dem Himmel.
Geflügelte Gestalten.
Die Größe der Erscheinungen ließ sich auf diese Entfernung nicht schätzen, doch sie flogen nicht wie Vögel. Elric mußte an andere Flugwesen denken - Wesen, die er zuletzt gesehen hatte, als er und die See-Lords aus dem brennenden Imrryr flohen und die Melniboneer ihre Rache über die Angreifer brachten.
Diese Rache war in zweierlei Gestalt aufgetreten.
Zunächst waren die goldenen Kampfbarken gekommen, die die abziehenden Angreifer abgepaßt hatten.
Dann waren die riesigen Drachen des Hellen Reiches in Aktion getreten.
Diese fernen Wesen sahen den Drachen irgendwie ähnlich.
Hatten die Melniboneer eine Möglichkeit gefunden, die Drachen vor dem Ende der normalen Schlafperiode zu wecken? Hatten sie ihre Drachen losgeschickt, um Elric zu suchen, der sein eigenes Blut getötet, seine eigene unmenschliche Rasse verraten hatte, um sich an seinem Cousin Yyrkoon zu rächen, der sich unrechtmäßig an Elrics Stelle den Rubinthron von Imrryr angeeignet hatte?
Elrics Ausdruck verhärtete sich zu einer ernsten Maske. Seine roten Augen funkelten wie geschliffene Rubine. Die linke Hand fiel auf den Griff der mächtigen schwarzen Klinge, das Runenschwert Sturmbringer, und er unterdrückte sein aufsteigendes Entsetzen.
Denn mitten im Flug hatten sich die Gebilde verändert. Sie sahen nun nicht mehr wie Drachen aus, sondern schienen bunten Schwänen zu ähneln, deren schimmernde Federn die wenigen verbleibenden Lichtstrahlen auffingen und brachen.
Mondmatt hielt den Atem an, als die Gebilde näher kamen. »Sie sind riesig!«
»Zieh deine Schwerter, Freund Mondmatt. Zieh sie sofort und flehe die unbekannten Götter an, die über Elwher herrschen. Denn dort kommen Zauberwesen! Zweifellos hat Theleb K'aarna sie geschickt, damit sie uns vernichten. Mein Respekt vor dem Zauberer wächst.«
»Was sind das für Wesen, Elric?«
»Geschöpfe des Chaos. In Melnibone nennt man sie Oonai. Sie können nach Belieben die Gestalt wechseln. Ein Zauberer von ungeheurer geistiger Disziplin und überragenden Geisteskräften, der außerdem die appositischen Zaubersprüche kennt, vermag sie zu lenken und ihr Aussehen zu bestimmen. Einige meiner Vorfahren haben so etwas gekonnt, doch ich hatte nicht angenommen, daß ein einfacher pantangischer Zauberer mit den Chimären fertig würde!«
»Kennst du denn keinen Gegenzauber?«
»Mir will keiner einfallen. Nur ein Lord des Chaos wie mein Schutzdämon Arioch könnte sie vertreiben.«
Mondmatt erschauderte. »Dann ruf deinen Arioch, ich bitte dich!«
Elric warf Mondmatt einen halb amüsierten Blick zu. »Die Geschöpfe müssen dich mit wahrhaft großer Angst erfüllen, wenn du bereit bist, dafür die Gegenwart Ariochs auf dich zu nehmen, Herr Mondmatt.«
Mondmatt zog sein langes Krummschwert. »Vielleicht haben sie mit uns doch nichts zu schaffen«, sagte er. »Trotzdem sollte man vorbereitet sein.«
Elric lächelte. »Aye.«
Nun zog Mondmatt auch das gerade Schwert und wickelte sich die Zügel um den Arm.
Ein schriller Keckerlaut gellte vom Himmel.
Die Pferde stampften unruhig.
Das Keckem wurde lauter. Die Wesen öffneten die Schnäbel und riefen sich gegenseitig an, und es lag nun auf der Hand, daß sie keine Riesenschwäne waren, besaßen sie doch bewegliche Zungen. Und in den Schnäbeln schimmerten dünne, scharfe Zähne. Die Wesen veränderten leicht den Kurs und flogen nun direkt auf die beiden Männer zu.
Elric warf den Kopf in den Nacken, zog sein großes Schwert und hob es dem Himmel entgegen. Es pulsierte und stöhnte und verströmte eine seltsame schwarze Strahlung, die auf den bleichen Zügen des Mannes schwarze Schatten erscheinen ließ.
Das shazarische Pferd schrie, stieg auf die Hinterhand, und aus
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