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Der vierte Mörder: Klemens Raupachs erster Fall (German Edition)

Der vierte Mörder: Klemens Raupachs erster Fall (German Edition)

Titel: Der vierte Mörder: Klemens Raupachs erster Fall (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Kastura
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Steckenpferd eines Spinners gegolten hatte, bekam einen schauerlichen Reiz. Es wurde zu einem Rätsel, das es unbedingt zu entschlüsseln galt. Zahlreiche Journalisten, Hobbyforscher und jeder, der sich berufen fühlte, untersuchten die Glocke auf Vorausdeutungen weiterer Anschläge. Die Sorge um das Wohl der Öffentlichkeit stand dabei selten im Vordergrund. Es lag eine seltsame Lust darin, sich in die Gedankengänge eines Mörders hineinzuversetzen. Ein paar Besserwisser taten sich darin hervor, auf die fragwürdige Qualität des Gedichts hinzuweisen. Schiller habe doch viel bessere geschrieben. Als ob das eine Rolle spielte.
    Himmerich rief im Taubenschlag an. Raupach las die Nummer von der Anzeige ab und ließ es klingeln.
    »Land zeigt sich zugänglich«, sagte Jakub. Er wertete die Aktion als Erfolg.
    »Mehr als gewünscht.« Raupach hob den Hörer ab und legte ohne hinzusehen gleich wieder auf. »Er macht sich über uns lustig.«
    »Er fühlt sich sicher. Das gereicht uns zum Vorteil.«
    Raupach wunderte sich über Jakubs Ausdrucksweise und das gerollte R, das er nur aus seiner Heimat kannte.
    »Was hast du erwartet, Klemens?«, fragte Heide. »Dass Land uns seine Adresse gibt?« Sie war frustriert von der Suche nach Aalund, der vermutlich tot oder längst nicht mehr in Köln war. Die Fahndung war auf das Bundesgebiet ausgeweitet worden, mit nichts als einem Foto aus dem Internet.
    »Deine Analyse, Jakub«, sagte Raupach.
    Sie saßen im Konferenzzimmer und hatten die Zeitung mit dem Gedicht vor sich.
    »Wir sind einen Schritt weitergekommen«, fing der Psychologe an. »Er will reden.«
    »Schön für ihn«, sagte Heide.
    »Bei einer Therapie ist das die schwierigste Hürde. Wie im richtigen Leben. Die meisten Menschen stellen immerzu Fragen und rechnen gar nicht mit einer Antwort. Hier haben wir eine Antwort.«
    »Nimm dir daran ein Beispiel«, sagte Heide zu Paul, der mit Antworten auch immer sparsam umging.
    Paul war auf dem Sprung und knöpfte seine Lederkombi zu. Auf seiner nächsten Fahndungstour musste er eine Schrebergartensiedlung und danach den Hafen Köln-Mülheim abklappern. »Er zeigt, dass er keine Angst hat. Das würde mir zu denken geben.« Paul grüßte in die Runde. »Aber das wisst ihr sicher besser als ich.« Damit verließ er den Taubenschlag.
    »Paul hat Recht«, sagte Heide nach der eintretenden Stille. »Das war eine Vorlage, Klemens. Du hast Land Gelegenheit gegeben, die Polizei zu verspotten. Er lacht sich ins Fäustchen.«
    »Sollen wir die Ermittlung davon abhängig machen, wie wir in der Öffentlichkeit dastehen?«, fragte Raupach. »Mir fällt jedenfalls kein Zacken aus der Krone, wenn Land das Gefühl bekommt, uns einen Schritt voraus zu sein. Hochmut kommt vor dem Fall.«
    Heide schüttelte energisch den Kopf. »Aber dann verlieren die Menschen das Vertrauen in die Polizei. Zum jetzigen Zeitpunkt ist das fatal, es traut sich ja eh schon kaum jemand mehr vor die Tür. Land ist uns einen Schritt voraus, das lässt sich ja nicht leugnen, jeder weiß das, der diese Zeilen liest. Wenn die Leute jetzt auch noch denken, dass er Katz und Maus mit uns spielt …« Sie holte tief Luft. »Entschuldige, aber es ist ziemlich lange her, seit du zuletzt im Rampenlicht gestanden hast. Du wirkst … widerspenstig. Als wolltest du es ganz bewusst anders machen als Himmerich.«
    Raupach hatte schweigend zugehört und Photini mit einer Geste daran gehindert, Heide zu widerzusprechen. Anscheinend war der Schuss tatsächlich nach hinten losgegangen. »Land hat unseren Vorstoß pariert«, begann er, »auf einem Terrain, das er besser kennt als wir.«
    »Keine weiteren Gedichte an die Presse?«, fragte Heide.
    »Ich habe ihn unterschätzt«, gab Raupach zu. »Schiller ist nicht auf unserer Seite.«
    »Vielleicht bin ich daran nicht ganz unschuldig«, sprang ihm Jakub bei. »Sie dürfen nicht denken, Johan Land sei eine Art ferngesteuerter Roboter, der nur das ausführt, was ihm sein Wahnsystem eingibt – was ihm seine inneren Stimmen einflüstern, wenn man so will. Er ist nicht passiv, das geht aus seiner Antwort hervor.«
    »Er fühlt sich aufgewertet«, sagte Heide. »Genau danach sehnt er sich.«
    »Wasser auf die Wahnmühle«, ergänzte Photini. Sie versuchte, das Thema zu wechseln, und wandte sich an Jakub. »Was hältst du von der These, dass Land gesehen hat, wie Jef Braq gestorben ist? Immerhin war das kurz vor dem Brand in der Buchhandlung.«
    »Das könnte ein Auslöser für die Wahnmühle

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