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Der vierte Mörder: Klemens Raupachs erster Fall (German Edition)

Der vierte Mörder: Klemens Raupachs erster Fall (German Edition)

Titel: Der vierte Mörder: Klemens Raupachs erster Fall (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Kastura
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du auch, sonst mache ich Ernst.«
    Der letzte Schlag spaltete ihre Augenbraue.
    »Ich finde dich und deine Tochter, wann immer ich will. Hast du kapiert?«
    Die Tränen in ihren zuschwellenden Augen machten sie blind. Sie nickte mechanisch.
    »Sag es, ich will es hören.«
    »Ja«, murmelte sie. Dann nahm sie all ihre Kräfte zusammen und brüllte: »Ja.«
    Johan hörte ihre Antwort, so wie er auch alles andere durch die dünnen Wände deutlich vernommen hatte. Er saß vor der Waschmaschine und rang mit seiner Machtlosigkeit. Sein Unterarm war zerkratzt, das rohe Fleisch lag bloß. Die Narben waren ausgelöscht, er hatte sie unkenntlich gemacht. Marta schwieg.

    Als Gunter weg war, kroch Valerie auf allen vieren aus der Kabine. Die Beine knickten ihr mehrmals weg, aber sie kämpfte sich hoch. Blut lief ihr aus dem Mund und aus der Nase, mit den Fingern erfühlte sie eine Platzwunde an der Wange und den Riss an der Augenbraue. Die Schwellungen nahmen zu.
    So sah er sie, als sie die Tür aufsperrte. Sie versuchte etwas zu sagen, musste würgen.
    »Ich konnte nicht hinaus«, flüsterte Johan. Er saß immer noch da und betrachtete die Frau, deren Lippen zerstört, aber versiegelt geblieben waren. Sie hatte gespürt, was auf dem Spiel stand, obwohl sie nur die Hälfte davon verstand. Sollte er ihr sagen, was er glaubte, von Sheila und Gunter zu wissen? Was würde es bewirken? Noch mehr Angst?
    Johans Unterarm lag auf einem Stapel blutgetränkter Handtücher. Valerie ging auf, was er durchgemacht hatte. Sie konnte kein Mitleid empfinden, aber auch keinen Hass. »Ich habe dich nicht verraten«, sagte sie schließlich. »Gunter denkt –«
    Er stand auf und führte sie zu einem Stuhl. »Ich weiß, was er denkt. Wir müssen weg. Weg von der Polizei und weg von Aalund.«
    Sie lächelte. Ihre Zahnlücke wurde sichtbar. »Wohin?«
    »Überlass das mir.«
    »Und Sheila?«
    »Wo ist der Verbandkasten?«
    Sie verarzteten sich notdürftig und stopften all die blutigen Tücher in die Waschmaschine. Viel Zeit hatten sie nicht. Einmal spähte ein Kunde durch die Eingangstür, die Gunter wohlweislich abgesperrt hatte, bevor er durch die Hintertür verschwunden war. Johan hoffte, dass die Polizisten keinen Verdacht schöpften. Dann zwang sich Valerie zu telefonieren. Sheila meldete sich.
    »Weißt du noch, was wir einmal vereinbart haben? Kurz bevor Jef starb?«, fragte Valerie.
    »Natürlich, Mama.« Sheila klang alarmiert.
    »Ich will, dass du zu Oma nach Osten fährst. Sofort.«
    »Aber –«
    »Tu es! Pack deine Sachen. Nimm dir Geld aus der Teedose, die mit den Erdbeeren drauf.«
    »Was ist passiert?«, fragte Sheila,
    »Das kann ich dir nicht sagen.«
    »Deine Stimme klingt komisch. Bist du verletzt?«
    »Ich kann nicht offen sprechen, mein Liebling. Denk an den Mann mit den Zigarren.«
    Sheila fiel sofort Gunter ein. Die immerwährende Drohung. »Und die Schule?«
    »Mach dir darüber keine Gedanken. Du steigst jetzt in den nächsten Zug nach Hamburg, von dort musst du weiter bis nach Hemmoor. Ruf Oma an, vielleicht holt sie dich in Stade ab. Verschwinde aus Köln. Versprichst du mir das?«
    Stille in der Leitung.
    »Sheila?«
    »Ja.«
    »Es muss sein. Dein Leben hängt davon ab.«
    Unseres, ergänzte Sheila in Gedanken. »Verstanden.«
    »Kommst du allein zurecht?«, fragte Valerie.
    »Klar. Pass auf dich auf.«
    Valerie beendete die Verbindung. Das darauf folgende Gespräch mit Gerlinde Kolb dauerte etwas länger. Valerie schwindelte ihrer Mutter etwas von einer Baustelle in der Wohnung vor. Außerdem habe Sheila in letzter Zeit immer wieder gefragt, ob sie mal wieder ihre Oma besuchen durfte. In der Schule liefe in der Woche vor Weihnachten nicht mehr viel.
    Schließlich erklärte sich Gerlinde einverstanden. Seit ihrem letzten Besuch in Köln war das Verhältnis zu Valerie noch mehr erkaltet. Der Lebenswandel ihrer Tochter stieß Gerlinde ab. All diese Männer, seit Valerie Witwe geworden und Jef kaum unter der Erde war. Sie fand das ungehörig. Bei ihrer Enkelin sei es etwas anderes. Sheila sei ihr immer willkommen.
    Valerie legte auf. Sie war dem Zusammenbruch nahe. Johan reichte ihr einen Schal, den eine Kundin vergessen hatte. Sie wickelte ihr zerschlagenes Gesicht darin ein. In Bewegung bleiben, dachte sie, vielleicht würde sie dabei wieder Kraft schöpfen – wenn sie der Mut schon verlassen hatte. Irgendwie musste es gehen.
    Er stülpte Jefs Fellmütze über. Dann nahmen sie den gleichen Weg wie Gunter. Sie gingen

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