Der vierte Mörder: Klemens Raupachs erster Fall (German Edition)
Sonnenstudio und begab sich wie vereinbart in den Nebenraum mit der Waschmaschine. Dort wurden die Handtücher gereinigt, mit denen sich die Kunden nach einer Bräunung abtrockneten, im Nacken, unter den Achseln, zwischen den Beinen. Es war wichtig, Valerie zur Arbeit zu begleiten. Sie durfte nicht das Gefühl bekommen, dass er sie unbeobachtet ließ.
Er war zufrieden mit dem Verlauf der U-Bahn-Fahrt. Es war ein Test gewesen. Du bewegst dich wie eine Muräne im Riff, hatte Marta gesagt in Anspielung auf ihr Videoprojekt. Es ließ ihr keine Ruhe, das Unvollendete, wozu der Meister sie erschuf. Doch Marta sprach immer seltener. Nur ewigen und ernsten Dingen sei ihr metallner Mund geweiht.
So dachte Johan, als das Türschloss von außen verriegelt wurde. Er hatte vergessen, den Schlüssel abzuziehen und mit hineinzunehmen.
Valerie schaltete die Sonnenbänke der Reihe nach auf Bereitschaft. Die Geräte begannen sich aufzuheizen. Als sie zur Kabine Nummer fünf kam, legte sich eine Hand auf ihren Mund. Im Wandspiegel erkannte sie Gunter.
»Schrei nicht um Hilfe«, zischte er ihr ins Ohr. »Sonst erzähle ich der Polizei, was wirklich mit Jef passiert ist.«
Er ließ sie los. Valerie fuhr herum. Seine Faust landete in ihrer Magengrube. Sie klappte zusammen und sank zu Boden.
»Davor hast du doch Angst«, fuhr Gunter fort. »Dass dieser Mord herauskommt. Schlecht für dich, dass deine Tochter so gesprächig ist. Und schlecht für Chris und die anderen.«
Überrascht riss sie die Augen auf und rang nach Luft.
»Sheila hat alles gesehen. War gar nicht dumm, ein Kissen zu benutzen.«
Valerie versuchte sich aufzurichten. Der nächste Schlag traf sie im Gesicht.
»Ohne meine Aussage hätten die Bullen dich festgenagelt. Irgendwelche Einwände so weit?«
Sie tastete nach ihrer aufgeplatzten Lippe. An Gunters Beinen vorbei schaute sie in den Gang hinaus.
»Dein Freund kann dir diesmal nicht helfen. Möchte mal wissen, warum die Tür da hinten brandsicher ist. Meint ihr, jemand klaut eure Waschmaschine?«
Die Hintertür des Gebäudes, durch die Gunter nachts in das Sonnenstudio eingedrungen war, bestand ebenfalls aus verzinktem Stahlblech. Für einen guten Dietrich stellte das Schloss kein Hindernis dar.
»Weil wir gerade beim Thema sind: Was haben diese Brände für einen Zweck?«
»Weiß nicht«, keuchte Valerie.
»Willst du damit deine Spuren beseitigen?«, fragte er.
»Keine Ahnung, wovon du sprichst.«
»Hat es etwas mit diesen Gedichten in der Zeitung zu tun? Sind die ein Ablenkungsmanöver?«
Valerie stieß sich an der geöffneten Sonnenbank ab und warf sich nach vorn. Gunter wich mühelos aus, packte sie an der Kehle und schlug ihr erneut ins Gesicht, wieder und wieder. Nach einer Weile wand sie sich nicht mehr unter seinem Griff. Er hörte auf und wischte seine Faust mit dem bereitliegenden Handtuch ab.
»Immer noch ahnungslos?« Gunter holte eine Zigarre aus seiner Jacke, zündete sie mit einem Sturmfeuerzeug an und nahm ein paar Züge. Nach der Anstrengung spürte er wieder die Beule an seinem Hinterkopf. Die Sektflasche war beim Aufprall nicht zersplittert. Glück für ihn. Pech für Valerie.
Sie lag auf dem Bauch. Sie hustete und spuckte einen abgebrochenen Schneidezahn aus. Plötzlich durchfuhr sie ein sengender Schmerz im Nacken. Sie drehte sich weg und kroch unter die Sonnenbank. Gunter nahm die Zigarre wieder zwischen die Zähne, bückte sich und zog Valerie an den Haaren hervor. Sie bedeckte das Gesicht mit den Händen und winkelte die Beine an, um sich zu schützen.
»Ehrlich gesagt, glaube ich nicht, dass mehr aus dir herauszuholen ist. Dafür hast du es zu lang mit Jef ausgehalten, das stumpft ab.«
Ein Klumpen Blut fiel ihr aus dem Mund. Sie schluckte. »Was willst du dann?«, presste sie hervor.
Gunter horchte nach Geräuschen aus dem Nebenraum. Es war nichts zu hören, keine Schläge gegen die Tür, keine aufgebrachten Rufe. »Viel unternimmt dein Freund ja nicht, um dich zu beschützen.«
Valeries Kopf fühlte sich an, als wäre sie gegen eine Betonwand geprallt. Sie blieb liegen und versuchte verzweifelt, einen Gedanken zu fassen.
»Langsam frage ich mich, ob ihr mir wirklich ans Leder wollt«, fuhr Gunter fort. »Aber das ist keine Ratestunde. Du kannst deinem Freund etwas bestellen. Noch einmal überrumpelt er mich nicht. Ist das klar?«
Ein Schleier aus Schmerzen. Wie konnte sie ihn durchdringen?
»Sheila lässt sich zurzeit nicht blicken. Sie soll weiter den Mund halten. Und
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