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Der vierte Mörder: Klemens Raupachs erster Fall (German Edition)

Der vierte Mörder: Klemens Raupachs erster Fall (German Edition)

Titel: Der vierte Mörder: Klemens Raupachs erster Fall (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Kastura
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aus dem Schreibtisch. Dann fuhr er mit Photini, Höttges und zwei weiteren Kollegen nach Nippes.

    Sheila nahm ein Fahrrad aus dem Ständer im Hinterhof, Luzius machte sein Mountainbike bereit. Es schien ihm wieder besser zu gehen. »War wohl nur eine Magenverstimmung«, hatte er nach dem Aufstehen zu Sheila gesagt und sich mit hohlem Gesicht ins Badezimmer geschleppt.
    Eine üble Nacht lag hinter ihm. Sheila hatte an seinem Bett gewacht. Luzius hatte phantasiert. Aber die Worte »Hafen« und »Mülheim« waren deutlich herauszuhören gewesen.
    Ohne Polizeikontrolle auf die nahe gelegene Neusser Straße zu gelangen stellte kein Problem dar. Jetzt hieß es trampeln. Sheila hatte ihre Haare abgeschnitten und wie ein Junge frisiert. Die Jacke, die Luzius ihr bereits vor längerer Zeit aus dem Bass Club besorgt hatte, hielt warm. Man konnte die Kapuze bis zur Nasenspitze zuknöpfen. Sie lachte beim Fahren, ihr eigener Atem wärmte sie. An der Flora vorbei. Über die Zoobrücke. Dann waren sie schon fast da.
    Sie stellten die Räder ab. Luzius schwankte ein wenig, sagte jedoch, es ginge ihm gut. Als er am Vormittag endlich eingewilligt hatte, war Sheila überglücklich gewesen. Es müsse allerdings heute noch sein, hatte Luzius zu bedenken gegeben. Sie mussten schnell vorgehen, die Zeit renne ihnen davon.
    Vom Rheinpark gelangten sie über einen schmalen, selten benutzten Fußweg zum Hafenbecken, niemand sah sie. Jetzt mussten sie nur noch über einen mannshohen Drahtzaun klettern. Luzius stöhnte, schaffte es aber. Sie gingen weiter. Der Hafen lag vor ihnen. Im Sommer ging es hier betriebsam zu, es gab Bootshäuser und Lagerhallen, verschiedene Werkstätten und Reparaturanlagen, Wohncontainer und das eine oder andere alternative Projekt. Doch jetzt war alles still und weitgehend unbeleuchtet. Gunters Hausboot war im Schein des abnehmenden Mondes gerade noch zu erkennen.
    In der vorderen Kabine sah man gedämpftes Licht. Das Überraschungsmoment war auf ihrer Seite.
    Sie vermieden es, die kleine Gangway am Bug zu nehmen, und kamen über das Heck des Bootes. Mit ein wenig Anlauf sprang Luzius an Deck. Dann half er Sheila über die Reling an Bord.
    Sie wollten den Laufsteg nehmen, der links und rechts an dem Steuerstand vorbeiführte. Dann sollte sich Sheila an den Niedergang stellen und nach Gunter rufen. Wenn er nach oben kam, würde sie ihn ablenken, damit Luzius ihn von hinten niederschlagen konnte. Zu diesem Zweck hatte er einen Schlagstock dabei. Außerdem trug er eine Schusswaffe. Sheila hatte Angst, dass Luzius zu fest zuschlug. Gunter sollte später noch mitkriegen, was sie ihm zu sagen hatte.
    Sheila nahm den linken Laufsteg, Luzius den rechten. Sie nickten sich einmal kurz zu, dann setzten sie sich so leise wie möglich in Bewegung. Luzius verschwand hinter dem Steuerhaus.
    Einen Augenblick lang fragte sich Sheila, ob es eine gute Idee war, dass Luzius den rechten Weg nahm. Er war auf dem linken Auge blind. Spielte das eine Rolle für ihren Plan? Sie hielt sich an der Reling fest, setzte vorsichtig einen Fuß vor den anderen – und spürte, wie ihr Kopf explodierte.
    Ein jäher, greller Schmerz. Ihr Mund öffnete sich zu einem Schrei. Eine Hand presste ein Stück Klebeband darauf. Ihr Kopf sackte zu Boden. Sie sah Lichtblitze in ständig wechselnden Farben. Jemand stieg über sie hinweg. Kurz darauf hörte sie einen dumpfen Schlag, dann ein Plumpsen, wie von einem schweren Körper, der ins Wasser fiel. Sie verlor das Bewusstsein.

    Raupach klingelte einmal. Dann ließ er die Tür von Goodens aufbrechen. Niemand zu Hause. Er ließ den Hausbesitzer kommen. Der Mann erzählte etwas von einem Schuppen im Garten, den Goodens zusätzlich angemietet hatte.
    »Als Werkstatt. Und für seine Pflanzen. Damit sie über den Winter kommen.« Der Hausbesitzer sperrte den Schuppen auf.
    Sie konnten es nicht fassen.
    »Direkt vor unserer Nase!«, rief Photini. »Noch näher als Lands erstes Versteck.«
    »Und deshalb so schwer zu finden.«
    Sie schauten sich in dem Raum um. Auf dem Feldbett lagen Kleidungsstücke in Sheilas Größe. Skizzenblätter waren über eine Drehbank verstreut, mit der Schrift einer Dreizehnjährigen.
    Raupach streifte Schutzhandschuhe über. Es waren Gebäudegrundrisse, Lagepläne. Auf jedem Blatt befanden sich drei Kreuze, daneben Namen: Sheila, Luzius, Ronny. Sheila, Luzius, Chris. Die Skizzen, die zuoberst lagen, zeigten den Ausschnitt eines Stadtplans. Aber es waren kaum Straßen eingezeichnet.

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