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Der Vierte Tag

Der Vierte Tag

Titel: Der Vierte Tag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Spielberg
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Eben dieser Herr Fröhlich allerdings grinst jetzt wieder ein wenig. Schon zum zweitenmal, seit ich ihn kenne.
    Es gibt noch eine Menge Fragen an Zentis, und trotz seiner Unentbehrlichkeit für die Patienten und seiner generellen Wichtigkeit für die Klinik nimmt er sich ausführlich Zeit, sie zu beantworten. Aber weitaus interessanter als diese Selbstdarstellung finde ich, was Zentis nicht verrät, aber im Gegensatz zu mir schon gestern wusste: Wer unser Geiselnehmer ist und worum es ihm mit seiner Aktion wirklich geht!
    Umso besser aber erinnert sich Herr Fröhlich daran. "Schwester Käthe, rufen Sie bitte an und fragen Sie, wie lange das noch dauert bis zur nächsten Übertragung aus der Charité. Die müssten meine Frau doch längst an ihre Maschine angeschlossen haben. Und sie sollen nicht vergessen: Ich möchte meine Frau erkennen können!"
    Käthe führt das entsprechende Telefonat mit der Polizei, und danach dauert es tatsächlich nicht lange, bis erneut in die Charité geschaltet wird. Das etwas wacklige Bild einer Handkamera fährt über eine Intensivstation, der unseren hier nicht unähnlich, sie ist allerdings deutlich größer und fast voll belegt. Bald kommt Leberspezialist Dr. Joachim ins Bild, vorerst jedoch nur kurz. Die Kamera schwenkt an ihm vorbei auf ein Bett, an dem nicht nur das komplette Intensivprogramm mit Beatmung, jeder Menge Infusionen und jeder Menge Monitore läuft, sondern auch eine Maschine, die an eine Kreuzung zwischen künstlicher Niere und Herz-Lungen-Maschine erinnert. Die Kamera zoomt auf ein Gesicht. Ich kann nicht viel erkennen. In einem Nasenloch liegt der dicke Beatmungsschlauch, in dem anderen ein Magenschlauch. Die Augen sind, damit die Hornhaut nicht austrocknet, unter feuchten Tupfern verschwunden, die Lippen unter einer dick aufgetragenen Zinkpaste.
    "Ist sie das?" frage ich Herrn Fröhlich.
    Der nickt stumm. Keine Ahnung, wie er seine Frau erkannt hat.
    Die Kamera fährt zurück, Dr. Joachim erscheint wieder. Inzwischen hat man ihm eines dieser kleinen Mikrofone an seinen Kittelkragen geklemmt. Als erstes bestätigt er die entsprechende Frage des in diesem Falle unsichtbaren Reporters. Ja, dies sei die Patientin, die mit Zustimmung des Geiselnehmers von der Intensivstation der Humana-Klinik in die Charité übernommen worden sei.
    "Was, Herr Doktor, können Sie uns zum Zustand der Patientin sagen?"
    Der sei schlecht, lautet die Auskunft von Dr. Joachim. Es handle sich um ein fortgeschrittenes Leberkoma. Aber nicht allein, dass die Leber ihrer lebenswichtigen Entgiftungsfunktion nicht mehr nachkomme. Darüber hinaus habe sie auch die Produktion ebenso lebenswichtiger Substanzen eingestellt, zum Beispiel Faktoren der Blutgerinnung und anderer wichtiger Eiweißstoffe. Die Therapie bestehe darin, diese Substanzen zu ersetzen.
    "Außerdem haben wir hier an der Charité die Möglichkeit, die Patientin mit der sogenannten künstlichen Leber zu behandeln. Darauf setzen wir unsere Hoffnungen in diesem Fall."
    "Heißt das, dass der Patientin in der Humana-Klinik die Behandlung mit der künstlichen Leber nicht zur Verfügung stand?"
    Das muss Dr. Joachim zu seinem Bedauern bejahen.
    "Meinen Sie also, die Patientin hätte schon früher in die Charité verlegt werden müssen?"
    "Das möchte ich damit nicht sagen. Das können nur die Kollegen in der Humana-Klinik beurteilen."
    Eine klare Lüge. Selbstverständlich möchte er das sagen, hat es im Grunde eben gesagt. Und hat recht damit.
    Herr Fröhlich hebt die Schultern. Natürlich hat auch er die Lüge erkannt. Und erneut seine Ansicht über das internationale Ärztekartell bestätigt bekommen.
    Ein oder zwei Fragen habe ich überhört, zuletzt wurde offenbar nach der Prognose gefragt. Das ohnehin besorgte Gesicht von Dr. Joachim zieht sich zu noch mehr Falten zusammen. Man gebe sich alle Mühe, aber die Prognose sei ernst. Sehr ernst.
    "Schwester Käthe! Der Einsatzstab soll mich sofort mit diesem Arzt verbinden!"
    Die Stimme von Herrn Fröhlich verrät nichts Gutes.
    Käthe, die voll auf den Fernseher konzentriert war, fährt erschrocken zusammen, stößt dann das Telefon fast um. Das Interview mit Dr. Joachim nähert sich inzwischen seinem Ende.
    "Eine Frage noch. Was wissen Sie über die Ursache dieses Leberversagens?"
    "Die Kollegen in der Humana-Klinik haben in den vergangenen zwei Wochen dazu keine Erkenntnisse gewinnen können. Unsere eigenen Untersuchungen hierzu stehen notgedrungen erst am Anfang."
    "Würde Ihnen denn die

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