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Der Vierte Tag

Der Vierte Tag

Titel: Der Vierte Tag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Spielberg
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Kenntnis der Ursache bei der Behandlung helfen?"
    Dr. Joachim, der mit dem Hinweis auf zwei Wochen ergebnisloser Untersuchungen in der Humana-Klinik wieder einen Punkt für seine Klinik gemacht hat, kommt nicht mehr dazu, diese Frage zu beantworten. Von rechts ist eine Schwester mit einem Telefon ins Bild getreten. Dr. Joachim nimmt sein Mikrofon ab, während bei uns Schwester Käthe den Telefonhörer an Herrn Fröhlich übergibt.
    "Sind Sie dieser Dr. Joachim in der Charité?" hören wir ihn fragen und sehen auf dem Bildschirm, wie Dr. Joachim in das Telefon nickt und seine Lippen bewegt.
    "Dann hören Sie mir gut zu, Dr. Joachim: Geben Sie sich alle Mühe mit dieser Patientin, alle Mühe der Welt. Denn sollte diese Patientin sterben, so werden meine Geiseln hier ihr Schicksal teilen. Haben Sie mich verstanden?"
    Dr. Joachim nickt wieder in das Telefon, sichtlich erschrocken.
    Das sind wir auch. Die Angelegenheit ist für uns noch lange nicht ausgestanden. Wir sind nach wie vor Geiseln. Und unser Geiselnehmer besteht nach wie vor auf einer fast mit Sicherheit unerfüllbaren Forderung.
    Also bleibt es dabei abzuwarten, bis wir unsere Chance bekommen. Einstweilen müssen wir uns irgendwie beschäftigen. Was schwierig ist, denn wir haben keine Patienten mehr zu versorgen, und die Fernsehberichte mit den ewig wiederholten Bildsequenzen und immer neuen Mutmaßungen langweilen uns inzwischen. Ein Reporter spekuliert, unser Geiselnehmer sei ein religiöser Fanatiker, und es gehe um das Verbot der Stammzellenforschung. Ein anderer Sender vermutet, er könne ein Flugzeug fordern und damit in die Kuppel des Reichstags fliegen. Das wäre bedauerlich, denn ich wollte mir das Ding immer mal von innen ansehen.
    Schwester Renate und Schwester Käthe haben eine halbwegs sinnvolle Beschäftigung gefunden. Sie sortieren Kabel und Schläuche, putzen Geräte und überprüfen deren Funktion. Was bleibt mir da noch? Ich kann mich, ob besonders sinnvoll oder nicht, weiter um die geheimnisvolle Medikamententestung kümmern. Herr Fröhlich stimmt mir zu.
    "Dazu müsste ich einen Freund anrufen. Ich denke, der könnte uns weiterhelfen."
    "Was für ein Freund ist das?"
    Ich erzähle Herrn Fröhlich von Michael. Michael heißt Dr. Michael Thiel und war lange Jahre Laborarzt bei uns, zuletzt als Oberarzt. Dann ist er in die Pharmazeutische Industrie gegangen, hat es dort aber nur ein, zwei Jahre ausgehalten. Vor gut vier Jahren hat er ein eigenes Untersuchungslabor aufgemacht, das deutschlandweit Spezialuntersuchungen anbietet. Das sind Untersuchungen, deren Durchführung an einzelnen Institutionen zu aufwendig oder schwierig wäre. Er arbeitet für Krankenhäuser, andere medizinische Einrichtungen, aber auch für die Industrie und ist damit sehr zufrieden. Außerdem hat sein Labor einen ausgesprochen guten Ruf.
    "Und wie soll dieser Dr. Thiel uns helfen können?"
    "Er hat hervorragende Kontakte zu allen möglichen Instituten und, wichtiger, weit in die Industrie hinein. Außerdem bekommt er immer wieder Aufträge von der 'Tagesklinik für Medikamentensicherheit'. Vielleicht war er sogar an den Untersuchungen zu diesem Schlankmacher beteiligt."
    Was tatsächlich möglich ist. Aber hauptsächlich freue ich mich darauf, mit Michael zu telefonieren. Mit seiner stets ruhigen Art hat er mir schon in so mancher Krise geholfen. Umso größer meine Enttäuschung, als ich ihn ans Telefon bekomme.
    "Tut mit leid. Mir scheint, Sie sind falsch verbunden."
    "Michael, Schnarchnase, erkennst du meine Stimme nicht? Ich bin's, Felix. Und ich brauche dich!"
    "Wie gesagt, Sie sind falsch verbunden. Außerdem blockieren Sie die Leitung, auf der ich gerade eine E-Mail versenden will. Guten Tag."
    Michael legt auf, ich bin verstört.
    "Was ist denn das für ein Freund?" fragt Fröhlich, der beim Telefonieren immer direkt neben uns steht und mithört.
    Keine Ahnung. Natürlich wusste Michael genau, wer ihn gerade angerufen hat. Ich kenne solche Reaktionen nur aus dem Kino, wenn für den Anrufer unsichtbar die Bösen neben dem Angerufenen stehen und dem eine Pistole an den Kopf halten. Sollte ich etwa auf der richtigen Spur sein? Ist hier etwas superfaul, so faul, dass nicht einmal mein Freund Michael mir helfen will?
    Endlich dämmert es mir. Michael kann nicht telefonieren und gleichzeitig E-Mails verschicken? So ein Blödsinn! Und äußerst bedenklich hinsichtlich der Restintelligenz, die ich mir unterstelle, einen so dicken Hinweis nicht sofort zu kapieren. Denn

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