Der Vierte Tag
oder ohne Schwanz zur Welt. Und, für mich wichtiger: Es gab auch keine Leberschäden.
Kein Wunder, dass Alpha Pharmaceutics sich zu diesem Zeitpunkt seiner Sache schon ziemlich sicher war, vielleicht sogar bereits in neue Produktionsanlagen für MS 234 investiert hat. Da kann man sich dann nicht kurz vor der Ziellinie von einem kleinen Ausreißer in den Humanversuchen das Geschäft vermiesen lassen - und auch nicht durch den Leiter der eigenen Forschungsabteilung!
Natürlich stört mich Fröhlich doch ab und zu, will zum Beispiel wissen, neugierig und misstrauisch zugleich, wie Celine an die Daten gekommen ist.
"Sie dürfte das in Italien auf ähnliche Weise geschafft haben, wie sie in Deutschland an die Daten des Bundesinstituts für Arzneimittel gekommen ist, auch wenn das hinsichtlich dieses MS 234 nichts gebracht hat. Hier in Deutschland hat die Datenspionage funktioniert, weil eine Reihe von Mitarbeitern den Umzug des Instituts nach Bonn nicht mitgemacht haben, ihre Arbeit weiterhin in Berlin am heimischen PC erledigen und die Ergebnisse dann per Internet nach Bonn schicken. In Italien dürfte Celine ähnlich an die Daten gekommen sein. Dort hat man vor einiger Zeit wegen ausufernder Korruption die Zulassungsbehörde weitgehend zerschlagen und betraut nun externe Institute mit der Prüfung der eingereichten Unterlagen. Also stehen diese Institute mit den staatlichen Stellen in Kontakt, tauschen Daten aus, und das tun sie über das Internet."
Vielleicht, denke ich, wusste man bei Alpha Pharmaceutics noch nichts vom plötzlichen Kampf gegen die Korruption, als man sich für die Erstzulassung in Italien entschieden hat. Aber das macht keinen Sinn, denn soweit ich gesehen habe, gab es in den Daten zur Phase eins nichts zu verschleiern. Jedenfalls nicht an den Werten, die man zur Prüfung eingereicht hat. Ob diese Daten mit den tatsächlichen Ergebnissen der Versuche übereinstimmen, ist allerdings weder für mich noch für die Zulassungsbehörde nachprüfbar.
Ich will gerade den letzten Datensatz noch einmal kontrollieren, da schaltet der Computer ab. Na toll, besonders, weil ich inzwischen fest damit rechne, dass Celine bald auch an die Daten zu den Humanversuchen herankommen wird.
Es gelingt mir nicht, den Computer wieder hochzufahren. Außerdem fällt mir jetzt auf, dass es noch leiser auf der Intensivstation geworden ist. Irgendein Geräusch, bisher kaum wahrgenommen, fehlt. Aber welches?
Es ist das Summen der Klimaanlage! Kein Summen mehr!
"Ich glaube, die haben uns den Strom abgestellt!" sage ich, und gleich darauf, "das können wir uns nicht gefallen lassen!"
Kaum ausgesprochen, wird mir mein Fehler klar. Warum kann ich nicht meinen Mund halten! Denn, wenn ich das richtig sehe, haben wir nur noch ein Druckmittel gegenüber der Polizei - und das bin ich! Ich kann mich nur damit beruhigen, dass nach einigem Nachdenken Herr Fröhlich sicher auch von selbst darauf gekommen wäre.
Fröhlich ist aber erst einmal an seiner Elektriker-Ehre getroffen. Mit einem kleinen Schraubenzieher aus seinem Rucksack kriecht er schon auf dem Boden herum, schraubt Steckdosen und Verteilerkästen auf.
"Kein Saft mehr", ist schließlich das erwartete Ergebnis seiner Untersuchungen.
Nur gibt er sich nicht so schnell geschlagen wie ich.
"Wurde hier mal etwas umgebaut?" fragt er.
Ich muss nur kurz nachdenken. Nicht wegen des Umbaus, sondern, ob ich die Info mit Fröhlich teilen soll. Ergebnis: Ich brauche Strom für den Computer!
"Klar. Das Intermediate-Zimmer, das gab es ursprünglich nicht. Das hat man einfach mit einer Rigipswand vom Flur hinter der Intensivstation abgetrennt. Wie den Eingang zur Station auf der anderen Seite, der zu einer Art Schleuse wurde."
Fröhlich grummelt etwas und verschwindet mit seinem Schraubenzieher im Intermediate-Zimmer. Stinki hinterher, denn der Marsch in das Intermediate-Zimmer ist inzwischen sein Gassi-Gehen. Wenig später springt der Computer an, die Klimaanlage summt auch wieder, und Fröhlich grinst zufrieden.
"Üliche Slanterei!"
"Hä?"
Fröhlich nimmt den Schraubenzieher aus dem Mund. "Übliche Schlamperei. Die haben in dem angebauten Zimmer den Stromkreis nicht mit der Intensivstation verbunden. Der läuft immer noch über den Flur."
Tatsächlich eine Schlamperei, da der Stromkreis für die Intensivstation doppelt ausgelegt ist, woran die Leute, die uns den Strom abgedreht haben, allerdings gedacht haben.
Schon geht die Klimaanlage wieder aus. Hat man unsere List so
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