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Der vierzehnte Stein

Der vierzehnte Stein

Titel: Der vierzehnte Stein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fred Vargas
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hat, Aurèle Laliberté hat kein Hintertürchen.«
    »Scheint so«, bestätigte Danglard.
     
    Laliberté führte das französische Team in einen riesigen Sitzungssaal – eine Art Konzilsaal irgendwie – und stellte rasch alle vor. Mitglieder der Quebec-Sektion: Mitch Portelance, Rhéal Ladouceur, Berthe Louisseize, Philibert Lafrance, Alphonse Philippe-Auguste, Ginette Saint-Preux und Fernand Sanscartier. Dann wandte sich der Surintendant nachdrücklich an seine Beamten.
    »Jeder von euch wird sich eins der Mitglieder der Pariser Brigade greifen, und alle zwei oder drei Tage wechseln wir die Paare. Geht mit ganzem Herzen ran, aber macht nicht einen auf Klugscheißer, wenn ihr sie anleitet, nur um wie die Oberprotzen dazustehen, die sind ja nun auch nicht auf den Kopf gefallen. Sie befinden sich in der Trainingsphase und machen sich gerade erst mit allem vertraut. Also geht für den Anfang mit Kleppertempo an ihre Ausbildung. Und macht nicht auf damische Ulknudel, wenn sie euch nicht verstehen oder anders reden als wir. Nur weil sie Franzosen sind, sind sie ja nicht piefiger als ihr. Ich verlasse mich auf euch.«
    Im Grunde fast derselbe Vortrag, den Adamsberg seiner Mannschaft einige Tage zuvor gehalten hatte.
     
    Während der langwierigen Besichtigung der Räumlichkeiten befaßte sich Adamsberg damit, den Getränkeautomaten ausfindig zu machen, der im wesentlichen »Suppen«, aber auch Kaffees von der Größe eines Bierglases im Angebot hatte, und die Gesichter seiner vorübergehenden Kollegen zu studieren. Er empfand sofort Sympathie für den Sergent Fernand Sanscartier, den einzigen Unteroffizier der Einheit, dessen zwei braune Unschuldsaugen in einem vollen, rosigen Gesicht ihm zwangsläufig die Rolle des »Guten« zuzuweisen schienen. Mit ihm ein Tandem zu bilden würde ihm gefallen. Aber in den drei kommenden Tagen hatte er es mit dem energischen Aurèle Laliberté zu tun, Rangordnung verpflichtet. Punkt achtzehn Uhr wurden sie entlassen und zu ihren winterbereiften Dienstfahrzeugen geführt. Nur der Kommissar verfügte über einen eigenen Wagen.
    »Warum trägsta denn zwei Uhren?« fragte Laliberté Adamsberg, als der endlich am Steuer saß.
    Adamsberg zögerte.
    »Wegen der Zeitverschiebung«, erklärte er rasch. »Ich habe noch Ermittlungen in Frankreich zu laufen.«
    »Kannsta das nich wie alle im Kopf umrechnen?«
    »So geht’s schneller«, wich Adamsberg aus.
    »Mußt du wissen. Lassen wir das, nix für ungut, Mensch, und bis morgen neun Uhr.«
     
    Adamsberg fuhr langsam, achtete auf die Bäume, die Straßen, die Menschen. Als er aus dem Gatineau-Park heraus war, kam er in die Partnerstadt Hull, die er persönlich nicht unbedingt »Stadt« genannt hätte, erstreckte sich das Zentrum doch über eine kilometerlange flache Gegend, die durch leere, saubere Straßen in Vierecke aufgeteilt war, auf denen immer mal wieder ein Haus mit hölzernem Fachwerk stand. Nirgendwo etwas Altes, Abgebröckeltes, nicht einmal an den Kirchen, die eher Zuckerbäckerminiaturen als dem Straßburger Münster glichen. Niemand hier schien es eilig zu haben, jeder fuhr gemächlich in jenen mächtigen Pick-ups, die geeignet waren für den Transport von sechs Raummetern Holz.
    Keine Cafés, keine Restaurants oder Geschäfte. Adamsberg entdeckte einige vereinzelte Läden, »Pannenhelfer« genannt, in denen alles mögliche verkauft wurde; schon hundert Meter von ihrem Quartier entfernt befand sich einer. Zufrieden ging er zu Fuß dorthin, ließ dabei die Schneeplatten unter seinen Schritten krachen, ohne daß die Eichhörnchen bei seinem Vorbeimarsch weghuschten. Ein wesentlicher Unterschied zu den Spatzen.
    »Wo gibt es hier Restaurants oder Kneipen?« fragte er die Kassiererin.
    »Im Stadtzentrum findsta alles, was du als Nachtschwärmer brauchst«, antwortete sie liebenswürdig. »Das ist fünf Kilometer von hier, mußt deinen Karren nehmen.«
    Sie sagte auf Wiedersehen, als er ging, und einen schönen Abend, bye.
    Das Stadtzentrum war klein, Adamsberg hatte die rechtwinkligen Straßen in weniger als einer Viertelstunde abgelaufen. Als er in den Vierzeiler eintrat, geriet er in eine Lyriklesung vor einem dichtgedrängten, schweigenden Publikum und ging, die Tür hinter sich schließend, gleich wieder hinaus. Auf dieses Ding mußte er Danglard aufmerksam machen. Er begnügte sich schließlich mit einer Art amerikanischer Bar, Die fünf Sonntage, einem geräumigen, überheizten Raum, dekoriert mit Karibu- und Bärenköpfen und

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