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Der vierzehnte Stein

Der vierzehnte Stein

Titel: Der vierzehnte Stein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fred Vargas
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nicht zu zerreißen. Behutsam drückte er ihn mit der flachen Hand auf dem Tisch auseinander, um ihn wieder zu glätten.
    »Heute«, fuhr Laliberté fort, »entnehmen wir: erstens Schweiß, zweitens Speichel, drittens Blut. Morgen: Tränen, Urin, Nasenschleim und Hautzellen. Und Sperma bei den Bürgern, die sich bereit erklären, das Reagenzglas zu füllen.«
    Adamsberg zuckte zusammen. Nicht wegen der spendebereiten Bürger, sondern wegen dem, was er beim Glätten des feuchten Papiers gerade gelesen hatte.
    »Checkt vor allem«, schloß Laliberté nachdrücklich und an die Pariser Mannschaft gewandt, »daß die Codes auf den Spezialpappen mit denen auf den Abstrich-Sets übereinstimmen. Wie ich immer gern sage, man muß bis drei zählen können: Seid akkurat, akkurat und nochmals akkurat. Ich weiß keine andere Möglichkeit, um erfolgreich zu sein.«
     
    Die acht Tandems liefen zu den Wagen, ausgerüstet mit den Adressen der Bürger, die in zuvorkommender Weise ihre Wohnungen und Körper für die Abstrichversuche zur Verfügung stellten. Adamsberg stoppte Ginette im Vorbeigehen.
    »Ich wollte Ihnen das zurückgeben«, sagte er und reichte ihr das grüne Papier. »Sie haben es im Restaurant liegenlassen, und es sah so aus, als ob Sie Wert drauf legten.«
    »Sakrament, ich hatte mich schon gefragt, wo ich’s nur hingetan hab.«
    »Es tut mir leid, es hat ein bißchen Regen abbekommen.«
    »Mach dir keine Sorgen. Ich lauf schnell und bring’s in mein Büro. Kannsta Hélène Bescheid sagen, daß ich nachkomme?«
    »Ginette«, sagte Adamsberg, indem er sie am Arm zurückhielt und auf den Prospekt zeigte. »Gehört diese Camille Forestier an der Bratsche auch zu dem Montrealer Quintett?«
    »Osti, nein. Alban hat mir erzählt, daß die Bratschistin aus der Gruppe ’n Kleines gekriegt hat. Sie mußte sich ab dem vierten Schwangerschaftsmonat hinlegen, als die Proben begannen.«
    »Alban?«
    »Der erste Geiger, ein guter Schumm von mir. Er hat diese Forestier, eine Französin, getroffen und sie vorspielen lassen. Er war begeistert und, Criss, hat sie vom Fleck weg engagiert.«
    »Hey! Adamsberg!« rief Laliberté. »Bewegst du jetzt endlich deine Hufen hierher, oder was?«
    »Danke, Ginette«, sagte Adamsberg und lief seinem Teamkollegen hinterher.
    »Was hab ich dir gesagt?« der Surintendant sank mit einem Lachanfall in seinen Wagen. »Du mußt wohl dauernd anbändeln, was? Und das mit einer meiner Ermittlerinnen, und gleich am zweiten Tag. Du hast ja wirklich Schneid, Mensch!«
    »Überhaupt nicht, Aurèle, wir haben über Musik gesprochen. Über klassische Musik sogar«, fügte Adamsberg hinzu, als könne dieses »klassisch« die Ehrenhaftigkeit ihrer Beziehung belegen.
    »Musik, my eye!« feixte der Surintendant und fuhr los.
    »Mach doch nicht einen auf Gipsengelchen, so leichtgläubig bin ich nicht. Du hast sie doch gestern abend getroffen, right?«
    »Zufällig. Ich habe im Fünf Sonntage zu Abend gegessen, und sie kam an meinen Tisch.«
    »Laß bloß den Hebel bei Ginette wieder los. Sie ist verheiratet, und zwar komplett verheiratet.«
    »Ich habe ihr einen Prospekt zurückgegeben, das ist alles. Du mußt mir ja nicht glauben.«
    »Krieg dich wieder ein. Ich mach nur Spaß.«
    Nach einem langen, von den gewaltigen Stimmausbrüchen des Surintendant begleiteten Arbeitstag, als schließlich alle Proben bei der hilfsbereiten Familie Jules und Linda Saint-Croix entnommen waren, stieg Adamsberg in seinen Dienstwagen.
    »Was machsta heute abend?« fragte ihn Laliberté, den Kopf ins Wagenfenster geneigt.
    »Zum Fluß runtergehen, ein wenig herumbummeln. Und dann zu Abend essen in der Stadt.«
    »Du hast wohl ’ne Natter im Leib, was, daß du ständig umherstrolchen mußt.«
    »Ich mag das, ich hab’s dir erzählt.«
    »Aber vor allem, weil du gern ein bißchen rumschlinderst. Ich geh nie in die Stadt zum Mädchen-Ankabbeln. Da kennen mich einfach zu viele. Wenn’s mich mal umtreibt, fahr ich nach Ottawa. Okay, Mensch, mach’s besser!« fügte er hinzu und schlug mit der Hand auf die Wagentür. »Schönen Tag und bis morgen.«
    »Tränen, Urin, Nasenschleim, Schuppen und Sperma«, zählte Adamsberg auf und startete den Motor.
    »Sperma bleibt zu hoffen«, sagte Laliberté, wieder ganz dienstlich, und runzelte die Stirn. »Falls Jules Saint-Croix den Entschluß faßt, sich heute abend mal ein bißchen anzustrengen. Am Anfang hatte er yes gesagt, aber jetzt habe ich den Eindruck, daß er nicht mehr voll mit dabei

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