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Der vierzehnte Stein

Der vierzehnte Stein

Titel: Der vierzehnte Stein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fred Vargas
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hast du mir zu erzählen?«
    »Ich warne dich, Aurèle, die Geschichte ist lang.«
    »Okay, Mensch, aber werd trotzdem nicht zu weitschweifig.«
    Adamsberg nahm sich viel Zeit für seine Erzählung vom blutigen Weg des Richters Fulgence, angefangen beim Mordfall im Jahre 1949 bis zum Schiltigheimer Erwachen. Er ließ nichts aus über die Person und ihre Vorgehensweise, die Sündenböcke, über die Querstrebe des Dreizacks, das Auswechseln der Klingen. Und er verbarg auch seine Ohnmacht nicht, ihn endlich zu fassen, diesen Mörder, der geschützt war hinter den hohen Mauern seiner Macht, seines Netzwerks und seiner erstaunlichen Mobilität. Der Surintendant machte sich mit einiger Ungeduld Notizen.
    »Halt mich nicht für ’n Krittler, aber ich sehe drei unklare Punkte in deiner Geschichte«, sagte er schließlich und hob drei Finger.
    Akkurat, akkurat und nochmals akkurat, dachte Adamsberg.
    »Du wirst mir nicht weismachen wollen, daß seit fünfzig Jahren ein Mörder bei euch rumrennt?«
    »Ohne daß er je gefaßt wurde, willst du sagen? Ich habe dir von seinem großen Einfluß erzählt und vom Auswechseln der Klingen. Niemand hat je daran gedacht, den Ruf des Richters in Zweifel zu ziehen oder die acht Morde miteinander in Verbindung zu bringen. Neun mit dem Schiltigheimer. Zehn mit dem an Noëlla Cordel.«
    »Was ich sagen will, ist, daß dieser Esti von Kerl nicht gerade blutjung sein dürfte.«
    »Nimm mal an, er hat mit Zwanzig begonnen. Dann wäre er erst siebzig.«
    »Zweite Sache«, fuhr Laliberté fort, wobei er seine Notizen abhakte. »Du hast Stunden mit diesem Dreizack und seiner Querstrebe verläppert. Die Idee mit dem Auswechseln der Klingen stammt im übrigen von dir, dafür hast du keine Beweise.«
    »Doch. Die stets genau begrenzte Länge und Breite.«
    »Eben. Demnach wäre dein verdammter Wahnsinniger im vorliegenden Fall also nicht gewohnheitsmäßig vorgegangen? Die Wundlinie ist länger als die Querstrebe. 17,2 und nicht 16,9 Zentimeter. Was bedeutet, daß dein Mörder wie durch Zauberei seine Gepflogenheiten plötzlich umstellt. Mit siebzig Jahren, Criss, ist ja nicht gerade das Alter, wo man sich ändert. Wie erklärst du mir das?«
    »Ich habe darüber nachgedacht und nur einen Grund dafür gefunden: die Flughafenkontrollen. Er hätte seine Querstrebe nicht mitnehmen können, mit einer solchen Eisenstange hätte man ihn nie durchgelassen. Er war gezwungen, sich vor Ort einen anderen Dreizack zu kaufen.«
    »Nicht zu kaufen, Adamsberg, auszuborgen. Erinnere dich, daß die Wunden von Erde verschmiert waren. Das Werkzeug war nicht neu.«
    »Stimmt.«
    »Das ergibt schon mal eine verdammte Abweichung vom geregelten Verhalten deines Mörders, eine nicht gerade geringe. Kommt noch hinzu, daß auch kein Sturzbetrunkener mit der Waffe in der Tasche neben dem Opfer lag. Kein Sündenbock diesmal. Das sind meiner Ansicht nach doch alles erhebliche Unterschiede.«
    »Eine Folge der Umstände. Wie alle hochintelligenten Menschen ist der Richter wendig. Er hat den Frost mit einkalkulieren müssen, da ja sein Opfer drei Tage im Eis eingeschlossen geblieben ist. Und er hat sich mit einem ihm unbekannten Revier arrangieren müssen.«
    »Genau«, sagte Laliberté und setzte wieder ein Häkchen auf sein Blatt. »Hat er nicht mehr genügend Platz in der alten Heimat, dein Richter? Bis jetzt hat er doch bei dir drüben gemordet, stimmt’s?«
    »Das weiß ich nicht. Ich habe dir nur die französischen Morde genannt, weil ich auch nur unsere Archive durchforscht habe. Falls er in Schweden oder Japan gemordet hat, weiß ich es nicht.«
    »Sakrament, du bist aber hartnäckig. Mußt wohl auf alles eine Antwort finden, was?«
    »Willst du denn nicht genau das? Daß ich dir den Mörder nenne? Kennst du viele Typen, die mit einem Dreizack morden? Denn was die Waffe betrifft, hab ich doch recht, oder?«
    »Criss, ja, sicher wurde das Mädchen mit so einer Hühnerkralle durchbohrt. Wer sie allerdings in der Hand hielt, ist eine andere Sache.«
    »Der Richter Honoré Guillaume Fulgence. Ein wahrer Aufspießer, den ich bei den Nüssen packen werde, das garantiere ich dir.«
    »Ich würde gern deine Akten sehen«, sagte Laliberté und wippte auf seinem Stuhl. »Die neun Akten.«
    »Wenn ich zurück bin, schicke ich dir Kopien davon.«
    »Nein, jetzt. Könnsta einen deiner Männer bitten, sie mir per Mail zukommen zu lassen?«
    Keine Wahl, sagte sich Adamsberg, während er Laliberté und seinen Inspektoren in den

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