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Der viktorianische Vibrator: Törichte bis tödliche Erfindungen aus dem Zeitalter der Technik (German Edition)

Der viktorianische Vibrator: Törichte bis tödliche Erfindungen aus dem Zeitalter der Technik (German Edition)

Titel: Der viktorianische Vibrator: Törichte bis tödliche Erfindungen aus dem Zeitalter der Technik (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Patalong
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Irlands seit mehr als 40 Jahren. Kleinere Fahrzeuge für den Personenverkehr zu bauen war allerdings noch immer eine Herausforderung, wenngleich eine durchaus zu bewältigende. Charles Parsons Dampfwagen galt als stabiles und sicheres Gefährt.
    Am Morgen des 31. August 1869 nahm Richard Biggs, der Hauslehrer der beiden jüngsten Parsons-Söhne, auf dem Fahrersitz Platz. Hinter ihm saßen die Jungs, wiederum dahinter Henry und Mary Ward, auf »erhöhten Sitzen«, wie es bei der gerichtlichen Untersuchung ihres Todes heißen sollte. Die Fahrt verlief in ruhigen Bahnen: Kurz nach der kleinen Reisegruppe in ihrem Dampfwagen machten sich auch der zweitälteste Parsons-Sohn Randall, von Beruf Priester, und sein Freund James Rolleston, ein Friedensrichter, in gemütlich schlenderndem Tempo querfeldein ins damals noch Parsonstown genannte Dörfchen auf. Die Chancen der lustwandelnden Gentlemen, mit dem Fahrzeug mitzuhalten, standen bestens: Der »Red Flag Act« begrenzte die zulässige Höchstgeschwindigkeit bei 6 km/h, innerorts bei der Hälfte. So überholten die Gentlemen das Dampfgefährt kurz vor der Ortsmitte, sahen es im Blick zurück noch um eine Ecke fahren – nur um danach Schreie zu hören.
    Was in der Kurve geschah, wurde nie geklärt. Sowohl die Fahrgäste als auch zufällig anwesende Zeugen sagten aus, dass das zur Straßenaußenseite zeigende Rad kurz »gesprungen« sei, sich also einen Augenblick gehoben habe. Mary Ward wurde aus dem Sitz geschleudert, sie stürzte nach vorn auf die Straße – und direkt vor das andere Rad des Wagens.
    Den Unfall überlebte sie nur wenige Minuten. Der Parsons-Wagen ist nicht erhalten, man weiß wenig über ihn. Die meisten Dampf-»PKW« dieser Zeit, die für vier bis sechs Passagiere gebaut wurden, wogen aber nicht weniger als eine Tonne. Das ganze fatale Gewicht lastete somit auf dem Rad, vor das Mary fiel – ein Stahlreifen, natürlich ohne jede Gummierung. Der Wagen, befand die amtliche Untersuchung, hatte sich mit einer Geschwindigkeit von gerade mal sechs Kilometer pro Stunde bewegt, wenn nicht sogar weniger.
    William Parsons soll noch am Abend des Unfalls angeordnet haben, den Dampfwagen zu zerstören und die Reste zu verschrotten.

Vier sind nicht genug:
Die bizarre Geschichte des OctoAutos
    Milton Othella Reeves (24.8.1864 bis 4.6.1925) gehört zu den Pionieren der Autotechnik: Bis 1896 baute er mindestens vier verschiedene Motorfahrzeuge für bis zu sieben Passagiere. Sein Geld verdiente er nicht nur damit, sondern auch als Zulieferer von Motoren und Kfz-Teilen an andere Manufakturen sowie der Konstruktion höchst erfolgreicher Landwirtschaftsmaschinen und Traktoren. Geschichte schrieb er jedoch, indem er den Komfort der Autotechnik mit echten Innovationen voranbrachte.
    Als das Geschäft mit Reeves-Motoren und seinen kutschen-ähnlichen hochrädrigen Motorfahrzeugen Anfang des 20. Jahrhunderts merklich zu schwächeln begann, suchte der kreative Kopf nach neuen Marktlücken, die er gewinnbringend besetzen könnte.
    Eine Idee fand er schnell: Automobile Fortbewegung war zwar in den Jahren zuvor erheblich zuverlässiger geworden, aber keinen Deut bequemer. Der Zustand der Straßen war meist erbärmlich, die meist schlecht gefederten Vehikel gaben jedes Schlagloch an die Wirbelsäule der Passagiere weiter. Gerade bei höheren Geschwindigkeiten führte das allzu oft zu Unfällen, wenn manche Wagen regelrecht von der Straße sprangen. Zudem waren die Autos groß und schwer, und die Kombination all dieser Dinge erhöhte den Verschleiß: Nicht zuletzt das über lange Zeit völlige Fehlen einer Federung war schuld daran, dass Mitte des 19. Jahrhunderts die Dampfwagen nicht weitverbreitet waren – nicht nur wegen dem mangelnden Komfort während der Fahrten, sondern auch deshalb, weil die Lebensdauer der Vehikel von Buckeln und Schlaglöchern auf ein Minimum geschüttelt wurde. Egal wie schwer und stabil man die Fahrzeuge auslegte, die Straßen machten ihnen (und den Bandscheiben ihrer Fahrer) über kurz oder lang den Garaus. Das galt natürlich genauso für die neuen Benzinkutschen.
    Reeves erkannte, wie man all das auf einen Schlag ändern könnte: Im Eisenbahnbau hatte George Pullman schon zwanzig Jahre zuvor mit seinen Schlaf-und Luxusabteil-Wagons erfolgreich demonstriert, wie man ein sanftes, rüttelfreies Fahrerlebnis erreichen kann. Der Name Pullman steht seitdem für längliche Gefährte luxuriöser Ausstattung. Doch es waren nicht nur Design und Interieur, die

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