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Der Visionist

Der Visionist

Titel: Der Visionist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rose M J
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– und auch nicht Malachai. Er ging im Kopf die Korkwand in seinem Büro durch, ein Puzzleteil nach dem anderen. Der amerikanischiranische Anwalt, Vartan Reza, der im Central Park überfahren worden war … Das musste es sein! Reza hatte für die iranische Regierung gearbeitet, die sich von ihm hatte vertreten lassen, um die bürokratischen Hürden bei ihrer Rückforderung des Hypnos abzuwickeln. Die Iraner hatten nach Rezas Tod eine noch renommiertere Kanzlei beauftragt. Doch anscheinend war das nur ein Täuschungsmanöver gewesen. Zu diesem Zeitpunkt mussten sie schon beschlossen haben, die Statue zu stehlen. Aber warum? Als politisches Statement? Wollten sie beweisen, dass auch das Metropolitan Museum of Art nicht absolut sicher war?
    „Ich bin nicht sicher, ob Hypnos wirklich in den Iran zurückkehren wird.“ Das war die Stimme eines jüngeren Mannes, die Lucian schon einmal gehört hatte. Er klang nervös und als müsste er seinen ganzen Mut zusammennehmen.
    „Was redest du für einen Quatsch?“ Kurz war Stille. Dann lachte jemand auf. „Lass die Waffe fallen!“ Wieder Stille. „Wenn du mich erschießt, dann wird unsere Regierung meinen Tod rächen und deine ganze Familie exekutieren lassen. Das ist dir doch klar, oder? Willst du wirklich das Leben von allen, die dir etwas bedeuten, für dieses Ding da aufs Spiel setzen? Ich habe schon nach oben weitergegeben, dass ich Zweifel an deiner Loyalität habe.“
    „Ich glaube dir kein Wort“, sagte der junge Mann, aber sein Mut schien ihn verlassen zu haben. Seine Stimme zitterte.
    „Du brauchst mir nicht zu glauben. Aber lass es dir noch mal durch den Kopf gehen.“
    Ganz langsam und behutsam drückte Lucian die Holzpaneele zur Seite und blickte sich um. In dem schwachen Licht konnte er zwei Männer ausmachen, die sich mit gezogenenWaffen gegenüberstanden. In der Stille klang das erste metallische Klacken wie eine ohrenbetäubende Warnung. Zwei Kugeln wurden abgefeuert, die eine Sekundenbruchteile vor der anderen. Beide trafen ihr Ziel.
    Unter dem Dach gurrte ein Taube und flatterte wild, als Lucian zu seinem Opfer rannte. Der Mann hatte die Waffe fallen lassen und blutete heftig aus einer Wunde an der Hand.
    Das jüngere Opfer stand gegen die Wand gelehnt. Seine Augen waren weit aufgerissen, doch sie starrten ins Leere. Ein großer Fleck breitete sich immer weiter auf dem Stoff des teuren Sportsakkos aus. Ali Samimi hatte es heute getragen, weil er zu einem privaten Empfang im Metropolitan Museum of Art eingeladen gewesen war.

71. KAPITEL
    Ich spüre, wie meine Unsterblichkeit über alle Schmerzen, alle Tränen, alle Zeit und alle Ängste hinwegfegt und – schallend wie die ewigen Donner aus der Tiefe – mir diese Wahrheit mit auf den Weg gibt – Du wirst ewig leben!
    – Lord Byron, „Himmel und Erde“ –
    Am nächsten Morgen war Lucian schon um sieben Uhr im Büro. Als Erstes nahm er eine Beschreibung der antiken Edelsteinkugel auf, die er gestern Nacht aus der Statue des Hypnos entfernt hatte. Er gab die Daten in den Computer ein und brachte die Kugel dann in die Asservatenkammer des FBI. Das Dritte Auge war kein Beweismittel, zumindest nicht in einem Verbrechen, das in diesem Jahrhundert stattgefunden hatte. Es war allerdings gut möglich, dass die Kugel noch zum Beweismittel wurde. Doch was immer sie auch war, und was immer auch für Gerüchte über ihre Macht kursierten, Lucian wollte sie sicher geschützt in Polizeiverwahrung wissen. Er zweifelte nicht daran, dass Malachai Samuels über Leichen gehen würde, um an die Kugel heranzukommen.
    Lucian setzte sich an seinen Schreibtisch und ging durch die Berichte, die ihm während der Nacht per E-Mail zugesandt worden waren. Comley hatte für 9.30 Uhr eine Sitzung anberaumt. Er machte sich Notizen und fügte Informationen zum Ablauf des Geschehens hinzu, wobei er alle Bemerkungen und Vermutungen ausklammerte, die nicht mit dem Verstand zu erklären waren. Diese hielt er auf einer privaten Liste von Fragen fest, bei deren Lösung ihm das FBI nicht weiterhelfen konnte.
    War Veronica Keyes die Reinkarnation von Bibi, der alten Frau, die Serge Fouquelle vor über hundert Jahren in Persien erschlagen hatte, weil sie ihm bei der Plünderung eineruralten Gruft im Weg stand? Und wessen Seele war in Marie Grimshaw wiedergeboren? Die von Iantha, der jungen Frau des Bildhauers, der hatte sterben müssen, weil er seinen Stolz nicht überwinden konnte? Überlebte auch in Deborah Mitchell eine Seele aus der

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