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Der Visionist

Der Visionist

Titel: Der Visionist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rose M J
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Lieferwagens nach vorn glitten. Ein weißer unmarkierterLaster ohne Schriftzug oder Bild hatte die Laderampe hinter dem Schlösschen verlassen. Als er aus dem Central Park fuhr, prangte das Logo einer Bäckerei auf den Außenwänden.
    Ohne weiteren Zwischenfall lenkte der Fahrer den Lieferwagen mit den aufgemalten Keksen und dem Milchglas durch die Stadt bis zur Seventh Avenue, von dort Richtung Süden, dann wieder westlich bis zu Ninth Avenue und weiter durch die Innenstadt. Schließlich hielten sie vor einer Lagerhalle in der 21. Straße. Sie waren sogar noch drei Minuten schneller als geplant.
    Früher am Tag war Samimi schon einmal hier gewesen, um ein letztes Mal alles vor Ort durchzugehen. Er hatte den elektrischen Garagenöffner überprüft und ein schuhschachtelgroßes, in braunes Papier eingeschlagenes Päckchen in einer abgelegenen dunklen Ecke versteckt.
    Als die Männer jetzt die Tür des Lieferwagens öffneten und die Statue ausluden, holte Samimi das Paket aus dem Versteck. Er sah sich kurz um, ob ihn auch niemand beobachtete, dann wickelte er es aus und steckte sich den Inhalt in die Hosentasche.
    Mit einem etwas besseren Gefühl wandte er seine Aufmerksamkeit wieder den Männern zu. „Seid bloß vorsichtig“, warnte er sie aus der anderen Ecke der Lagerhalle.
    Ein paar Momente später wies er sie noch einmal zurecht. Die Männer blickten finster zu ihm herüber; offensichtlich waren sie nicht erbaut von seinen unnötigen Befehlen. Da wurde es Larry Talbot, dem Terroristen, der die Aktion im Met angeführt hatte und der nun ohne Maske beim Lieferwagen stand, zu bunt. „Wir haben das Ding auch unbeschadet hierhergekriegt, oder nicht?“, fuhr er ihn an. „Halt endlich die Klappe, Samimi, und stör uns nicht bei unserer Arbeit!“
    Talbot hatte recht. Samimi wusste genau, dass seine Ungeduld niemandem weiterhalf. Aber ihm gingen die Nerven durch. Es blieb ihm nur noch wenig Zeit. Erst wenn niemandmehr in der Lagerhalle war, konnte er seinen Anruf machen und den letzten Teil seines Plans in Gang setzen.
    „Beeilt euch!“, befahl er ohne Rücksicht auf Talbots wütenden Blick.
    Es schien Stunden zu dauern, aber schließlich stiegen die Männer alle in den Lieferwagen. Samimi öffnete das Tor der Lagerhalle und sah dem Wagen nach, der in die Straße einbog und bald in der Dunkelheit verschwand. In weniger als drei Stunden würde das Fahrzeug in einer Schrottpresse in New Jersey geplättet und zusammengepresst werden, bis nur noch ein nutzloser Quader aus verrostetem Stahl und die Reifen übrig wa ren.
    Endlich war Samimi allein mit seinem Komplizen in der Lagerhalle. Hypnos stand mitten in der weitflächigen, ansonsten gänzlich leeren Lagerhalle. Ohne das Scheinwerferlicht des Lieferwagens wirkte die Halle wie ein Grab. Von der Decke des früheren Kutschendepots hing vielleicht ein Dutzend von Neonröhren, doch nur noch eine einzige funktionierte. In ihrem schwachen Licht warf die Statue einen langen Schatten über den Dielenboden bis zur Wand. Samimi wandte den Rücken zu dem Kunstwerk, das der Grund für so viel Chaos und Tod war. Er nahm sein Handy heraus und tippte eine Nummer ein, die er auswendig kannte. Die Nummer verband ihn direkt mit dem Leiter des New Yorker Hauptquartiers des FBI …
    „Wen rufst du an?“ Die Stimme von Farid Taghinia dröhnte durch die dunkle Halle, als er das Tor hinter sich zudrückte und seine Schlüssel in die Tasche steckte.
    Samimi fuhr herum, sein Puls raste. Sein Boss war drei Minuten zu früh. „Dich“, sagte er schnell, vielleicht zu schnell. „Ich wollte dich anrufen, um dir Bescheid zu geben. Alles hat geklappt. Die Statue ist hier.“
    „Ausgezeichnet.“ Taghinia hing eine unangezündete Zigarre zwischen den Lippen. Er ging um Hypnos herum undmusterte die Statue. Vorsichtig berührte er eine Elfenbeinhand. „Das ist also der Gott des Schlafes, der Bruder des Gottes des Todes.“ Er strich über einen gebrochenen Fuß. „Damit haben wir diesen unangenehmen Auftrag fast hinter uns. Ich muss sagen, ich bin wirklich froh, wenn wir dieses …“, er suchte nach dem passenden Wort, „wenn wir dieses Ungetüm los sind und die Statue sich auf dem Weg in unser Land befindet.“
    Taghinia stand mit dem Rücken zu ihm. Samimi musste schnell handeln. „Ich bin nicht sicher, ob Hypnos wirklich in den Iran zurückkehren wird.“ Er zog die Kimber 1911, die er schon heute Nachmittag hier versteckt hatte.
    „Was redest du für einen Quatsch?“ Taghinia drehte

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