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Der Vogelmann

Der Vogelmann

Titel: Der Vogelmann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mo Hayder
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war sofort still. Sie lag vollkommen reglos da. Sie hörte ihn auf die andere Seite des Raumes gehen und gegen die Wand trommeln. Aufgeregt.
    Rede vernünftig mit ihm. Es gibt bestimmt die Möglichkeit, sich durch Reden hier rauszubringen. Rede, bring ihn dazu, dich als Individuum anzuerkennen. Er will dich zum Objekt machen. Laß das nicht zu.
    Langsam, jeden Muskel angespannt, bereit, mit dem Reden
zu beginnen, bereit, um ihr Leben zu kämpfen, wagte sie es, die Augen zu heben.
    Er sah sie nicht einmal an.
    Er stand etwa einen Meter von ihr entfernt, seitlich zu ihr. Er trug einen bläulichen Krankenhauskittel und eine Chirurgenmaske, und sein Haar war unter einer Haube verborgen, wie sie im Operationssaal benutzt wird. Zu seinen Füßen stand eine rote Werkzeugkiste aus Plastik. Er war klein und stämmig. Aber er war behende – sie erinnerte sich, wie er am Abend zuvor fast über die Wagensitze gesprungen war. Und er war stark. Er war stärker, als sie angenommen hätte.
    Eindringlich starrte er auf das Foto eines Frauengesichts und klopfte mit dem Finger darauf. Es war klein und glatt wie das Gesicht einer Puppe. Weißblondes Haar. Starkes Make-up. Blauer Lidschatten und pflaumenfarben bemalte Lippen. Er drückte seine Hände auf das Foto, bedeckte ihr Gesicht, und seine beiden großen Daumen lagen direkt auf dem Mund, als wollte er sie tief in ihren Schlund stoßen.
    Dann drehte er sich plötzlich um. »Nun?«
    Susan zuckte zusammen. Er hatte bemerkt, daß sie ihn beobachtet hatte. Selbst ohne hinzusehen, hatte er bemerkt, daß sie ihn beobachtet hatte.
    »Nun?« Er trat auf sie zu. Die Augen über der Maske waren rund und ruhelos.
    »Mein Name ist Susan.« Sie sprach schnell, um nicht zu stammeln. Zeig nicht, daß du Angst hast. »Mein Vater ist Richter. Er ist sehr einflußreich.«
    »Ein Richter!« Seine Stimme klang hell, amüsiert. »Soll ich mir deswegen Sorgen machen?«
    »Nein – ich – o Gott, was wollen Sie von mir? «
    »Was glaubst du? Was glaubst du, daß ich will?«
    Bete, daß er dich nur vergewalitgt, Susan, bete, daß es nicht mehr ist.
    »Bitte tun Sie mir nicht weh.« Sie rollte sich zusammen, schluchzte, versuchte vergeblich, die gefesselten Arme um die
Brüste zu falten, sie fühlte sich wie ein zusammengeschnürter Truthahn, dem man die Glieder abgeschnitten hatte. »Bitte, tun Sie’s nicht.»
    »Ist es nicht lästig, wenn man so große Titten hat?« Feuchte Hände griffen nach ihren Brüsten, um ihr verzweifeltes Zappeln zu beenden. »Wie sitzt man am Tisch mit solchen Dingern vor sich? Sind Sie einem nicht im Weg?«
    Susan zuckte erschauernd zurück. Sie hatte gespürt, wie ihr die Berührung durch Mark und Bein gegangen war. Bis in die Lenden hinab. Aber das war eine Täuschung. »Bitte nein, bitte …«
    Er stand vor ihr, und ein Klumpen dicker, körniger, brauner Schleim landete wenige Zentimeter vor ihrem Gesicht. »Du weißt, was ich tun muß. Nicht wahr?«
    Sie schüttelte den Kopf, Tränen rannen in ihr Haar.
    »Antworte mir.«
    »Tun Sie mir nicht weh!«
    »ICH SAGTE, DU WEISST, WAS ICH MIT DEINEN VERDAMMTEN GROSSEN TITTEN TUN MUSS!« Er trat sie in die Seite, und plötzlich wurde seine Stimme ruhig. »Und hör mit dem Geschrei auf. Das beunruhigt Mrs. Frobisher.«
    Susan keuchte und rollte, immer noch schluchzend, auf den Bauch. Er setzte sich auf sie, klemmte ihre Schultern zwischen seine fetten Knie, packte ihr Haar und riß ihren Kopf nach hinten. »Jetzt schau.«
    Er beugte sich vor und öffnete die Werkzeugkiste.
    Sie sah Wilkinson-Scheren, Pinzetten, einen spitz zulaufenden Pinsel mit Zobelhaar, geschwungene Paletten mit leuchtenden Make-up-Farben, türkis, pfirsich, fuchsia, rot.
    »Die hier, glaube ich.« Ein metallenes Klicken, das Schnalzen von Latexhandschuhen, die übergestreift wurden, etwas, das aus dem Werkzeugkasten genommen wurde. Gütiger Gott, was ist das? Ein Skalpell? Er griff nach unten und hielt ihre rechte Brust fest. »Also.« Ein Schweißtropfen fiel von seiner Stirn in ihr Haar. »Sind wir bereit?«

     
    Um drei Uhr nachmittags kamen Detective Sergeant Logan und Detective Sergeant Fiona Quinn in der kleinen Wohnung zwischen Greenwich und Lewisham an. Begleitet von einem uniformierten Beamten gingen sie mit ernsten Gesichtern aufs Haus zu und hielten den Durchsuchungsbefehl bereit. Sie erwarteten nicht, daß jemand öffnete. Fiona diktierte in ihr Tonbandgerät:
    »Es ist jetzt fünfzehn Uhr vierzehn, Halesowen Road Nummer 7, Vermerk für die

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