Der Vollstrecker
Blut zu kosten. Sie leiden zu sehen. Aber er wusste, wie wichtig es war, Geduld zu haben.
Er öffnete den Minikühlschrank in der Ecke und strich mit dem Finger über die kleine gläserne Ampulle. Sie enthielt das Blut, das er seinem letzten Opfer entnommen hatte.
Bislang war alles nach Plan gelaufen, aber dann war etwas Unvorhergesehenes passiert. Er starrte auf das Foto auf der Titelseite der L. A. Times . Eine Unwägbarkeit. Aber sie wäre schnell aus der Welt geschafft. Nichts und niemand würde ihn von seinem Ziel abbringen.
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I ch fasse es nicht. Er hat uns angelogen!«, schäumte Garcia.
»Ich hatte Sie gebeten, seinen Hintergrund zu überprüfen. Haben Sie irgendwas rausgefunden?«, fragte Hunter, an Hopkins gewandt.
Dieser nickte und kramte in seiner Mappe. »Im Gegensatz zu Brett Stewart Nichols war James Reed in jeder Hinsicht ein Musterschüler. Er hat während der gesamten Schulzeit einen Notenschnitt von sehr gut gehalten und seinen Abschluss 1987 mit Auszeichnung gemacht. Danach ist er gleich aufs College gegangen â UCLA. Zwei Hauptfächer, Mathematik und Physik, und auch da waren seine Noten herausragend. Direkt nach der Universität ist er in die Softwareentwicklung gewechselt und hat mehrere Jahre bei einem Gamedesigner namens Konami hier in L. A. gearbeitet. Das ist eine der gröÃten Firmen in der Branche. Er hat viel Geld mit der Entwicklung von Ballerspielen verdient. Seine Mutter, die Vater Fabians Algebralehrerin war, wurde vor etwa drei Jahren krank, etwa zum selben Zeitpunkt hat er bei Konami gekündigt.« Er sah Hunter an. »Dann sollte ich ja noch überprüfen, wo er als Kind gewohnt hat. Raten Sie mal.« Er grinste. »Nur ein paar Häuser weiter von unserem Priester.«
»Deswegen hat Elder ihn markiert. Wenn er in derselben StraÃe gewohnt hat wie Brett, muss er eine beliebte Zielscheibe gewesen sein.«
»Komisch, dass er das gar nicht erwähnt hat, als wir gestern mit ihm gesprochen haben«, meinte Garcia, der noch immer verärgert war. »Ich finde, wir sollten ihm noch mal einen Besuch abstatten und diesmal die Samthandschuhe im Wagen lassen.«
»Sie haben auch den Nagel auf den Kopf getroffen, als Sie mir gesagt haben, ich soll doch mal überprüfen, wer damals seine direkten Nachbarn waren und ob sie Kinder im selben Alter hatten«, fuhr Hopkins fort und nickte Hunter zu. »Da wär ich nie drauf gekommen.«
»Und was haben Sie rausgefunden?«
»Die Nachbarn hatten zwei Kinder, einen Jungen und ein Mädchen, beide ungefähr in Jamesâ Alter. Sie waren nicht auf derselben Schule wie er, sondern auf der Centennial High an der North Central Avenue. Der Junge hieà Keyon Powell, er ist jetzt Arzt und lebt in Colorado, aber seine Schwester, Kelly Powell, inzwischen Kelly Sanchez, ist Anwältin und lebt mit ihrem Mann und zwei Kindern in Santa Monica.« Hopkins reichte Hunter das Bild.
Dieser studierte es einen Moment lang, bevor er auf die Uhr sah.
»Vielleicht sollten wir zuerst mit ihr reden â jetzt gleich.«
»Klingt nach einem Plan«, sagte Garcia und griff nach seiner Jacke.
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D ie Kanzlei Hardgrave and Mortimer nahm den dritten, vierten und fünften Stock des groÃen Bürogebäudes an der Ecke Sixth Street und Broadway in Santa Monica ein. Hunter hatte von unterwegs aus in der Kanzlei angerufen, um sicherzugehen, dass Kelly Sanchez nicht bei einem Gerichtstermin war.
Am Empfang teilte ihnen eine junge und ausnehmend attraktive Rothaarige mit, dass es ohne Termin so gut wie unmöglich sei, mit Mrs Sanchez zu sprechen, aber Hunters Polizeimarke zauberte dann doch noch eine freie halbe Stunde in deren überfülltem Terminplan herbei.
Nichtsdestotrotz verstrichen noch mehrere Minuten, bis die Rezeptionistin von Mrs Sanchez das Okay erhalten hatte, den unangemeldeten Besuch vorzulassen. Sie folgten ihr einen Gang entlang, an dessen Wänden Fotos und gerahmte Zeitungsausschnitte hingen, gingen an einer Vitrine mit Golftrophäen vorbei und bogen schlieÃlich in einen zweiten Gang ein. Kelly Sanchezâ Büro war das vorletzte auf der rechten Seite. Die rothaarige Empfangsdame klopfte leise an und wartete exakt drei Sekunden, bevor sie die Tür öffnete und sie in ein groÃzügiges und luxuriös eingerichtetes Büro führte. Elegante, klassische Möbel, Ãlbilder an den Wänden, ein
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