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Der Vollstrecker

Der Vollstrecker

Titel: Der Vollstrecker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chris Carter
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Ihre schulterlangen braunen Haare waren zu einem unordentlichen Pferdeschwanz zusammengebunden, die dunklen Augen wirkten schwer und müde. Sie schien ausgiebig geweint zu haben. Sie trug eine dunkelblaue Jeans und einen schwarzen Pullover. Hunter und Garcia stellten sich vor und warteten geduldig, während Tania Riggs ihre Dienstmarken in Augenschein nahm.
    Â»Bitte kommen Sie rein«, sagte sie dann leise und trat einen Schritt nach links, um sie vorbeizulassen.
    Ein Hauch von Duftkerzen lag in der Luft. Jasmin, mutmaßte Hunter.
    Â»Setzen Sie sich doch.« Sie zeigte auf eine niedrige blaue Couch, deren Sitzfläche mit zahlreichen Polsterknöpfen besetzt war. Das Wohnzimmer war geräumig und offen, aber nur spärlich möbliert. Abgesehen von der Couch gab es lediglich zwei Sessel, einen hölzernen Wohnzimmertisch, einen Esstisch aus Acryl mit vier Stühlen und an der hinteren Wand ein halb leeres Bücherregal.
    Â»Möchten Sie vielleicht etwas zu trinken?«, fragte sie matt.
    Â»Nein, vielen Dank, Mrs Riggs, das ist nicht nötig«, antwortete Hunter und nahm auf der Couch Platz. Sie war erstaunlich bequem.
    Â»Nennen Sie mich ruhig Tania. Wenn ich ›Mrs Riggs‹ höre, fühle ich mich noch älter, als ich ohnehin schon bin.« Sie entschied sich für den Sessel, der am weitesten von der Couch entfernt stand. Ein klares Zeichen dafür, dass sie nicht oft Besuch hatte.
    Â»Was Miss Reilly passiert ist, tut uns sehr leid«, sagte Hunter leise und mit ernster Stimme.
    Tania kniff fest die Augen zusammen, und zwei Tränen rollten ihr die Wange hinab.
    Â»Waren Sie schon lange befreundet?«
    Sie nickte traurig. »Fast dreißig Jahre. Ich habe damals genau eine Woche vor Mandy bei Palm Properties angefangen. Wir haben uns auf Anhieb gut verstanden. Ich war vermutlich die Einzige in der Firma, die sie nicht gehasst hat.«
    Â»Sie gehasst?«, fragte Garcia neugierig.
    Tania zögerte einen Moment, als sei ihr etwas herausgerutscht, das sie besser für sich behalten hätte. Dann versuchte sie zu erklären. »Mandy war sehr hübsch, sehr ehrgeizig und sehr gut in ihrem Beruf. Außerdem hatte sie eine tolle Ausstrahlung, und sie besaß ein Gespür dafür, wie man mit Kunden umgehen muss. Es war von Anfang an klar, dass sie es weit bringen würde, deswegen hat es nicht lange gedauert, bis die ersten neidischen Blicke kamen. Es gab keinen männlichen Kollegen und keinen Kunden, der nicht mit ihr ins Bett wollte.« Tania überlegte kurz. »Ein paar von den Frauen wahrscheinlich auch. Das Immobiliengeschäft ist hart. Jeder will seine Konkurrenten ausstechen, um jeden Preis besser sein als die anderen. Nicht immer mit fairen Mitteln.« Ihre Hand zuckte an ihre Stirn, glitt zum Haaransatz und blieb dort einen Augenblick liegen. »Niemand freut sich für einen, wenn man gute Arbeit leistet, nur die Chefs, weil sie daran verdienen. Und Mandy hat immer gute Arbeit geleistet, sehr gute Arbeit.«
    Â»Wenn Sie sagen, sie wurde gehasst, dann meinen Sie also, dass die Leute neidisch auf sie waren?«, fragte Hunter.
    Â»Ja. Auf ihre Schönheit und auf ihren Erfolg.«
    Â»Aber Sie nicht?« Die Frage kam von Garcia.
    Tania schüttelte den Kopf. »Sehen Sie mich an«, sagte sie mit einem schiefen Lächeln. »Ich bin nicht Miss America, und ich werde es auch nie sein. Ich habe immer schon so ausgesehen wie jetzt, ich war immer dick. Ich wusste ganz genau, dass ich nie im Leben so sein würde wie Mandy, deswegen hat es mich nicht besonders gestört. Und ich hatte auch nie so viel Ehrgeiz wie sie.« Sie hielt inne und wischte sich mit der linken Hand die Tränen weg. »Ehrlich gesagt war ich froh, dass sie sich mit mir angefreundet hat. In der Schule hatte ich kaum Freunde. Die anderen haben sich ständig über mich lustig gemacht, weil ich dick war und nicht hübsch genug. Ich habe so getan, als würde mir das nichts ausmachen, aber natürlich hat es trotzdem ziemlich weh getan. In der Schule habe ich mir nie was anmerken lassen, aber zu Hause hatte ich fast jeden Abend einen Heulkrampf.«
    Hunter nickte verständnisvoll, als die flüchtige Erinnerung in seinem Gedächtnis an die Oberfläche trieb, wie schlaksig und ungelenk er während seiner Schulzeit gewesen war.
    Â»Ich wusste genau, wie Mandy sich gefühlt hat, wenn alle sie schief angesehen und hinter ihrem Rücken

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