Der Vollstrecker
Geschrei hörte.
»Wer zum Henker hat dir erlaubt, hier zu sitzen?« Donna Higgins, die Besitzerin des Diners, stand am Tisch des Mexikaners und lieà eine Schimpftirade auf ihn los.
»Es tut mir leid«, sagte der Mann und zog den Kopf ein. »Die Kellnerin hat gesagt, das geht in Ordnung.«
»Welche Kellnerin?«
Er sah verängstigt zu Boden, ohne etwas zu sagen. »Ich brauche auch nicht lange. Ich esse ganz schnell, versprochen.«
»Es ist mir scheiÃegal, wo und wie du isst, solange du es nicht in meinem Lokal machst!«
»Ich will ja nichts geschenkt, Miss. Ich habe Geld. Ich kann mein Essen bezahlen.«
»Klar hast du Geld!«, höhnte Donna und fuchtelte wild mit den Armen herum. »Weil duâs irgendwo geklaut hast.«
»Das ist nicht wahr! Ich habe jemandem geholfen, sein Auto anzuschieben, und er hat mir ein paar Dollar dafür gegeben.« Er zeigte ihr eine Handvoll Münzen und einen Ein-Dollar-Schein. »Ich kann auch drauÃen essen oder hinten im Hof, Miss, das ist mir egal. Ich will bloà was Warmes, vielleicht Eier mit Speck und ein Glas Milch. Ich habe schon seit zwei Tagen nichts mehr gegessen.«
»Und von mir kriegst du ganz bestimmt auch nichts. Ich wette, du bist einer von diesen dreckigen Illegalen!«
Unwillkürlich fuhr der Mann zusammen.
»Dachte ichâs mir doch. Los, zisch ab!« Sie wies auf die Tür. »Sonst rufe ich die Polizei.«
Seine traurigen Augen glitten durch den Raum. Die anderen Gäste starrten ihn an, niemand sagte etwas. Ohne ein Wort steckte er sein Geld ein und ging.
»Hallo!« Gerade als er um die Ecke biegen wollte, hörte er jemanden hinter sich rufen. »He, warten Sie doch mal kurz!« Es war eine Frauenstimme. Er blieb stehen und drehte sich um. Es war die nette Kellnerin von eben. Sie hielt eine braune Papiertüte in der Hand.
»Mögen Sie Gurken?«, fragte sie.
Er runzelte verständnislos die Stirn.
»Sie wissen schon, Gurken. Eingelegte Gurken.«
Er nickte zögerlich.
»Hier.« Sie hielt ihm die Tüte hin. »Da sind ein doppelter Cheeseburger mit Pommes und eine Flasche Milch drin. Der Cheeseburger ist mit Gurken.« Sie lächelte.
Er sah sie voller Dankbarkeit an, bevor er in seine Hosentasche langte.
»Nein, nein«, wehrte sie ab. »Sie müssen das nicht bezahlen. Schon okay.«
»Ich will keine Almosen, Miss. Ich habe Geld und will mein Essen bezahlen.«
»Ich weiÃ, ich hab Ihr Geld gesehen. Das ist auch gar kein Almosen. In der Küche haben sie mir zu viel Essen für meine Mittagspause gemacht. Ich bin gerade auf Diät«, log sie und hielt ihm erneut die Tüte hin. »Hier, nehmen Sie ruhig. Ich kann das unmöglich alles aufessen, und am Ende würde es bloà im Müll landen.«
Er zögerte einen Moment lang, bevor er schlieÃlich die Tüte nahm und lächelte. »Vielen Dank. Sie sind ein sehr netter Mensch.«
Mollie sah ihm nach, bevor sie in den Diner zurückging.
»Du kannst dir einen neuen Job suchen, du vorwitziges kleines Luder«, eröffnete ihr Donna Higgins, sobald sie durch die Hintertür zurück in die Küche geschlüpft war.
»Was? Wieso denn?«
»Wer hat dir gesagt, dass du Pause machen kannst, wenn da drinnen die Hölle los ist?«
»Aber ich war nicht mal drei Minuten weg!«
»Ist mir scheiÃegal. Du hast unerlaubt Pause gemacht, und du hast Essen geklaut.«
Mollie war fassungslos. »Ich hab kein Essen geklaut!«
»Ach nein? Und was ist mit dem Cheeseburger und den Pommes und der Milchflasche, die du aus dem Kühlschrank gestohlen hast?«
Mollies Gesicht verhärtete sich. »Ich hätte das alles bezahlt.«
»Darauf kannst du Gift nehmen. Deswegen kriegst du heute auch keinen Lohn.«
»Was?« Panik stieg in Mollie auf. »Bitte, Mrs Higgins, es tut mir wirklich leid. Ich hätte das Essen nicht nehmen sollen, ohne zu fragen, und ich werde es bezahlen. Ich kann auch Ãberstunden machen, wenn Sie möchten. Ich brauche das Geld für die Miete.«
»Du Ãrmste.« Donna Higgins verzog in gespieltem Mitleid das Gesicht. »Daran hättest du denken sollen, bevor du mich beklaut hast. Und jetzt pack deine Sachen zusammen und mach, dass du wegkommst!«
Er saà nun schon seit mehr als acht Stunden an seinem Fensterplatz in dem kleinen Diner mit Blick auf die Bushaltestelle. Seine
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