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Der Vollstrecker

Der Vollstrecker

Titel: Der Vollstrecker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chris Carter
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Wort über die Prügel, den Missbrauch und die Demütigungen, die sie von ihrem Vater erfahren hatte. Sie schämte sich.
    Hunter hatte recht gehabt. Da sie im Alter von vierzehn Jahren von zu Hause ausgerissen war, hatte Mollie schneller als andere Kinder erwachsen werden müssen.
    Sie erzählte ihnen auch, wie die Alpträume und Visionen aufgehört hatten, nachdem sie Pennsylvania verlassen hatte, und wie froh sie gewesen war, sie endlich los zu sein. Aber dann, vor ein paar Tagen, hatten sie mitten in der Los Angeles Union Station wieder angefangen.
    Â»Was genau hast du gesehen?« Hunters Tonfall war sanft und beruhigend.
    Sie versteifte sich und umklammerte mit beiden Händen ihre Tasse. »Ich kann diese Visionen nicht kontrollieren. Die Bilder sind nicht immer klar. Meistens ist es so, als würde ich einen Film anschauen.«
    Â»Gewissermaßen als Zuschauer?«
    Â»Genau.« Ein zaghaftes Nicken. »Aber die Vision in der Union Station war anders.«
    Â»Inwiefern?«
    Sie atmete tief ein und heftete den Blick auf die Tischplatte. »Diesmal war ich mittendrin. Ich hab ihn angegriffen.« Ihre Stimme wurde immer leiser und verebbte.
    Â»Du hast sie aus deiner Perspektive erlebt?«, hakte Garcia nach.
    Sie schwieg kurz, dann: »Ich war der Mörder.«
    Garcia sah einen Moment lang beunruhigt aus.
    Â»Warte mal«, mischte sich Hunter ins Gespräch. »Du hast eben gesagt, du hast ihn angegriffen. Wen?«
    Erneut ein tiefer Atemzug. »Einen Priester.«
    Hunters Miene blieb unbewegt. Er wusste, dass emotionale Reaktionen seinerseits, und sei es nur ein erstaunter Gesichtsausdruck, das Ganze für sie nur noch schwerer gemacht hätten.
    Â»Wir waren in irgendeiner Kirche, keine Ahnung, wo. Es war dunkel. Der Priester hat vor mir auf dem Boden gekniet und geweint.« Sie trank einen Schluck von ihrer heißen Schokolade, und Hunter sah, wie ihre Hände zitterten. »Ich hab ihm was gezeigt … ein Stück Papier, glaube ich.«
    Â»Ein Stück Papier?«, hakte Garcia nach.
    Sie nickte.
    Â»Könnte es ein Foto oder eine Zeichnung gewesen sein?«, fragte Hunter.
    Â»Kann sein. Ich weiß nicht.«
    Der Verkehr auf der East First Street nahm zu. Ein Fahrer würgte mitten auf der Straße den Motor seines Wagens ab, was ein Hupkonzert zur Folge hatte. Sie wartete, bis der Lärm sich gelegt hatte. »Ich hab’s nie selbst gesehen, ich hab es nur dem Priester hingehalten.«
    Hunter machte sich eine Notiz in seinem schwarzen Büchlein. »Was hast du dann gesehen?«
    Sie zögerte kurz, als ergebe das, was sie im Begriff war zu sagen, überhaupt keinen Sinn. »Da war ein Hundekopf. Ich hab dem Priester einen Hundekopf gezeigt, und das hat ihn in Todesangst versetzt.«
    Â»Woher hattest du den Hundekopf?« Die Frage kam von Garcia.
    Â»Ich weiß nicht.« Sie schüttelte den Kopf. »Ich hatte ihn halt dabei.« Wieder zögerte sie. »Den Kopf und das Schwert, mit dem ich …« Ihre Stimme versickerte.
    Hunter ließ ein paar Sekunden verstreichen, bevor er sie fragte, ob sie sich noch daran erinnern könne, in welcher Hand sie das Schwert gehalten habe.
    Â»In der rechten«, sagte sie bestimmt.
    Â»Kannst du dich an irgendwelche Besonderheiten erinnern? Hautfarbe? Ringe? Eine Uhr?«
    Sie überlegte kurz. »Schwarze Handschuhe.«
    Der Wind hatte aufgefrischt. Immer mehr schwarze Wolken ballten sich über ihnen zusammen. Es wurde kälter, aber das Mädchen schien dies gar nicht zu bemerken.
    Â»Erinnerst du dich sonst noch an irgendwas?«
    Sie nickte und sah Hunter direkt in die Augen. »Die Zahl Drei. Ich hab sie dem Priester auf die Brust geschrieben, nachdem ich ihn getötet hatte.«
    Diesmal war es nicht der kalte Wind, der Garcia erschauern ließ.
    Hunter hielt ihren Blick fest. Bis eben hätte Mollie sämtliche Informationen, die sie ihnen gegeben hatte, aus der Zeitung haben können. Die Geschichte, dass der Täter dem Opfer einen Zettel oder ein Foto gezeigt hatte, hätte sie sich ausgedacht haben können. Sie hatten keine Möglichkeit, es nachzuprüfen. Aber nicht die Sache mit der Zahl. Das hätte sie niemals wissen können.
    Â»Als du zu uns gekommen bist«, brach Hunter das unangenehme Schweigen, »kurz bevor ich aus dem Vernehmungszimmer gegangen bin. Da hast du etwas zu mir gesagt, weißt du noch?«
    Er bekam keine

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