Der Vollstrecker
können. Ein bisschen rumfragen, in den Archiven stöbern«, sagte er mit einer Geste in Richtung Hopkins, ihm auch das Blatt mit Amanda Reillys Daten zu geben.
»Soll ich vorher bei den Schulen anrufen?«, erbot sich Hopkins.
»Da werden Sie bestimmt nur von einem zum anderen weitergereicht. AuÃerdem gibt es vor Ort bestimmt ein paar Fotos, die wir uns ansehen können.« Hunter wandte sich an Garcia. »Ich übernehme die Schule von Vater Fabian in Compton, du übernimmst Amandas Highschool in Gardena, einverstanden?«
Garcia nickte.
»Ich bin immer noch dabei, die beiden Fotos aus dem Haus in Malibu mit den Vermisstenlisten und der Morddatenbank abzugleichen.« Hopkins ging zu seinem Computer, und nach ein paar Mausklicks erschienen die Bilder auf dem Schirm. »Bis jetzt noch keine Treffer.«
»Bleiben Sie dran«, sagte Hunter. Dann fiel ihm Hopkinsâ zweifelnde Miene auf. »Stimmt was nicht?«
»Ich habe über die Sache nachgedacht. Was, wenn die beiden schon vor längerer Zeit getötet wurden? Vielleicht schon vor Jahren?«, brachte Hopkins behutsam vor, die Augen auf die Fotos gerichtet. »Das würde auch erklären, warum sie bis jetzt noch nicht aufgetaucht sind und weshalb wir keine Verbindung zwischen ihnen finden. Vielleicht hat der Killer schon vor einiger Zeit angefangen zu töten und musste dann aus irgendeinem Grund aufhören. Und jetzt hat er wieder angefangen.« Nachdenklich drehte Hopkins seine Armbanduhr hin und her.
»Verdammt!«, rief Hunter. Er riss die Augen auf und sah angestrengt von Hopkins zum Bildschirm und wieder zurück.
»Habe ich was falsch gemacht?«, fragte Hopkins verunsichert.
»Die beiden wurden nicht schon vor langer Zeit ermordet«, verkündete Hunter energisch. »Sondern innerhalb der letzten fünf Monate.«
Garcia runzelte die Stirn. Er konnte seinem Partner nicht folgen. »Und woher willst du das wissen?«
»Die Uhr«, sagte Hunter und tippte auf den Bildschirm.
Garcia und Hopkins beugten sich vor und betrachteten mit zusammengekniffenen Augen die Armbanduhr am linken Handgelenk des Mannes, die aufgrund des Bildausschnitts nur halb zu sehen war. Nach wenigen Sekunden zuckte Garcia mit den Schultern.
»Man kann sie doch gar nicht richtig erkennen«, sagte er und richtete sich wieder auf. »Die Hälfte ist abgeschnitten.«
»Verdammt!«, rief nun auch Hopkins. »Das ist eine Special Edition zum NBA-Finaleinzug der L. A. Lakers! Die ist erst diesen Juli auf den Markt gekommen, nach dem Basketball-League-Finale im Juni.«
»Woher zum Geier wissen Sie das?«, fragte Garcia.
»Weil er dieselbe Uhr hat«, sagte Hunter, woraufhin sich alle Blicke auf Hopkinsâ Handgelenk richteten. »Rufen Sie in der Rechtsmedizin an. Besorgen Sie sich eine Liste mit allen persönlichen Gegenständen sämtlicher männlicher Leichen, die in den letzten acht Wochen eingeliefert wurden. Wenn wir die Uhr haben, haben wir auch Opfer Nummer eins.«
77
Früher am selben Abend
O bwohl er müde gewesen war, hatte er nachts kaum geschlafen. Die lauten und anhaltenden Geräusche aus dem Nachbarzimmer hatten ihn jedes Mal, kaum dass er kurz eingenickt war, wieder aus dem Schlaf gerissen. Eigentlich hätte er mittlerweile daran gewöhnt sein müssen. Männer, die stöhnten und grunzten und schnauften wie verwundete Tiere, dazu schrille Frauenstimmen, die »Härter, Baby, härter!« quiekten. Nacht für Nacht hörte er den Lärm. Manchmal, wenn er davon aufwachte, dachte er zunächst, es wäre ein Erdbeben, weil die Nachbarn so heftig gegen die Wand stieÃen, dass der ganze Raum davon erzitterte. Aus irgendeinem Grund hatten die Schreie letzte Nacht noch lauter geklungen als sonst, und das Wummern war noch heftiger gewesen, fast brutal. Bis fünf Uhr morgens hatte es angedauert.
Er verlieà das Hotel wie jeden Tag frühmorgens. Seine erste Anlaufstelle war immer die kleine Kirche ein paar StraÃen weiter. Es erfüllte ihn mit Zorn, dass eine verkommene Absteige wie die, in der er untergekrochen war, in unmittelbarer Nähe eines Gotteshauses stand. Sobald er gefunden hatte, wonach er suchte, würde er nie wieder einen Fuà in diese Stadt setzen. Das war keine Stadt der Engel; es war die Stadt der Sünde. Die Stadt der Teufel.
Um neun Uhr morgens lag die Temperatur bei etwa zwölf Grad. Die meisten Leute
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