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Der Vollzeitmann

Titel: Der Vollzeitmann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Achim Achilles
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absichtlich machte. Manche riefen auch an oder klingelten oder stießen mit Besen gegen Boden oder Decke. Denn Julia hatte inzwischen alle Zügel fallen lassen, so sie jemals welche gehabt hatte. »Ja, du Sau«, juchzte sie, »härter, mach’s härter, ja, mach’s mir, du geile Sau.« Jochen konnte machen, was er wollte, aber er bekam immer wieder einen Ständer, wenn der nicht schon in Phase I gewachsen war. Als er sich ins Bett legte, operierte Julia bereits in Phase III, die Jochen »Schlachthof-Symphonie« nannte. Julia heulte und schrie: »Nein, nein, nein, bitte nicht, hör’ nicht auf! Aua, aaah, nein, ooohuuh, tiefer, ooh neinneinnein, oh bitte, bitte, bitte nicht, oh Gott, oh mein Gott« - und dann ein markerschütternder Schrei, der die Weißbiergläser im Küchenschrank klappern ließ.
    Bretti musste sich fühlen wie Rocco Sifredi. Was Jochen umso mehr wunderte, da Bretti weder schön noch schlank, noch untenrum irgendwie auffallend gut bestückt war. Bretti hatte sich letztes Jahr allerdings mal ein Buch gekauft mit dem Titel: »Hundert Wege, eine Frau in den Wahnsinn zu treiben.«
    Jochen hatte sich das Buch natürlich geliehen, auch wenn er nicht an solche Ratgeber glaubte. Die vermeintlichen Geheimtipps waren ja doch immer die gleichen. Jochen würde Julia genauso in die Raserei treiben, auch ohne Buch. Leider ließ sie ihn nicht. Jochen fragte sich, ob die beiden immer noch oder schon wieder rammelten. Schwer vorzustellen, dass Julia schon die ganze Nacht lang fast abkratzte. Das hätte sie nicht überlebt.
    Denn Bretti hatte eine ebenso rüde wie wirkungsvolle Methode entwickelt, die Krawallschachtel zu dämpfen. Er drückte Julia einfach sein Kopfkissen ins Gesicht. Und wenn sie sich wehrte, drückte er noch fester.Eigentlich werden
unliebsame Familienmitglieder auf diese Weise umgebracht. Aber Julia fand es geil, halb zu ersticken.
    Sauerstoffmangel bewirkt beim Sex offenbar Wunderdinge. Halb Hollywood ist inzwischen mit einem Gürtel um den Hals an Türklinken oder Hotelschranktüren gefunden worden, die wenigsten lebendig. Wahrscheinlich hatte sich Michael Jackson in Wirklichkeit mit einem Lakritz-Lasso an die Ankerwinde vom Barbie-Traumschiff geknotet - aber das war den Angehörigen doch zu peinlich zum Bekanntgeben. Es sei denn, irgendwer hätte gesponsert.
    Jochen hatte mal versucht, sich beim Wixen die Luft abzudrücken, aber er war völlig durcheinandergekommen mit seinen beiden Händen und den unterschiedlichen Bewegungsabläufen. Irgendwann jedenfalls schubberte er an seinem Hals auf und ab, während er seinen Schwanz würgte. Auch nicht schlecht.
    Jochen hatte sich allerdings nicht getraut, eine Lidl -Tüte über den Kopf zu stülpen. »Zieh dir immer frische Unterwäsche an, falls du mal einen Autounfall hast oder aus sonst irgendeinem Grund in die Verlegenheit kommst, in einem Notarztwagen zu landen«, hatte seine Mutter immer gesagt. Da Jochen schon nicht mit attraktiver Unterwäsche dienen konnte, weil er schlichtweg keine hatte, wollte er zumindest nicht auch noch mit einer Tüte über dem Kopf von der Kripo gefunden werden, schon gar nicht mit einer von Lidl .
    Jochen überlegte, ob die edle Tüte noch in seiner Plastiktütenschublade steckte? Er hatte vor drei Jahren im Ausverkauf mal Boss -Socken im Doppelpack erworben. Jochens Kalkulation: Wenn der Schriftzug zwischen Billighose und abgeschabten Tretern hervorlugte, dachten alle Leute, er wäre ein Understatement-Typ, der sich aus teuren Klamotten nichts machte, auch wenn er sie sich leisten konnte, wie
die Socken ja scheinbar bewiesen. Inzwischen hatte er leider nur noch einen Strumpf von jedem Paar, einen weinroten und einen dunkelgrünen, womit sich eine weitere Lebensregel seiner Mutter bewahrheitete, nämlich die, dass man sein Leben lang die gleichen Strümpfe kaufen sollte, um nie das Problem der Single-Socke zu haben. Fraglich, ob die Leute ihn mit zwei verschiedenen Boss -Socken immer noch für einen Understatement-Typen hielten oder einfach nur für einen Volltrottel, der seine Socken nicht zusammenhalten konnte.
    Warum zum Teufel dachte er eigentlich über einzelne Socken nach, während Julia keine sechs Meter Luftlinie entfernt soeben getötet wurde? Ach ja, die Tüte. Hatte er für die Socken damals nicht nur so einen kleinen Beutel bekommen? Jochen war zu bequem, um aufzustehen und in seinem Spezialkarton für edle Verpackungen nachzuschauen, wo auch die wattierten Briefumschläge lagen, die fast aussahen wie neu

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