Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Der Vollzeitmann

Titel: Der Vollzeitmann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Achim Achilles
Vom Netzwerk:
Prinzip war es wie mit Wasser: Es gab jede Menge Geschmacksrichtungen: Bergsee, Nordsee, Kanalisation oder dezent aromatisiert. Ich könnte mich bei »Wetten, dass …« bewerben, dachte Lars. Ich wette, dass ich zwanzig Frauen nur an ihrem Geschmack erkenne. Da würden diese ganzen blasierten Rotweinschmatzer aber staunen. Könnte allerdings sein, dass nicht alle seiner Kunden diese Leistung auch adäquat zu schätzen wüssten.
    »Wenn du Stil hast, dachte Lars, dann verzwitscherst du dich jetzt einfach.«
    Tanja merkte offenbar,dass Lars nicht mit voller Konzentration bei der Sache war. Sie rutschte abwärts und flanschte ihre beiden Körper mit traumwandlerischer Sicherheit zusammen. Lars mochte diesen schlangenartigen Hüfteinsatz, der Routine, aber eben auch unstillbare Freude verriet.
    Er hob das Becken rhythmisch und zählte in Gedanken mit. Bis zum achtzehnten Stoß stöhnte Tanja, bis zweiunddreißig quietschte sie, immer lauter, und knapp über vierzig endete sie mit einem spitzen kleinen Schrei. Wenn sie einen Orgasmus vorgetäuscht hatte, dann hatte sie sich wenigstens halbwegs Mühe gegeben.

    Lars küsste sie auf die Stirn und sagte »Danke«. Wofür eigentlich? Egal. Wer »Danke« sagt, erspart sich alle weiteren Debatten. Tanja schmiegte sich noch einmal an ihn, dann stand sie auf. Wenn du Stil hast, dachte Lars, dann verzwitscherst du dich jetzt einfach. Zwei Minuten später hörte er die Tür ins Schloss fallen. Hurra.

    Maik stand nackt im Bad. Er untersuchte seinen Körper nach frischen Gebrauchsspuren, insbesondere Schultern und Oberarme, in die sich Frauen so gern mit ihren Fingernägeln krallten. Seit er kaum noch selbst im Garten arbeitete, sondern vor allem Kunden gewann und die Pläne entwarf, hatte sein Oberkörper deutlich gelitten. Aber im Vergleich zu den anderen Mittvierzigern mit ihren Matschleibern war er immer noch relativ weit vorn. Es schadete nicht, dass er in letzter Zeit jede freie Minute für seine Waldläufe nutzte.
    Maik stellte das Wasser der Dusche eine Spur kälter ein, als es angenehm war. »Du musst immer wieder raus aus dem Wohlfühlbereich«, hämmerte er sich ein, »keine Trägheit, keine Routine.« Fröstelnd stellte er sich unter den kühlen Wasserstrahl.
    Wo war sein Duschgel? Ulrikes Flaschen standen wie eine Armee auf dem kleinen Kachelvorsprung. Auf den Plastikbuddeln standen Worte wie »Wellness«, »Relax« oder »Balance«. Duschgel- und Shampoo-Texte gaben nicht den Inhalt der Flaschen wieder, sondern das Bedürfnis ihrer Käufer. Demnach war Ulrike erstens unwohl, zweitens unentspannt und drittens aus dem Gleichgewicht. Stimmte genau.
    Maik überlegte, ob er, nass wie er war, im Bad nach seinem extracoolen Polar-Duschgel suchen oder stattdessen eine
von Ulrikes Psycho-Pullen nehmen sollte. »Relax« erschien ihm als am wenigsten verdächtig. Das Zeug roch nach Industrie-Ingwer. Maik seifte seinen Schwanz dreimal gründlich ein. »Relax« brannte leicht, aber nicht unangenehm.

8 UHR

    Jochen hörte schon auf der Treppe, dass Bretti wach war. Und wie. Würde er das Geräusch zum ersten Mal hören, hätte er umgehend die Polizei gerufen oder den Notarzt oder die Sitte oder alle drei gleichzeitig, was allerdings weniger an Bretti lag als an Julia. Sie klang, als würde sie erstickt, was auch stimmte. Julia war eine unscheinbare Person mit mittellangen Haaren, mittelgroßen Möpsen, mittellangen Beinen, einem mittelprallen Hintern und mittelscharfer Aura. Nur ihre Klamotten waren unterdurchschnittlich. Jede bulgarische Erntehelferin war schicker als Julia.
    Aber in einer Disziplin war sie absolute Weltspitze: Radau beim Sex. Sie schrie nicht, sie brüllte wie am Spieß, sie quiekte, grunzte, röhrte und winselte. Jochen fand Julia zwar ansonsten überflüssig, aber dieses Getöse machte ihn rattenscharf. Zumal Julia nicht nur unkontrollierte Laute ausstieß wie »Jajaja« oder »Ohohoh«, sondern die Zuhörer keine Sekunde im Unklaren ließ, in welchem Stadium sie sich gerade befand und was der Herrgerade mit ihr anstellte. In Phase I zum Beispiel kommentierte sie die Anstrengungen des Mannes wie ein Sportreporter, etwa »Oh ja, das ist gut, mach weiter so. Ja, schneller, noch schneller, ja, bleib da, oh Mann. Das ist so gut. Ja, etwas fester, ja so, jetzt bleib so, mach weiter, jajaja.«
    Spätestens in Phase II meldeten sich die ersten Nachbarn, brüllten durch den Hof, wenn Bretti mal wieder das Fenster
offen gelassen hatte, was der alte Angeber garantiert

Weitere Kostenlose Bücher