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Der Wachsblumenstrauß

Der Wachsblumenstrauß

Titel: Der Wachsblumenstrauß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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Sie! England ist heute voller Gesindel – Gangster und Verbrecher – der Bodensatz des Krieges. Herumtreiber, die einfach wehrlose Frauen umbringen. Und niemand hat den Mut, dem ein Ende zu setzen und mit eiserner Hand durchzugreifen. Ich frage mich wirklich, wo das noch alles hinführen soll in diesem Land.«
    Mr Entwhistle war dieses Szenario allzu vertraut. Seit zwanzig Jahren stellte praktisch jeder seiner Klienten früher oder später diese Frage, und er hatte seine routinierte Antwort parat. Die nichtssagenden Worte, die er äußerte, waren wenig mehr als ein begütigendes Murmeln.
    »Und angefangen hat das alles mit der verdammten Labour-Regierung«, ereiferte Timothy sich. »Die hat ganz England auf den Kopf gestellt! Und die Regierung, die wir jetzt haben, ist um keinen Deut besser. Saft- und kraftlose Leisetreter, diese Sozis! Sehen Sie sich doch nur an, wie wir hier leben müssen! Kein anständiger Gärtner ist zu bekommen, kein Personal – die arme Maude muss sich in der Küche abrackern – übrigens, meine Liebe…« – er sprach zu seiner Frau –, »wie wäre es mit etwas Vanillepudding nach der Seezunge heute Abend? Und vorher vielleicht eine Consommé?… Ich muss bei Kräften bleiben… das sagt auf jeden Fall Doktor Barton… wo war ich stehen geblieben? Ach ja, Cora. Es ist ein Schock, sage ich Ihnen, erfahren zu müssen, dass die Schwester – die eigene, leibliche Schwester – ermordet worden ist! Ich hatte mindestens zwanzig Minuten lang Herzflimmern! Sie werden sich um alles an meiner statt kümmern müssen, Entwhistle. Ich kann auf keinen Fall zur gerichtlichen Untersuchung fahren und will mich auch um nichts kümmern müssen, das mit Coras Hinterlassenschaft zu tun hat. Ich will das Ganze nur so schnell wie möglich vergessen. Was passiert übrigens mit Coras Anteil an Richards Vermögen? Wahrscheinlich geht doch alles an mich?«
    Maude murmelte etwas von Wegräumen der Teesachen und verließ den Raum.
    Timothy machte es sich in seinem Sessel bequem. »Gut«, sagte er. »Ohne Frauen lässt sich viel besser reden. Jetzt können wir uns ganz aufs Geschäftliche konzentrieren, ohne ständig von dummen Fragen unterbrochen zu werden.«
    »Die Summe, die Cora treuhänderisch vermacht wurde, geht zu gleichen Teilen an Sie und Ihre Nichten und den Neffen«, erklärte Mr Entwhistle.
    »Hören Sie mal!« Vor Empörung nahmen Timothys Wangen Farbe an. »Ich bin ihr nächster Angehöriger, der einzige noch lebende Bruder!«
    Ausführlich erörterte Mr Entwhistle die Vorkehrungen, die Richard Abernethie in seinem Testament getroffen hatte, und erinnerte Timothy mit freundlichen Worten daran, dass er ihm eine Kopie davon geschickt habe.
    »Sie erwarten doch nicht im Ernst von mir, dass ich das Juristen-Kauderwelsch verstehe?«, brauste Timothy auf. »Ihr Anwälte! Ich konnte es gar nicht glauben, als Maude nach Hause kam und mir erzählte, was in dem Testament drinsteht. Ich dachte, sie hätte es nicht richtig verstanden. Frauen haben einfach keinen Kopf für solche Sachen. Sie ist ja die beste Frau der Welt, aber von Finanzen verstehen Frauen einfach nichts. Ich glaube, Maude war sich nicht einmal bewusst, dass wir dieses Haus wahrscheinlich hätten aufgeben müssen, wenn Richard nicht gestorben wäre. Ohne Frage!«
    »Aber wenn Sie Richard um Hilfe gebeten hätten, hätte er Ihnen doch sicher…«
    Timothy lachte sarkastisch auf.
    »Das ist nicht meine Art. Unser Vater hatte uns allen einen durchaus angemessenen Teil seines Vermögens hinterlassen – das heißt, wenn wir nicht ins Familienunternehmen einsteigen wollten. Was bei mir nicht der Fall war. Ich bin zu Höherem berufen als zu Hühneraugenpflastern, Entwhistle! Das hat Richard nicht gefallen. Na, und mit den Steuern, dem Wertverlust des Geldes und allem – es ist nicht leicht gewesen, alles aufrechtzuerhalten. Ich musste das Kapital kräftig angreifen. Das ist das Beste, was man heutzutage tun kann. Einmal habe ich Richard gegenüber eine Andeutung fallen gelassen, dass es etwas schwierig wäre, das Haus in Schuss zu halten. Da meinte er, es wäre viel besser für uns, in einem kleineren Haus zu leben. Das wäre einfacher für Maude, sagte er, eine Arbeitserleichterung – Arbeitserleichterung! Ein Unwort! O nein, ich hätte Richard nie um Hilfe gebeten. Aber ich kann Ihnen sagen, Entwhistle, die Sorgen waren gar nicht gut für meine Gesundheit. Ein Mann in meinem Zustand sollte sich keine Sorgen machen müssen. Dann ist Richard

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