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Der Wächter des Herzens

Der Wächter des Herzens

Titel: Der Wächter des Herzens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Françoise Sagan
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alberne Glückwünsche zu den künftigen
Erfolgen »meines Schützlings«. Aber das Gerücht ging nicht über mein Büro
hinaus. Keine Klatschbase läutete an meiner Tür. Eine kleine Notiz in einer
Fachzeitschrift meldete, daß ein unbekannter junger Mann, ein gewisser Lewis
Miles, von dem berühmten Jay Grant engagiert worden sei. Nur Paul Brett fragte
mich während eines improvisierten Mittagessens in der Studio-Bar ernsthaft, was
ich mit Lewis vorhätte. Er war magerer geworden, was ihm gut stand, er hatte
das ein wenig traurige Gesicht, das die Vierzigjährigen hierzulande so oft
haben, und er erinnerte mich plötzlich daran, daß es Männer gab und die Liebe.
Ich antwortete unbefangen, daß ich mit Lewis gar nichts vorhätte, daß ich ein
wenig für ihn eingenommen sei, weiter nichts, und daß er demnächst ausziehen
werde.
    »Dorothy, ich habe Sie immer gern
gemocht, weil Sie nicht lügen, und weil Sie nicht die idiotischen kleinen
Komödien aufführen, die bei den Frauen hier so beliebt sind.«
    »Aber?«
    »Sagen Sie mir nicht, eine Frau wie Sie
könne ungestraft einen ganzen Monat lang mit einem schönen jungen Mann zusammen
wohnen. Ich gebe zu, daß er schön ist...«
    Ich lachte.
    »Sie müssen mir glauben, Paul. Er
gefällt mir nicht, nicht so. Und ich gefalle ihm ebensowenig. Ich weiß, das ist
seltsam, aber ich kann’s nicht ändern.«
    »Schwören Sie es mir?«
    Ich finde diese Manie der Männer,
Schwüre zu verlangen, reizend. Ich schwor also, und zu meiner Verblüffung
blühte Pauls Gesicht buchstäblich auf. Zu meiner Verblüffung, denn ich hielt
ihn weder für naiv genug, um den Schwüren einer Frau, wer immer sie sei, zu
glauben, noch für so vernarrt in mich, daß ihn dieser Schwur glücklich machen
konnte. Ich wurde mir dessen bewußt, daß ich tatsächlich schon einen ganzen
Monat lang mit Lewis zusammen wohnte, daß ich während dieser Zeit praktisch nie
ausgegangen und ebensowenig mit einem schönen Mann in den Abgründen eines
großes Bettes versunken war, was doch in meinem Leben immer eine sehr große
Rolle gespielt hatte. Ich betrachtete Paul mit mehr Aufmerksamkeit, entdeckte
an ihm Charme, Eleganz und ein tadelloses Benehmen und machte für den nächsten
Abend ein Rendezvous mit ihm aus. Er sollte mich gegen neun Uhr abholen, und
wir wollten bei Romanoff essen und tanzen. Wir trennten uns, einer vom anderen
sehr angetan.
    Tags darauf kam ich früher als sonst
nach Hause, entschlossen, mich besonders schick anzuziehen und Paul Brett
endgültig zu verführen. Lewis saß in seinem Fauteuil und starrte wie üblich in
den Himmel. Er schwenkte mit schlaffer Hand ein Stück Papier, als ich an ihm
vorbeiging, und ich schnappte es ihm weg. Es war Grants Vertrag. Er sah drei
Filme mit Lewis, ein sehr anständiges Monatsgehalt für die Dauer von zwei
Jahren und natürlich vollständige Exklusivität vor. Ich überflog ihn rasch und
riet Lewis, sich mit meinem Anwalt zu besprechen, um ganz sicher zu gehen.
    »Sind Sie zufrieden, Lewis?«
    »Mir ist das alles egal«, sagte er.
»Wenn Sie es für richtig halten, unterschreibe ich. Sie haben es sehr eilig?«
    »Ja, ich esse außer Haus«, sagte ich
fröhlich. »Paul Brett holt mich in einer Stunde ab.«
    Ich ging die Treppe hinauf, stieg in
die Badewanne und sah, sobald ich ins heiße Wasser getaucht war, mit dem
größten Optimismus in die Zukunft; zog ich mich doch ganz entschieden gut aus
den verworrensten Situationen: Lewis stand am Beginn einer glänzenden Karriere,
und Paul war nach wie vor in mich verliebt. Wir würden zusammen essen, uns
amüsieren, vielleicht lieben, das Leben war zauberhaft. Im Spiegel betrachtete
ich voll Nachsicht meinen immer noch schlanken Körper, mein glückliches
Gesicht, und singend stieg ich aus der Wanne und schlüpfte in den entzückenden
Frisiermantel von Porthault, den mir meine Tochter aus Paris geschickt hatte.
Ich ließ mich vor meinem Schminktisch nieder, holte all die vielen Töpfchen mit
den Zaubercremes heraus und machte mich ans Werk. Plötzlich war Lewis da. Ich
sah ihn zuerst im Spiegel. Er trat ohne anzuklopfen ins Zimmer, was mich zwar
überraschte, aber nicht sonderlich ärgerte, denn ich war, wie gesagt, sehr gut
gelaunt, und setzte sich neben mir auf den Boden. Ich hatte das eine Auge
fertig und das andere noch nicht angefangen, was einem ein ziemlich dummes
Aussehen verleiht, und wandte mich rasch diesem Problem zu.
    »Wo werden Sie essen?« fragte Lewis.
    »Bei Romanoff. Das ist in Hollywood

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