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Der Wächter des Herzens

Der Wächter des Herzens

Titel: Der Wächter des Herzens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Françoise Sagan
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hatte. Ich muß
gestehen, mein Blonder reagierte fabelhaft. Er bremste scharf und schleuderte
den Wagen samt seiner schönen Begleiterin — ich spreche von mir — in den
rechten Straßengraben. Merkwürdige Bilder wirbelten an mir vorüber, dann lag
ich mit der Nase im Gras und hielt meine Handtasche fest in der Hand, was
seltsam genug war, denn ich vergaß sie sonst überall.
    (Was für ein Reflex mich im Augenblick
eines Unfalls, der tödlich ausgehen konnte, nach dieser Tasche greifen ließ,
werde ich nie erfahren.) Ich weiß nur, daß ich Paul mit einer Angst, die mir
schmeichelte, meinen Namen rufen hörte und daß ich mehr als erleichtert wieder
die Augen schloß, da ich seinetwegen beruhigt sein konnte. Der Verrückte war
nicht überfahren worden, und Paul war wie ich unverletzt. Angesichts der
bevorstehenden Formalitäten, des Nervenschocks und so weiter, hatte ich gute
Aussichten, diese Nacht allein zu schlafen. Ich murmelte mit matter Stimme:
»Alles in Ordnung, Paul«, und setzte mich bequem ins Gras.
    »Gott sei gelobt!«, rief Paul, der gern
antiquierte, romanhafte Ausdrücke gebrauchte. »Gott sei gelobt, es ist Ihnen
nichts geschehen, meine Liebe. Im ersten Augenblick dachte ich schon...« Ich
weiß nicht, was er im ersten Augenblick gedacht hatte, aber im nächsten rollten
wir unter ohrenbetäubendem Krachen aneinander geklammert zehn Meter weit aus
unserem Graben über die Wiese. Halb taub, blind und gereizt befreite ich mich
aus seinen Armen und sah den Jaguar brennen wie eine Fackel — wie eine gut
versicherte Fackel, hoffte ich um seinetwillen. Paul richtete sich ebenfalls
auf.
    »Mein Gott«, sagte er. »Das Benzin...«
    »Gibt es noch etwas, was in die Luft
fliegen kann?« fragte ich nicht ohne Erbitterung.
    Dann fiel mir plötzlich wieder der
Verrückte ein, der vielleicht in diesem Augenblick verbrannte. Ich sprang auf,
bemerkte, daß meine beiden Strümpfe zerrissen waren, und lief zur Straße. Paul
folgte mir. Auf dem Makadam lag eine dunkle Gestalt, vor den Flammen sicher,
aber regungslos. Ich sah zuerst nur braunes Haar, das der Feuerschein rot
färbte, dann drehte ich den Körper ohne Mühe herum und blickte in das Gesicht
eines Mannes, der wie ein Kind aussah.
    Man verstehe mich recht: Ich habe diese
ganz jungen Männer, diese hübschen Jungen, nie gemocht, mag sie nicht, werde
sie nie mögen. Ihre zunehmende Beliebtheit — unter anderem bei meinen
Freundinnen — hat mich nur erstaunt. Ich muß unwillkürlich an Freud denken.
Bürschchen, die noch nach Milch riechen, haben nichts in den Armen von Damen zu
suchen, die nach Scotch riechen. Dennoch löste dieses Gesicht im Flammenschein
vor mir auf der Straße, dieses junge und schon so harte Gesicht in seiner
Vollkommenheit eine seltsame Empfindung in mir aus. Ich spürte gleichzeitig den
Drang zu fliehen, und es in meinen Schoß zu nehmen. Nein, ich habe keinen
Mutterkomplex. Meine Tochter, die ich sehr liebe, lebt in Paris, glücklich
verheiratet und mit einer Schar von Bälgern, die sie im Sommer immer mir
anvertrauen will, wenn ich die Absicht habe, einen Monat an der Riviera zu
verbringen. Gott sei Dank reise ich selten allein und kann daher mein Versagen
als Mutter mit meinem Gefühl für Schicklichkeit bemänteln. Doch zurück zu
dieser Nacht und zu Lewis, denn der Verrückte, die Strohpuppe, der Ohnmächtige,
das schöne Gesicht hieß Lewis. Ich war einen Augenblick außerstande, mich zu
bewegen, griff nicht einmal nach meinem Herzen und vergewisserte mich nicht, ob
er noch lebte. Es erschien mir, als ich ihn betrachtete, bedeutungslos, ob er
lebte oder tot war. Ohne Zweifel ein unbegreifliches Gefühl, das ich später
bitter bereute, wenngleich nicht in dem Sinne, wie man meinen möchte.
    »Wer ist das?« fragte Paul streng.
    Wenn es an den Leuten in Hollywood
etwas zu bewundern gibt, ist es diese Manie, jeden kennen oder wiedererkennen
zu wollen. Es war Paul unangenehm, den jungen Mann, den er da mitten in der
Nacht beinahe überfahren hätte, nicht bei seinem Namen nennen zu können.
    »Wir sind hier nicht auf einer
Cocktail-Party, Paul. Glauben Sie, daß er verletzt ist? ... Oh!«
    Das Braune, das unter dem Kopf des
Unbekannten hervor und über meine Hände rann, war Blut. Ich erkannte es an der
Wärme, der Klebrigkeit, der schrecklichen Süße. Paul sah es im selben
Augenblick.
    »Ich habe ihn nicht gestreift«, sagte
er, »das weiß ich ganz genau. Ein Stück vom Wagen muß ihn bei der Explosion
getroffen haben.«
    Er

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