Der Wächter
blickte er zu Boden und sagte: »Ja, ein Picknick, ganz allein, will mal was anderes machen, also, äh, sonst wird’s mir irgendwie langweilig.«
»Wo willst du denn dein Picknick machen?«, fragte Mr. Devonshire.
»Im Rosengarten.«
»Bei dem Regen?«, sagte Mr. Devonshire verblüfft.
Dämlich , dämlich , dämlich .
Den Regen hatte Fric vergessen. »Äh, ich meine das Rosen zimmer «, korrigierte er sich.
Das Rosenzimmer, wie es vom Personal noch immer genannt wurde, war ein kleiner Salon im Erdgeschoss. Durch die Fenster bot sich ein Blick auf den früheren Rosengarten.
Vor einigen Jahren war der Rosengarten auf Drängen von Channing Manheims Fengshui-Beraterin verlegt worden. An seinem alten Standort wuchs jetzt Gras, aus dem eine gewaltige moderne Skulptur aufragte. Sie war ein Geschenk der Quasimama an den Schattenpapa zum neunten Hochzeitstag, an dem die beiden schon seit acht Jahren geschieden gewesen waren.
Den Stil der Skulptur hatte die Quasimama als »futuristischorganisches Zen« beschrieben. Fric fand, das Ding sah eher wie ein riesiger, von einer Herde Kaltblüter produzierter Haufen Pferdeäpfel aus.
»Ein Picknick im Rosenzimmer? Ist das nicht ungemütlich?«, fragte Mr. Devonshire. Zweifellos dachte er an den Zenmisthaufen vor den Fenstern.
»Na ja, äh, wenn ich dort bin, kann ich so gut an meine Mama denken«, sagte Fric. Das klang so schwach, dass es fast schon clever war.
Mr. Devonshire schwieg einen langen Augenblick. »Sag mal, Fric, stimmt irgendetwas nicht?«, fragte er dann.
»Doch, klar, mir geht’s gut, es ist bloß, na ja, der ganze Regen.«
Nach einem weiteren, glücklicherweise kürzeren Schweigen sagte der Hausmeister: »Tja, dann mal viel Spaß mit deinen Sandwiches.«
»Vielen Dank, Sir. Ich hab sie selbst gemacht. Ganz allein.« Er war der schlechteste Lügner auf der ganzen Welt. »Mit Schinken.«
Mr. Devonshire ging auf den Nordflur zu, während Fric einfach stehen blieb und dämlich den Picknickkorb in den Händen hielt, als ob der schwer wäre.
Nachdem der Hausmeister an der Kreuzung von West- und Nordflur verschwunden war, starrte Fric ihm weiter hinterher. Er war davon überzeugt, dass Mr. Devonshire sich bloß hinter der Wand versteckte. Wahrscheinlich konnte er sein merkwürdiges linkes Auge so weit herausschieben, dass er damit um die Ecke schauen konnte.
Im Gartendepot, zu dem Fric unterwegs gewesen war, wurde kein Werkzeug gelagert. Vielmehr brachte man hier die Polster für über hundert Gartensessel und Liegestühle
– und manchmal auch die Möbel selbst – unter, wenn schlechtes Wetter angekündigt war. Außerdem enthielt der große Raum Sonnenschirme, Krocketschläger, andere Rasenspiele und verwandte Accessoires wie eben Picknickkörbe.
Nach seinem Gespräch mit dem Hausmeister konnte Fric den Korb nicht einfach ins Depot zurückschaffen. Wenn Mr. Devonshire ihn in nächster Zeit ohne das Ding sah, war er als übler Lügner entlarvt, der nichts Gutes im Schilde führte.
Hatte das Personal aber erst einmal Verdacht geschöpft, dann würde es ihm verstohlen nachspionieren, selbst wenn momentan nicht viele Leute im Haus waren. Ohne es zu merken, verriet er einem aufmerksamen Beobachter dann womöglich sein spezielles, geheimes Versteck.
Da er sich nun einmal auf die Picknickgeschichte verlegt hatte, musste er sie auch durchziehen. Er musste den Korb ins Rosenzimmer schleppen, sich dort ans Fenster setzen, den Rosengarten betrachten, der nicht mehr da war, und so tun, als würde er Schinkensandwiches essen, die es nicht gab.
Der Mysteriöse Anrufer hatte ihn ja davor gewarnt zu lügen.
Wenn er nicht einmal in der Lage war, den netten Mr. Devonshire zum Narren zu halten, wie konnte er dann erwarten, Moloch zu täuschen und sich vor ihm zu verstecken!
Schließlich kam er zu der Überzeugung, dass der Hausmeister doch nicht mit seinem schlaffen Auge um die Ecke spähte.
Obwohl Fric bestimmt viel zu grimmig für ein Picknick aussah, gelang es ihm nicht, eine fröhliche Miene aufzusetzen, während er den Korb den ganzen Weg von der Südwest- bis zur Nordostecke des Hauses schleppte, wo sich das Rosenzimmer befand.
63
Jack Trotter, der Welt unter vielen Namen bekannt, als Queeg von Hindenburg jedoch nur Corky, wohnte nicht im glanzvollen Teil von Malibu. Er residierte weit entfernt von den aussichtsreichen Hügeln und den Stränden, an denen Filmschauspieler, Rockstars und die unglaublich reichen Gründer bankrotter Internetunternehmen sich
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