Der Wächter
besaß ein Grundstück, hatte einen gültigen Führerschein und zahlte unter dem Namen Felix Greene möglichst wenig Steuern. Früher hatte Greene alias Trotter sich unter anderem auch der Namen Lewis Motherwell, Jason Barnes und Bobby Domino bedient.
Als Jack-Felix-Lewis-Jason-Bobby vor vierundvierzig Jahren auf die Welt gekommen war, hatten seine stolzen Eltern ihn auf den Namen Norbert James Creezel taufen lassen. Bestimmt hatten sie ihn geliebt, und als die einfachen Bauersleute aus Iowa, die sie waren, hätten sie sich nie träumen lassen, dass er sich einmal zu einem derart ausgeflippten Spinner entwickeln würde.
Den Namen Kapitän Queeg hatte Corky ihm gegeben, weil der Mann genauso paranoid und größenwahnsinnig war wie der gleichnamige Offizier in Herman Wouks Die Caine war ihr Schicksal . Hindenburg passte unter anderem deshalb zu ihm, weil er – wie der Zeppelin, bei dessen Absturz in Lakehurst 1937 sechsunddreißig Menschen zu Tode kamen – ein aufgeblasener Sack war, der eines Tages von selbst Schiffbruch erleiden und spektakulär in Flammen aufgehen würde.
Auf dem Weg nach Malibu machte Corky Halt an einer Garage, die er in Santa Monica gemietet hatte. Sie gehörte zu einem Komplex mit vierzig Doppelstellplätzen, der sich in einem Industriegelände befand.
Den Mietvertrag hatte er mit dem Namen Moriarty unterzeichnet, und die Monatsmiete bezahlte er in bar.
Auf dem linken Stellplatz stand ein schwarzer Landrover. Dieses Fahrzeug hatte Corky unter dem Namen Kurtz Ivory International angemeldet, einer nicht existierenden, jedoch ordnungsgemäß registrierten Firma.
Er stellte den BMW neben den Landrover, stieg aus, ließ das Garagentor herunterfahren und knipste das Licht an.
Corky schnupperte den frischen Kalkduft kalten Betons, das süßsaure Aroma alter Motorenölflecken und die schwache, aber noch immer wahrnehmbare Schärfe eines Insektengifts, mit dem man hier vor einem Monat Termiten ausgeräuchert hatte. Dieser trostlose Ort war für ihn der Inbegriff von Magie und Abenteuer. Wie der tragische Bruce Wayne in seiner Bathöhle wurde Corky hier zu einem dunklen Ritter, wenn auch mit Zielen, die eher dem Joker gefallen hätten als dem guten Bruce mit seinem Umhang und seinen Strumpfhosen.
Im Krieg zwischen Himmel und Erde marschierten Armeen aus Regentropfen über das Wellblechdach. Das Kampfgetümmel war so laut, dass Corky kaum die eigene Stimme gehört hätte, wäre er auf die Idee gekommen, lauthals »Shake Your Groove Thing« zu trällern.
Nachdem er das elektrische Heizgerät eingeschaltet hatte, zog er Südwester und Regenmantel aus und hängte die gelbe Pracht an einen Wandhaken.
Links hinten waren vier hohe Metallspinde an die Wand gedübelt. Corky öffnete einen davon.
An der Stange hingen zwei Kleidersäcke mit Reißverschluss, darüber stand eine große Plastikbox mit Socken, Krawatten, allerhand wertlosem Männerschmuck, einer Armbanduhr und anderen Dingen zur Vortäuschung einer falschen Identität. Auf dem Boden stand eine Auswahl an Schuhen.
Corky streifte die Gummistiefel und die doppelten Socken ab und entkleidete sich bis auf die Unterwäsche. Dann warf er sich in graue Cordhosen, einen schwarzen Rollkragenpullover, schwarze Socken und robuste schwarze Schuhe.
Die praktische Kombination aus Werkbank und Werkzeugschrank, die an der Rückwand stand, besaß eine geräumige Geheimschublade, die Corky selbst entworfen hatte. Sie enthielt eine Auswahl an Handfeuerwaffen und sechs Umschläge mit gefälschten Ausweispapieren zu sechs verschiedenen Namen.
Über den Rollkragenpulli schnallte er ein Schulterhalfter, in das er eine 9-mm-Glock steckte.
Seine Brieftasche tauschte er gegen eine aus, die mit allem gefüllt war, was ihn zu einem anderen Menschen machte: Führerschein, Sozialversicherungsausweis, einige Kreditkarten unter dem neuen Namen und Fotos von Frau und Kindern, die reine Phantasie waren. Sogar fünfhundert Dollar in bar steckten darin.
Außerdem enthielt der Umschlag eine Geburtsurkunde, einen Reisepass und ein kleines Lederetui mit einem gefälschten FBI-Ausweis. Für das, was nun anlag, brauchte er allerdings keines dieser Dokumente.
Stattdessen steckte er ein zweites Lederetui ein, dessen überzeugend gefälschter Inhalt ihn als Agenten der National Security Agency auswies. Dafür hielt Queeg von Hindenburg ihn nämlich.
Beim Anblick des Geheimdienstausweises wäre jeder gute Bürger in Ehrfurcht erstarrt, aber einer genauen Überprüfung hielt das
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