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Der Wächter

Der Wächter

Titel: Der Wächter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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der zerrissene Schleier heran wie tausend Katzen, die vom Duft frischen Thunfischs aus der Dose heimgelockt wurden.
    Die Ausstrahlung des Hauses zog Hazard derart in ihren Bann, dass er die Straße überquerte und den Weg durch den Garten entlangging, ohne dabei den Regen wahrzunehmen. Erst als er die Stufen der Veranda erreicht hatte, merkte er, dass er sich so langsam und vorsichtig bewegt hatte, dass er bis auf die Haut durchnässt war.
    Kaum hatte er die erste Stufe betreten, da spürte er etwas in der Hand: das Handy, mit dem er mit Dunny Whistler gesprochen hatte.
    Ich bin tot und lebendig , hatte Dunny gesagt, und Hazard hatte momentan dasselbe Gefühl.
    Auf der Veranda angelangt, blieb er stehen, statt gleich zur Tür zu gehen und zu läuten. Er hatte etwas vergessen, was er automatisch getan hätte, wenn der bedrohliche Anruf nicht von Dunny gekommen wäre, sondern von irgendjemand anders, der Hazards Mobilfunknummer eigentlich nicht kennen sollte. Er drückte die Tastenkombination des Rückrufkodes.
    Schon beim zweiten Läuten wurde abgenommen, aber die Person am anderen Ende der Leitung schwieg.
    »Ist da jemand?«, fragte Hazard.
    Darauf war eine scharfe Stimme zu hören. »Ob da jemand ist? Aber klar ist da jemand, du mieser Nigger!«
    Ghettoslang. Ein Schwarzer.
    »Ey, ich bin da, weil du mich umgenietet hast, du Schwein. Zwei in die Brust, ich spür immer noch den Schlag.«
    Hazard hatte diese Stimme noch nie gehört, wusste jedoch genau, wem sie nur gehören konnte. Er brachte kein Wort heraus.
    »Wenn du bald auch hier rübermachst, Arschgesicht, wartet ’n Haufen Hackfressen auf dich, da war dein schlimmster Albtraum wie ’n Ausflug in den Zoo. Du weißt doch, was ’ne Hackfresse ist, oder, Mann?«
    »Ja. Ein hässliches Gesicht«, sagte Hazard, selbst überrascht, dass er geantwortet hatte. Er spürte sofort, dass das eine schlechte Idee war, eine Einladung .
    »Krasser als hässlich, Mann. Brutal hässlich. In diesem Loch hier gibt’s nichts anderes. Ich bin auch hier, wenn du rübermachst, Nigger. Ich bin der Erste in der Reihe, das schwör ich dir!«
    Hazard wollte den roten Knopf drücken und sich das Handy an den Gürtel schnallen, aber die grausige Faszination, die er verspürte, hielt ihn davon ab.
    Er war kaum noch drei Schritte von Vladimir Laputas Haustür entfernt. Nicht gerade der beste Ort, um am Telefon mit einem der ruhelosen Toten zu plaudern.
    »Ey, hör mal, weißt du noch, wie sie ausschaut, meine Fünfundvierziger, die, mit der ich dir fast den Rüssel weggeblasen hab?«
    Im Geiste sah Hazard Calvin Roosevelt alias Hector X auf dem Rasen vor Reynerds Apartmenthaus stehen, beide Hände um den Kolben einer Magnum. Der Schuss ging los, der Lauf spie Feuer in den Regen.
    »Pass auf, du Tucke. Wenn du hier bist, besorg ich mir was Größeres als meine Fünfundvierziger. Das schieb ich dir genüsslich in den Arsch, und dann kommen die anderen Hackfressen dran. Also, bis bald dann.«
    Hazard schaltete das Handy aus, das daraufhin sofort läutete. Nicht nötig dranzugehen, nicht möglich dranzugehen, wenn man wusste, wer es war.
    Er war durchnässt. Fröstelte. Zitterte vor Angst.
    Das Telefon läutete immer weiter.
    Entweder musste er gut über diese Sache nachdenken, oder er durfte nie wieder darüber nachdenken, aber das konnte er nicht entscheiden, während er hier auf der Veranda des Muttermörders stand.
    Er schob das läutende Handy in die Jackentasche, wandte der Haustür den Rücken zu und ging die Stufen hinab in den Regen.

75
    Im sanft kreisenden Wasser des Pools brach sich das
    Licht, das vom Boden aufstieg. Schimmernde Kaskaden und Schatten zogen unaufhörlich über die Kalksteinwände und die gewölbte Decke.
    Fric breitete ein Leinentuch über einen der Tische am Beckenrand und arrangierte darauf dann zwei Gedecke aus feinem Porzellan nebst Tafelsilber.
    Fast hätte er auch noch Kerzen aufgestellt, aber dann hatte er sich überlegt, dass es sich für zwei Männer eigentlich nicht gehörte, bei Kerzenlicht zu speisen. Vielleicht im Schein glühender Kohlen oder Gartenfackeln, vielleicht auch an einem Lagerfeuer inmitten eines Waldes voller hungriger Wölfe, aber nicht bei Kerzenlicht.
    Mit dem Dimmer regelte er die Strahler auf den Kalksteinsäulen, bis sie einen weichen, goldenen Schimmer abgaben.
    Bei gutem Wetter aß Fric gern am äußeren Swimmingpool, allerdings nur, wenn zudem sein Vater nicht zu Hause war. Sonst lagen nämlich dessen Freundinnen dort herum,

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