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Der Wächter

Der Wächter

Titel: Der Wächter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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eher aus Panik als mit kühlem Kopf. Außerdem hatte er den Abzug offenbar einfach durchgerissen, sodass der Schuss sein Ziel weit verfehlte. Hazard war weniger in Gefahr, von dieser Kugel getroffen als von einem Asteroiden zermalmt zu werden.
    Als Hazard sah, wie die Mündung Feuer in den Regen spie, und als er hörte, wie das Geschoss im Apartmenthaus hinter ihm ein Fenster zertrümmerte, reagierte er eher instinktiv als so, wie seine Ausbildung und sein Beruf es vorschrieben. Zweimal würde der Killer nicht danebenschießen. Jedes Sensitivitätstraining, alle ernst gemeinten Vorträge über Sozialpolitik und politische Konsequenzen, alle Weisungen der Polizeikommission, Gewalt mit Geduld, Verständnis und angemessenen Mitteln entgegenzutreten – all das war ein Hindernis fürs Überleben, wenn es im Bruchteil einer Sekunde darum ging, zu töten oder getötet zu werden.
    Das Geräusch von berstendem Glas hallte noch durch den Regen, als Hazard mit beiden Händen seine Waffe packte, in Stellung ging und Feuer mit Feuer beantwortete. Bei den zwei Schüssen, die er abgab, dachte er weniger an die strenge Kritik, mit der die Los Angeles Times das Verhalten der Polizei gelegentlich bedachte, als an die Sicherheit von Mutter Yancys liebstem Sprössling.
    Der erste Schuss ließ den Killer taumeln. Der zweite traf ihn hammerhart, während er schon in die Knie ging.
    Reflexartig drückte der Mann seine .45er ab, feuerte aber nicht auf Hazard, sondern auf den Boden vor sich. Der Rückstoß war zu viel für seine geschwächten Finger, weshalb ihm die Waffe aus der Hand flog.
    Erst beugte er das eine Knie zum Boden, dann das zweite, und schließlich folgte das Gesicht.
    Hazard kickte die Waffe in den Schatten der Büsche, dann rannte er auf die Straße zu dem Mercedes.
    Noch bevor der Fahrer die Handbremse löste, trat er aufs Gaspedal. Die quietschenden Reifen sprühten Wolken verdampften Regenwassers in die Luft und Qualm, der nach verbranntem Gummi stank.
    Möglicherweise war Hazard in Gefahr, vom Fahrer durch die offene Beifahrertür hindurch aufs Korn genommen zu werden, aber das Risiko konnte man eingehen. Ein Typ, der bei einer solchen Sache am Steuer saß, war aufs Fahren spezialisiert, nicht aufs Schießen. Wahrscheinlich trug er eine Waffe, falls man ihn in die Enge trieb, aber wenn er eine offene Straße vor sich hatte, Benzin im Tank und den Zündschlüssel im Schloss, dann verzichtete er höchstwahrscheinlich darauf, es als Kunstschütze zu versuchen.
    Durch tiefe Pfützen platschte Hazard auf seinen eigenen Wagen zu. Bevor er es am Heck vorbei auf die Straße schaffte, fanden die durchdrehenden Reifen des Fluchtautos Halt und ließen es mit einem kurzen Bellen vorwärts schießen. Durch den Schwung schlug die Beifahrertür zu.
    Den Fahrer hatte Hazard nicht richtig sehen können.
    Die geduckte Gestalt hinter dem Lenkrad war kaum mehr gewesen als ein verzerrter Schatten. Und dennoch – irgendetwas stimmte nicht an ihr.
    Zu Hazards Erstaunen meldete sich sein Aberglaube, der normalerweise still und vergessen in seinem Innern vergraben lag, und kratzte mit schartigen Fingernägeln an den Höhlungen seiner Knochen. Er hatte keinerlei Ahnung, was ihm da Angst machte und weshalb ihm urplötzlich so unheimlich wurde.
    Während der Mercedes davonbrauste, verzichtete Hazard darauf, ihm ein paar Schüsse hinterherzuschicken, wie es ein Filmcop getan hätte. Hier handelte es sich um ein friedliches Wohnviertel, in dem die Leute, die irgendeine Wiederholung von Seinfeld sahen oder Gemüse fürs Abendessen putzten, das Recht hatten, nicht von den verirrten Kugeln eines unbesonnenen Kriminalbeamten getroffen zu werden und mit der Fernbedienung oder dem Küchenmesser in der Hand ins Gras zu beißen.
    Stattdessen rannte Hazard hinter dem Wagen her, weil er die Autonummer noch nicht erkannt hatte. Auspuff-dämpfe, aufspritzendes Wasser, fallender Regen und die Dämmerung hatten sich dazu verschworen, das hintere Nummernschild zu verhüllen.
    Froh darüber, dass er regelmäßig aufs Laufband stieg, rannte Hazard trotzdem weiter. Obwohl der Mercedes sich rasch entfernte, ließ ein seitlicher Windstoß die Nummer im Licht der Straßenlaternen halbwegs erkennbar werden.
    Wahrscheinlich war der Wagen gestohlen, und der Fahrer würde ihn bald irgendwo abstellen. Trotzdem war es von Vorteil, die Nummer zu kennen.
    Hazard gab die Verfolgung auf und lief zum Vorgarten des Apartmenthauses zurück. Er hoffte, dass er den Killer

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