Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der wahnsinnige Xandor

Der wahnsinnige Xandor

Titel: Der wahnsinnige Xandor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ernst Vlcek
Vom Netzwerk:
Mond die Orientierung erleichterte.
    Aber dann kam er durch einen finsteren Wald. Als er ihn nach geraumer Weile wieder verließ, sah er hinter sich keine Rauchfahne mehr, und der Mond war hinter einer Wolkendecke verschwunden. Ein dunkler Vorhang bedeckte die Sterne.
    Das Gelände wurde unwegsamer. Es stieg leicht an; felsiger Boden erschwerte das Vorankommen. Dichtes Gestrüpp versperrte ihm den Weg und veranlasste ihn, sich mit dem Schwert, das er den Ugaliern entwendet hatte, durchzukämpfen.
    Endlich lichteten sich die Sträucher, und er kam wieder auf freies Gelände. Hier standen vereinzelt knorrige Bäume, die sich unter dem Druck der ständigen Winde geneigt hatten. Sie erhoben sich wie Skelette vielarmiger Wesen, die aus dem Gleichgewicht geraten waren.
    Eine kühle Brise trug Mythor den Geruch nach Salz und Meer zu. Das ernüchterte ihn. Wie konnte er den Duft des Meeres einatmen, wenn er ins Landesinnere vorgedrungen war? Er lauschte und vernahm ein gleichförmiges Rauschen, das von endlos gegen Klippen brandenden Wellen zu stammen schien. Und da wurde Mythor klar, dass er sich verirrt hatte. Anstatt sich vom Meer der Spinnen zu entfernen, war er zu diesem zurückgekehrt. Auf diese Weise hatte er einen ganzen Tagesmarsch umsonst getan - eigentlich zwei, wenn er bedachte, dass er dieselbe Strecke nochmals zurücklegen musste, um zu seinem Ausgangspunkt zurückzukehren.
    Nun, da es einmal geschehen war, half es auch nichts mehr, mit dem Schicksal zu hadern. Er musste sich damit abfinden und wollte sich ein Versteck für den Rest der Nacht suchen und bei Tagesanbruch seinen Marsch fortsetzen.
    Er ging dem Wind entgegen, bis er den seltsamen Wald hinter sich gelassen hatte und den Rand der Klippe erreichte. Von unten kam das Rauschen der Wellen, und er konnte die hell schäumenden Kronen der Brandung ausmachen. Er stieg über die zerklüfteten Felsen hinab, bis er einen windgeschützten Spalt erreichte. In diesem richtete er sich für die Nacht ein.
    Er holte das Pergament unter dem Wams hervor und entrollte es, ohne die Hoffnung zu haben, dass er das Frauenbildnis in der Finsternis erkennen könne. Umso erstaunter war er, als er feststellte, dass es in einem eigenen Licht zu strahlen schien.
    Das Mädchenantlitz hatte auf einmal Tiefe, so als lebe es, und als er mit den Fingern sanft darüberfuhr, da glaubte er die Rundung ihrer Wangen, die Erhebung ihrer Nase und den Schwung ihrer Lippen zu fühlen.
    Es mochte alles Einbildung sein, ein Trugbild seines Wunschdenkens, aber es war doch ein einmaliges, aufwühlendes Erlebnis für ihn.
    Mythor bettete seinen Kopf. Mit dem Pergament in Händen schlief er ein, und das Bildnis der geheimnisvollen Schönen begleitete ihn in seine Träume.
    *
    Mythor fuhr aus unruhigem Schlaf hoch. Wie aus weiter Ferne drangen Geräusche zu seinem Versteck in den Klippen. Er vertauschte die Pergamentrolle mit dem Schwert und machte sich an den Aufstieg.
    Als er den oberen Abschluss der Steilwand erreichte, hob er vorsichtig den Kopf. Ihm bot sich ein seltsames Bild.
    Es ging noch immer ein steter Westwind, der die Geräusche forttrug und deshalb ferner erscheinen ließ. Dabei waren die beiden Urheber nur einen halben Steinwurf von ihm entfernt.
    Es waren zwei Männer. Der eine klein und mager und ungewöhnlich gekleidet, der andere von kräftiger Statur und in Pelze gehüllt. In ihm erkannte Mythor sofort Nottr, den totgeglaubten Barbarenführer. Diese so unterschiedlichen Männer fochten auf recht eigenartige Weise ein Duell aus.
    Es war noch eine dritte Person anwesend, die sich jedoch nicht an dem Kampf beteiligte, sondern hinter einem Strauch kauerte und von diesem Versteck aus die Auseinandersetzung verfolgte.
    Dies war ein uralt wirkendes, hässliches Weib mit einem Buckel. Aus den sie einhüllenden Lumpen ragte ein graues, runzeliges Gesicht mit einer gekrümmten Nase. Das weiße Haar wurde von einem schwarzen Kopftuch fast verdeckt. Die Alte kaute mit gelbschwarzen Zähnen an ihrer Unterlippe und machte Zuckungen, als wolle sie einen der Kampfhähne stumm anfeuern.
    Keine Frage, dass sie um das schmächtige Männchen bangte, das offenbar ihr Begleiter war. Mythor wandte seine Aufmerksamkeit wieder diesem zu.
    Der Alte mochte nicht viel jünger als das hexenhafte Weib hinter dem Strauch sein. Er hatte ein spitzes, zerfurchtes Mausgesicht, eine blasse Haut und helles Haar, das schon gelichtet war.
    Seinen schmächtigen Oberkörper umschloss eine schwarze, mit fremdartigen

Weitere Kostenlose Bücher