Der wahre Feind: Kriminalroman (German Edition)
Bjarne auf der anderen Seite des Schreibtischs. Dieser saß auf einem der niedrigen Stühle und blickte zu Løvengren auf wie ein kleines Kind. Hinter ihm standen L. T. und einer der anderen Ausbilder. Bjarne versuchte, seine Nervosität zu verbergen, doch seine unruhig umherhuschenden Blicke verrieten ihn.
» Offenbar haben Sie ein Fußballspiel besucht. Und haben gegen alle Regeln einen Anwärter mitgenommen.«
Bjarne zuckte die Schultern. » Ich dachte, er könnte ein bisschen Abwechslung gebrauchen.«
» Meinen Sie etwa das hier?« Løvengren drückte auf die Fernbedienung des Flachbildschirms, der von der Decke hing. Die ersten Bilder von der Randale im Stadion waren bereits von den Online-Zeitungen veröffentlicht worden. Løvengren klickte weiter, bis er ein Foto von Bjarne und Benjamin inmitten der Hooligans entdeckte.
» Wir … wir haben nichts getan«, sagte Bjarne und blickte zu Boden.
» Sie kennen diese Männer also nicht?« Er nickte in Richtung des Monitors, auf dem zwei tätowierte Männer ihre Arme zum Hitlergruß reckten.
» Wir waren anscheinend zur falschen Zeit … am falschen Ort … wie man so sagt.«
Løvengren stand vom Stuhl auf. » Ich habe auch gehört, dass Sie ein hübsches Tattoo auf der Brust haben.« Er zeigte mit seiner Zigarre auf ihn. » Möchten Sie mir es nicht zeigen?«
» Ist das nicht unwichtig?«
» Nicht, wenn Sie Ihren Job behalten wollen.«
Bjarne zuckte die Schultern. Dann knöpfte er sein Hemd auf und entblößte seine Brust. Über der Herzgegend befand sich ein großes flammendes Hakenkreuz. » Das bedeutet nichts. Ich hab es machen lassen, als ich achtzehn war.«
» Habe ich Ihnen schon mal von meinem Großvater erzählt?«, fragte Løvengren, während er um den Tisch herumging.
Bjarne schüttelte den Kopf.
» Sein Name war Herman Løvengren. Er war Kommandant des vierten Bataillons. Sie lagen einmal mit ihren Maschinengewehren direkt vor Bredebro und sollten den Feind zurückschlagen. Darauf haben sie sich Tag für Tag vorbereitet.«
» Aha«, entgegnete Bjarne desinteressiert.
Løvengren rollte die dicke Zigarre zwischen den Fingern hin und her. Es knackte trocken. » Aber der letzte Tag verlief anders als die anderen Tage. Es war der 9. April 1940. Und der Feind … der Feind war der da.« Er zeigte mit der Zigarre auf Bjarnes Hakenkreuz.
» Wie gesagt, ich war ein bisschen betrunken, als ich …«
» Halten Sie den Mund!« Løvengrens graue Augen blitzten. » Mein Großvater ist an diesem Morgen dem Feind begegnet. Er hat sich der gesamten Wehrmacht entgegengestellt, um sein Land gegen diese extreme Übermacht zu verteidigen. Und er bezahlte dafür den höchsten Preis, den es gibt, damit so kleine Scheißkerle wie Sie heute in Freiheit leben können. Das Letzte, was er in seinem Schützengraben sah, ehe er starb, war dieses Scheißsymbol, als sie über ihn hinwegtrampelten.«
Bjarne wich seinem Blick aus.
» Was meinen Sie also, was ich von Nazis halte, Bjarne?«
Bjarne antwortete nicht.
Løvengren baute sich vor ihm auf und bewegte seine Zigarre langsam auf Bjarnes Brust mit dem Hakenkreuz zu. Bjarne starrte auf die Zigarre, deren Rauch in seinen Augen brannte. Er spürte bereits die Wärme ihrer Glut. » Nicht … nicht besonders viel?«
» Das ist ein wenig untertrieben. Nicht wahr, Lars?«
» Sehr untertrieben«, antwortete L. T. und packte Bjarne mit einer Hand an der Kehle, sodass er sich nicht rühren konnte.
» Was soll das?«, fragte Bjarne überrascht.
Zur Antwort drückte Løvengren die brennende Zigarre auf das Tattoo. Bjarne schrie auf und zuckte vor Schmerz. Er griff nach Løvengrens Handgelenk.
» Wenn Sie das nicht entfernen lassen, fliegen Sie raus«, knurrte Løvengren.
» Verstehen Sie, was das bedeutet, Bjarne? Dann werde ich meine schützende Hand nicht mehr über Sie halten, sondern die Polizei mit allem versorgen, was gegen Sie und Ihre Nazifreunde vorliegt. Und ich werde dafür sorgen, dass Sie mit den richtigen Leuten zusammen eingebuchtet werden, damit Sie im Knast von einem großen arabischen Schwanz gefickt werden.«
Bjarne starrte ihn mit wildem Blick an. Sein Kopf war kupferrot angelaufen, und der Schweiß stand ihm auf der Stirn. » Ver…verstanden«, stammelte er.
» Das war das letzte Mal, dass ich Sie zusammen mit diesen Typen gesehen habe. Das letzte Mal, dass Sie Ärger machen. Das letzte Mal, dass Sie einen Anwärter dorthin mitgenommen haben. Ist das klar?«
» Ja!«
Løvengren warf die Zigarre
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