Der wahre Feind: Kriminalroman (German Edition)
durfte er passieren.
Auf der Tribüne warteten Bjarnes Freunde. Es waren etwa zwanzig bis dreißig Männer, alle in den Trikots der Heimmannschaft. Sie waren über und über tätowiert, manche sogar im Gesicht. Sie skandierten rassistische Parolen und reckten die Arme in Richtung der dunkelhäutigen Spieler der Gastmannschaft zum Nazigruß. Die übrigen Zuschauer auf der Tribüne hielten einen gehörigen Abstand zu ihnen. Die Ordner, die am Rand des Blocks standen, ließen sie nicht aus den Augen.
Bjarne gab dem offensichtlichen Anführer der Hooligans die Hand. Sie riefen sich grinsend etwas zu, das Benjamin wegen des Lärms nicht verstehen konnte.
Bjarne stellte ihn nicht vor. Irgendwann drehte er sich zu ihm um und signalisierte ihm, dass er die Bengalischen Feuer haben wollte. Benjamin steckte die Hand in die Hose und zog die Fackeln diskret heraus. Bjarne gab sie weiter.
» Geile Sache«, sagte ein Glatzkopf mit zahnlosem Oberkiefer. » War es schwierig, die reinzuschmuggeln?«
Bjarne schüttelte den Kopf.
Benjamin fühlte sich von der aggressiven Stimmung unter Druck gesetzt. Am liebsten hätte er sich aus dem Staub gemacht, aber das war unmöglich.
Plötzlich warf einer der Männer eine brennende Fackel in die Menge, die weiter unten stand. Die Leute stoben in Panik auseinander, während der brennende Phosphor eine schwarze Rachsäule aufsteigen ließ. Zwei weitere Fackeln wurden bewusst in dieselbe Richtung geschleudert und schufen eine Mauer aus Feuer und Rauch. Am anderen Ende, wo Bjarne stand, war die erste Schlägerei im Gange. Zuschauer wurden willkürlich niedergeschlagen, um die Aufmerksamkeit der Ordner und Zivilbeamten zu erregen.
» Jetzt geht’s los!«, sagte Bjarne grinsend.
Die Zivilbeamten zückten ihre Schlagstöcke und stürmten auf die Gruppe zu.
Ihr Angriff wurde zurückgeschlagen und eine weitere Fackel geworfen, sodass die Beamten zurückweichen mussten.
Die Holligans waren zwar betrunken, doch das Adrenalin sorgte dafür, dass sie konzentriert und aggressiv blieben. Benjamin beobachtete sie. In Helmand würden sie nicht einen Tag überleben, dazu waren sie zu undiszipliniert. Doch hier, auf ihrem eigenen Territorium, dominierten sie das Geschehen.
Hinter ihnen hatten sich einige Zuschauer versammelt, die ihre eigenen Parolen riefen. Bjarne riss den vordersten zu sich hinunter und schickte ihn mit einem Kopfstoß zu Boden. Als die Freunde des Mannes ihm zu Hilfe kommen und ihrerseits Bjarne angreifen wollten, stürzte sich auch Benjamin in den Kampf. Er schlug ein paar Luftlöcher, ehe er sich auf die Situation eingestellt hatte und mehrere präzise und harte Treffer landete. Ein Bengalisches Feuer flog den Angreifern entgegen, die vor dem zischenden Phosphor Reißaus nahmen. Spätestens als die umliegenden Sitze Feuer fingen, war die Situation völlig außer Kontrolle geraten.
» Komm, lass uns abhauen«, sagte Bjarne und zerrte Benjamin durch den Rauch mit sich fort.
Zwanzig Minuten später saßen sie wieder in ihrem Wagen. Bjarne gab ihm einen Lappen, der auf der Ladefläche gelegen hatte, damit er das Blut aus der Platzwunde über seinem Auge stillen konnte.
» Schöner Fußballkampf«, sagte er grinsend. » Gut gemacht, Anwärter!«
» Gegen wen haben wir eigentlich gespielt?«, fragte Benjamin.
Bjarne schlug ihm auf die Schulter. » Keine Ahnung, aber in vierzehn Tagen ist das nächste Match.«
Benjamin legte den Lappen weg. » Wer waren die anderen Jungs?«
» Alles Psychopathen, aber von der guten Sorte.«
Benjamin wusste nicht, was ein Psychopath von der guten Sorte war, doch er wollte lieber nicht nachfragen.
Sie fuhren durch die Stadt, während es dunkel wurde. Benjamin fühlte sich gut. Die Angst, die ihn zwischenzeitlich gepackt hatte, war vom Adrenalin fortgespült worden.
Sie fuhren durch das Eingangstor von Valhal Securities. Auf dem dunklen Platz vor der Halle B standen L. T. sowie ein paar andere Ausbilder und erwarteten sie.
» Oh, oh«, sagte Bjarne grinsend. » Das gibt Ärger.«
28
WIR SIND WÖLFE
Die Ungläubigen sind wie eine Herde Schafe, und wir sind ihre Wölfe. Sie werden die Augen verschließen in der Hoffnung, ihre Freiheit zurückzuerlangen, sobald wir den Feind niedergekämpft und für Ordnung gesorgt haben. Es ist müßig zu schreiben, wie lange sie darauf warten werden.
K apitel X: D er totalitäre S taat
Løvengren saß hinter seinem riesigen Schreibtisch und rauchte eine Cohiba-Zigarre. Durch den Tabakrauch betrachtete er
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