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Der wahre Sohn

Der wahre Sohn

Titel: Der wahre Sohn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Olaf Kühl
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Klinikaufenthalt vorgetäuscht und die Spur führte direkt zum Mercedes. Er musste dort nachsehen. Vielleicht versteckte sie in der Anstalt jemand anderen.
     
    Schon am frühen Abend hatte Konrad einen Kater. Nicht vom Alkohol, sondern von dem Gefühl, viel zu viel geredet zu haben, viel zu offenherzig gewesen zu sein. Er hatte geplappert wie ein Wasserfall, vor einer Frau, die er nicht kannte, der Witwe des Verdächtigen. Ein schwerer handwerklicher Fehler. Er beschloss, das wieder wettzumachen, indem er sein Ziel, den Wagen, umso energischer in Angriff nahm.
    Im Hotelzimmer zeichnete er als Erstes eine neue Konstellation. Ein Sohn! Dieser Sohn fand seinen Platz nach guter genealogischer Sitte eine Ebene unter Jurij und Svetlana. Auch wenn der Alte das Fahrzeug angemeldet hatte, konnte die wichtigere Verbindungslinie zum Auto von diesem Sohn ausgehen. Eine Linie, die Konrad zu vibrieren schien wie ein gespanntes Seil. Der Vater firmiert als Halter, der Sohn ist der tatsächliche Nutzer – bis er in die psychiatrische Klinik kommt? Die Geschichte habe sicher nichts mit dem Auto zu tun, hatte Svetlana gesagt. Gerade deshalb musste er dort weitergraben. Der Mercedes war am Rand als blasses Rechteck markiert, wie Autos auf Unfallskizzen. Kurzes Vorder-, längeres Mittel- und kurzes Hinterteil. Er wusste noch viel zu wenig. Aber wie er es auch drehen und wenden mochte, ohne den Sohn kam er nicht voran.
     
    «Svetlana», sagte er am nächsten Tag, «ich weiß, es ist eine ungewöhnliche Bitte, aber ich halte es für notwendig, persönlich mit Ihrem Sohn zu sprechen. Vielleicht kann er mir mehr zu dem Auto sagen.»
    «Woher denn? Er hat keine Ahnung. Jeder Kontakt mit Fremden würde ihn aufregen, er ist seit einem Jahr nicht mehr aus der Klinik herausgekommen. Er weiß gar nicht, was im wirklichen Leben passiert ist.»
    Ihre Reaktion verriet sehr viel.
    «So lange ist er schon dort?»
    Sie wurde noch aufgeregter.
    «Man lässt Sie gar nicht zu ihm, er ist auf einer geschlossenen Station. Außerdem weiß er nichts. Und was er noch weiß, bringt er hoffnungslos durcheinander. Er spinnt, mit einem Wort, er lebt in einer fiktiven Welt. Ein bisschen so wie Sie», fügte sie nach einer Pause hinzu und griff mit drei Fingern sanft nach seinem Ärmel.
    «Na gut», sagte Konrad tonlos und entzog ihr den Arm.
    «Würden Sie denn einfach einen Fremden zu Ihrem Sohn lassen, wenn der im Krankenhaus liegt? Ich kann mich zur Wehr setzen, aber Arkadij ist psychisch krank. Ich muss ihn schützen.»
    Er wusste nicht, was ihn mehr verletzte – die Bemerkung über seine Weltfremdheit oder dass sie ihm seinen Wunsch verwehrte. Er wusste, dass er damit emotional in der Falle saß. Er kannte sich selbst zu gut. Da halfen kein Spiel mehr, keine Versuche, noch etwas zu retten. Sosehr er sich auch bemühte, vernünftig zu bleiben, es gelang ihm nie, er fiel in solchen Augenblicken immer in eine Art Starre. Konrad war beleidigt.
    «Gut», brummte er. «Dann nicht.»
    Sie zog schnell die Luft in die Nase: Ach, spielen Sie jetzt nicht das Sensibelchen. «Was haben Sie vor?»
    «Ich fahre.»
    Er hoffte insgeheim, dass sie ihn nicht davonlassen würde.
    «Wohin?»
    «Erst ins Hotel, meine Sachen packen. Dann nach Deutschland.»
    «Ohne Auto? Aber …»
    «Was aber?»
    «Ich dachte immer, ihr Deutsche seid so gründlich.»
    «Ich weiß überhaupt nicht, woher Sie so viel über die Deutschen wissen wollen. Überhaupt, Ihre Schwärmerei von jungen, strammen Soldaten. Was spielt es für eine Rolle, wie gut sie ausgesehen haben? Verbrecher waren es trotzdem. Mörder. 1941 ging es ja erst los.»
    «Was wissen Sie denn? Nicht alle, Sie dummer Junge.»
    Sie erhob sich, er ebenfalls. Sie brachte ihn zur Tür. Ob sie ihn ohne einen letzten Versuch gehen lassen würde? Auf der Straße kannte er die Antwort.
     
    Der plötzliche Abbruch dieser stürmisch aufgeflammten Beziehung kam gerade noch rechtzeitig. Seine Nähe zu Svetlana war schon viel zu groß geworden. Jetzt konnte er seine Gedanken sammeln, er fasste Mut und wollte die Sache nach deutscher Art endlich in Angriff nehmen. Es konnte ja nicht sein, dass er bei diesem Job vom Wohlwollen dieser Frau abhängig war. Ein Auto finden? Das hatte er schon mehrere Male geschafft.
    Er duschte kalt und machte fünfundvierzig Liegestützen. Es gelang ihm, das Zimmermädchen, das hereinkam, während er sich im Bad rasierte, durch gelungene Scherze eine Weile davon abzuhalten, gleich wieder zu gehen.
    Mit neuem

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