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Der wahrhaftige Volkskontrolleur - Roman

Der wahrhaftige Volkskontrolleur - Roman

Titel: Der wahrhaftige Volkskontrolleur - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrej Kurkow
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Mullbinde auf die Stelle und beugte energisch Kalinins Arm. Die Fotoapparate blitzten noch ein paar Mal. Die beiden in Weiß trugen einen großen Behälter mit Blut aus dem Zimmer.
    Kalinin winkte Dobrynin mit der linken Hand zu sich, um ihn hereinzubitten.
    Der Volkskontrolleur schloss die Tür hinter sich, lauschte dem sich entfernenden Fußgetrappel und ging dann zum Besuchertisch. Er setzte sich und blickte Kalinin freundschaftlich in die Augen.
    „Siehst du, wie ich arbeite!“, sagte Genosse Kalinin zu Dobrynin und wies mit dem Kopf auf seinen abgewinkelten rechten Arm. „Aber was soll man machen?! Es ist schließlich wahr – nur als gutes Vorbild kann man etwas erreichen. Und was ist mit dir? Warst du bei Woltschanow?“
    Dobrynin nickte.
    „Woltschanow ist ein guter Mann“, meinte Kalinin. „Er hat nur eine Schwäche für gutes Essen. Aber das ist noch eine alte, vorrevolutionäre Gewohnheit. Möchtest du Tee?“
    Der Volkskontrolleur wollte eigentlich keinen Tee mehr, aber er wollte den Genossen Kalinin auch nicht durch sein Ablehnen kränken. Kalinin jedoch war ein scharfsinniger Mensch und hatte bereits begriffen.
    „Hast du dort schon genug Tee getrunken?“, fragte er.
    „Ja“, gestand der Volkskontrolleur.
    „Na gut, dann reden wir über die Arbeit. Ich möchte dir meinen Dank für deine Arbeit aussprechen.“ Genosse Kalinin griff in die Tischlade, zog daraus einen Revolver hervor und legte ihn auf den Tisch. „Hier, er soll dir persönlich gehören!“
    Dobrynin stand verwirrt auf. Er wollte Danke sagen, aber dieses Wort klang zu wenig feierlich für einen solchen Moment.
    „Setz dich, setz dich!“ Kalinin winkte mit der linken Hand ab. „Das ist noch nicht alles. Du bekommst auch zwei neue Vollmachten. Eine gehört dir – jetzt hast du nicht nur das Recht, Überprüfungen durchzuführen, sondern auch Ermittlungen, außerdem darfst du die Schuldigen bis zur Erschießung bestrafen. Das Vaterland vertraut dir vollkommen. Und die zweite Vollmacht ist für deinen Gehilfen Dmitrij Iwanowitsch Waplachow, der jetzt dasselbe tun darf, allerdings nur unter deiner Führung. Na, bist du zufrieden?“
    Dobrynin fehlten die Worte, um sein Glück beschreiben zu können. Aber an dem strahlenden Lächeln, das nahezu das ganze Gesicht des Volkskontrolleurs einnahm, konnte Genosse Kalinin erkennen, dass dieser unermesslich glücklich und dankbar war und nun dem Vaterland noch treuer ergeben sein würde, als es bisher schon der Fall war.
    „Und da ist noch etwas, weißt du?“ Kalinin wurde plötzlich ernst. „Ich habe eine Bitte an dich, genauer gesagt, einen Befehl … Es gibt jetzt viele Feinde hier in Moskau. Erst heute Morgen wollte ich in das Geschäft gehen, von dem du gesprochen hast, dort, wo es die Kekse ‚Auf dem Posten‘ gibt. Ich dachte mir, ich spaziere dorthin, kaufe ein paar Schachteln und gehe dann zurück in den Kreml. Und da bringt man mir einen Nachrichtenbericht, in dem ich lese, dass der Ordensträger Podbelskij grausam ermordet wurde und zwar direkt auf dem Roten Platz. Die Tschekisten haben sich die Füße wundgelaufen – konnten aber nicht herausfinden, woher die Kugel stammte. Da hat ein mächtiger Feind zugeschlagen. Es war ein glatter Durchschuss, die Kugel hat den Leninorden durchschlagen, exakt an der Stelle des Führerkopfs! Ich denke, du musst zurückfliegen! Wir können solche Menschen wie dich nicht aufs Spiel setzen und dürfen sie den Kugeln der Feinde nicht ausliefern!“
    Während er sprach, wurde Kalinin immer nervöser. Offenbar machte er sich um Dobrynin wirklich große Sorgen. Er vergaß sogar seinen gebeugten Ellbogen, begann zu gestikulieren und über seinen rechten Arm liefen rote Blutstropfen. Als er sie bemerkte, rieb er sich mit der linken Hand über die Haut und krempelte hierauf einfach die Ärmel des grünen Wollhemdes herab. Jetzt konnten ganze Bäche hinunterfließen und niemand würde es sehen!
    „Gut“, nickte der Volkskontrolleur. „Ich werde gleich heute …“
    „Aber warum denn heute? Es ist doch schon Abend! Morgen Früh wird dich ein Wagen abholen. Diese Nacht solltest du dich ausschlafen und gründlich erholen. Marija Ignatjewna wird sich bestimmt gut um dich kümmern!“ Genosse Kalinin zwinkerte ihm zu. „Ach ja, fast hätte ich es vergessen. Bei den Deinen in Kroschkino ist alles in Ordnung. Nur der Hund ist eingegangen. Aber ich habe angeordnet, dass deine Frau einen neuen bekommt, einen reinrassigen, gleich von hier aus der

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