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Der wahrhaftige Volkskontrolleur - Roman

Der wahrhaftige Volkskontrolleur - Roman

Titel: Der wahrhaftige Volkskontrolleur - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrej Kurkow
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weiße Wüste ohne irgendwelche Anzeichen von menschlichem Leben.
    „Und wo ist die Stadt?“, fragte Dobrynin wieder.
    „Wir sind daran vorbeigeflogen!“, antwortete der Pilot.
    „Ich hab sie gar nicht gesehen!“ Dobrynin zuckte enttäuscht die Achseln.
    „Da waren drei Häuser!“, rief der Pilot.
    „Die hab ich gesehen!“, schrie ihm Pawel als Antwort zu.
    „Das war doch die Stadt!“
    „Drei Häuser sind eine Stadt?“ Dobrynin bedachte den ihm zugewandten Piloten mit einem erstaunten Blick.
    „Ja“, rief dieser. „Drei Häuser sind eine Stadt, zwei Häuser eine Ortschaft, ein Haus ein Dorf. Wir sind hier in Jakutien, das ist da so üblich …“
    „Da so üblich?“, wiederholte der Volkskontrolleur für sich und hatte Schwierigkeiten mit dem jakutischen Begriff einer Stadt.
    Er warf noch einen Blick nach unten, dann schaute er nach, ob sich sein Reisesack noch unter dem Sitz befand, und begann beruhigt und geduldig die angekündigte Landung abzuwarten.
    Es verging noch etwas Zeit und dann erbebte das Flugzeug, als es auf die heimatliche Erde aufsetzte, und raste ratternd und holpernd über das Schneefeld.
    Dobrynin erschrak kurz, aber gleich nach dem Aufsetzen verwandelte sich der Schreck in Neugier, und der Kontrolleur drehte den Kopf wie ein Vogel und versuchte, in zwei Richtungen zugleich zu schauen: aus dem seitlichen Flugzeugfenster sowie aus dem vorderen Fenster, durch das man eigentlich nichts sehen konnte. Vor dem Seitenfenster tauchte ein kleines Häuschen mit einem Windsack auf, wie er ihn bereits vom Moskauer Flughafen her kannte. Gleich neben dem gestreiften Windsack wehte eine rote Fahne und vom Dach aus ragte ein schmales, nach oben enger werdendes Eisenrohr weit empor. Aus dem Haus trat ein Mann, von mittlerer Größe, aber ziemlich breit, und solange das Flugzeug noch nicht ganz nahe an das Häuschen herangerollt war, vermochte Dobrynin nicht zu begreifen, warum der Mann so dick war. Als das Flugzeug jedoch angehalten hatte, wurde dem Volkskontrolleur klar, dass es an seiner Kleidung lag.
    Schließlich verstummte der Flugzeugmotor, der Pilot erhob sich von seinem Platz und trat ein wenig schwankend hinter Dobrynin. Das Eisen quietschte, als er die Ausstiegsluke an der Seitenwand öffnete. Pawel selbst fühlte ein unangenehmes Gären im Bauch und eine allgemeine Schwäche machte sich in ihm breit. Die Beine wollten seinen Gedanken nicht gehorchen, mit denen er seinem Körper befahl, sich aufzurichten.
    „Na los, stehen Sie auf!“, sagte der Pilot allzu laut, als würde in seinen Ohren immer noch der Motor dröhnen.
    Dobrynin spannte seine Muskeln an, stützte sich auf den Armlehnen ab und stand auf.
    Pawel sprang hinter dem Piloten auf die Erde und konnte das Gleichgewicht kaum halten. Ihm war schwindlig und wenn der Mann, der sie abholte, ihm nicht kräftig die Hand geschüttelt hätte, wäre er wohl auf der gefrorenen, von Schnee bedeckten Erdkruste gelegen.
    „Herzlich willkommen! Herzlich willkommen!!“ Der Mann in der warmen Kleidung schüttelte freudig die Hand des Kontrolleurs.
    Langsam erhielt Dobrynin sein Gleichgewichtsgefühl wieder, und während er ein gequältes Lächeln aufsetzte und gleichzeitig herauszufinden versuchte, was gerade mit seiner Gesichtshaut passierte, sagte er zu dem Mann:
    „Guten Tag … Danke …“
    Schon fühlte er, wie die Haut seiner Wangen immer mehr spannte, und auch sein Gesicht ließ das erkennen, denn der Mann wurde plötzlich ernst, stürzte in das Häuschen und kam nach einer halben Minute mit einer Dose wieder.
    „Einen Augenblick“, sagte er im Tonfall eines Arztes, während er mit zwei Fingern etwas Salbe aus der Dose holte und sie auf dem Gesicht des Gastes verstrich. „Das ist schließlich ein physikalisches Gesetz … in der Wärme dehnt sich alles aus und in der jakutischen Kälte zieht sich alles zusammen … so … ist es jetzt besser?“
    Dobrynin nickte kaum merklich.
    „Walerij Palytsch!“, rief der Mann dem Piloten zu. „Komm herein, wärm dich mit Tee auf“, und dann fuhr er an Dobrynin gewandt fort, „also, wie gesagt, in dieser Kälte zieht sich alles zusammen … vor einem Jahr kam ein Flugzeug an und brachte eine Treibhausgurke, die hatte man mir von zu Hause mitgeschickt, und sie war unglaublich lang, müsst ihr wissen … Als wir sie dann gleich hier draußen zum Herzeigen hervorgeholt hatten, schrumpfte sie vor unseren Augen zusammen und wurde klein wie ein Taubenschnabel. Das war schrecklich anzusehen!

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