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Der wahrhaftige Volkskontrolleur - Roman

Der wahrhaftige Volkskontrolleur - Roman

Titel: Der wahrhaftige Volkskontrolleur - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrej Kurkow
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die Kälte.
    Nach ein paar Metern spürte Pawel wieder die Kälte auf den Wangen, aber es schmerzte schon weniger und auch der Tee wärmte von innen. So schenkte er also der Härte des nördlichen Klimas wenig Beachtung.
    Beim Flugzeug blieben alle drei stehen und überlegten laut, wie man das Pferd am besten herausholen könne. Trieb man es heraus, dann könnte es sich die Beine brechen. Zwar war es nicht weiß Gott wie hoch, aber ein Pferd war kein Mensch und solche Sprünge nicht gewohnt. Schließlich holten sie den Tisch aus dem Häuschen, stellten ihn direkt unter die Ausstiegsluke, stiegen selbst ins Flugzeug und schoben das Pferd Grigorij mit vereinten Kräften zum Ausgang. Dort bockte es zehn Minuten lang, wahrscheinlich wegen der eisigen Luft, doch schließlich sprang es auf den Tisch und weiter auf die Erde und schlug dabei mit einem Huf ein Loch in die Tischplatte. Dann wandte es sich um, schüttelte den riesigen Kopf und wieherte.
    „Offensichtlich ist ihm kalt“, sagte Pawel besorgt, fasste Grigorij an den Zügeln und führte ihn ins Haus.
    Fjodor und der Pilot trugen den beschädigten Tisch hinterher.
    Pawel kam es vor, als wäre es während ihrer Abwesenheit im Häuschen kühler geworden. Er wollte das Pferd dazu bringen, sich vor die freie Wand zu legen, das Pferd weigerte sich jedoch entschieden und Dobrynin gab auf.
    Fjodor ging Flechtenstücke holen und brachte einen ganzen Berg herein. Er trocknete sie an den Außenwänden des Hauses auf Nägeln, die reichlich in die Balken der Wände eingeschlagen worden waren.
    Der Ofen zischte fröhlich auf, als er neuen Brennstoff bekam. Pawel ließ das Pferd in Ruhe, nahm den Kochtopf, kratzte hinter dem Haus etwas Schnee zusammen und stellte den Topf damit neben den Ofen. Sobald der Schnee geschmolzen war, würde das Pferd Wasser trinken können.
    „Vielleicht laden wir auch gleich das Holz aus?“, schlug der Pilot Fjodor vor.
    „Ach, wozu die Eile! Du bleibst doch noch einige Tage hier!“, antwortete Fjodor darauf.
    Sie tranken noch Tee, dann ging Fjodor zu einem Apparat, der auf einem Tischchen in der Ecke stand, und hantierte daran herum. Im Zimmer ertönte ein Piepsen.
    „Was ist das?“, wollte der Volkskontrolleur wissen.
    „Ein Funkgerät!“, antwortete der Hausherr stolz. „Ich muss schließlich funken, dass Sie angekommen sind!“
    „Nach Moskau? Dem Genossen Kalinin?“, freute sich Dobrynin. „Können Sie ihn vielleicht von mir grüßen lassen?“
    „Nein“, schüttelte Fjodor den Kopf. „Es gibt hier eine Rangordnung … Ich funke nach Chulajba, das ist die nächste Stadt, etwa dreihundert Kilometer von hier. Von dort wird nach Jakutsk gefunkt, von dort nach Chabarowsk, von Chabarowsk nach Moskau und schließlich von Moskau in den Kreml. So ist das!“
    „Man kann auch direkt nach Moskau funken“, sagte der Pilot, der merkte, dass Dobrynin ein wenig betrübt wurde. „Es ist nur nicht erlaubt, dafür kann Fedja entlassen werden.“
    „Aha, verstehe“, sagte Pawel langsam. „Das ist also Vorschrift.“
    „Ja“, nickte Fjodor, „das ist Vorschrift.“ Und zur Bekräftigung hob er bedauernd die Schultern.
    Dann setzte er sich auf den Hocker vor das Funkgerät, stellte es ein, indem er ein schwarzes Ding nach links und rechts drehte, setzte die Kopfhörer auf, und das Piepsen des Morsecodes erfüllte das ganze Zimmer – sogar das Pferd Grigorij spielte mit den Ohren, da es diese Laute nicht kannte.
    Fasziniert sah Dobrynin Fjodor zu und Walerij Palytsch beobachtete den Volkskontrolleur mit Interesse. Er beeindruckte den Piloten durch seine Einfachheit und durch sein Amt, das dieser Einfachheit nicht entsprach. Draußen wurde es bereits dunkel.
    Fjodor nahm die Kopfhörer ab und legte sie auf das Funkgerät. Irgendetwas hatte ihn verstimmt.
    „Was gibt es dort?“, fragte der Pilot.
    „Alles in Ordnung, ich hab’s gemeldet“, winkte Fjodor ab. „Ich habe Poltoranin gebeten, mir etwas aus den neuesten Zeitungen durchzufunken, aber Kriwizkij hat es ihm nicht erlaubt!“
    „Ach ja“, murmelte der Pilot teilnahmsvoll. Dann ging er zum Fenster. „Es wird schon dunkel … Und ich hab schon wieder vergessen, dir Zeitungen mitzubringen.“
    „Und wann wird es hier hell?“, fragte Dobrynin.
    Sowohl der Pilot als auch Fedja sahen ihn mit einem kaum merklichen Schmunzeln an.
    „In etwa fünf oder sechs Monaten“, sagte Fjodor ruhig.
    „Was?!“, brach es aus dem Kontrolleur heraus. „Wie das?“
    „Die Polarnacht“, sagte

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