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Der wahrhaftige Volkskontrolleur - Roman

Der wahrhaftige Volkskontrolleur - Roman

Titel: Der wahrhaftige Volkskontrolleur - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrej Kurkow
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noch einen Schluck, diesmal einen richtigen, ächzte und ließ seinen Blick begierig durch den Balagan schweifen auf der Suche nach etwas, das sich dazu essen ließ oder an dem er wenigstens riechen konnte.
    Zybulnik begriff, worum es ging, und hob seinen Arm vor Dobrynins Gesicht. Der Volkskontrolleur beugte sich darüber, presste seine Nase in den Pelzärmel der Jacke, machte einen tiefen Atemzug durch die Nase und gleich noch einen zweiten.
    „Aaah“, sagte der Alte erfreut. „Weit gereister Gast mag Tarasun?“
    „Gut! Sehr gut!“ Pawel nickte und blickte dabei den Herrn des Balagan beifällig an. „Und das trinken Sie jeden Tag?“
    „Aaah“, lächelte Abunajka wieder. „Weit gereister Gast weiß nicht, dass heute Nacht ist …“
    „Er weiß es!“, unterbrach ihn der Komsomolze barsch. „Der weit gereiste Gast hat es vergessen!“
    „Ei, russischer Mann Zybulnik, nicht beleidigt sein. Abunajka ist alt, kann schlecht Russisch …“
    Das Gespräch war einfältig, und deshalb goss Dobrynin seinen Krug noch einmal mit Tarasun voll.
    Bald kam Kriwizkij. Der Alte freute sich über seine Ankunft. Er sprach so laut, als ob er selbst schwerhörig wäre.
    „Sülze wird gleich-gleich fertig und gut sein! Tarasun ist frisch! Ganz frisch!“
    „Gib mir von deinem Tarasun!“, sagte Kriwizkij zu ihm, und er nahm, sobald er einen Metallkrug erhalten hatte, der sogleich mit der milchigen Flüssigkeit gefüllt worden war, einige kräftige Schlucke.
    Abunajka machte sich am Feuer zu schaffen, nahm den Ständer mit dem Kessel und trug ihn aus dem Balagan. Dann kehrte er zurück.
    „Ist gleich-gleich abgekühlt.“
    „Wie undiszipliniert ihr hier seid …“, sprach Kriwizkij, während er Zybulnik und den Volkskontrolleur anblickte. „In einem Balagan sitzen die Gäste auf dem Fußboden und nicht auf der Schlafstätte des Hausherrn!“
    Dobrynin stand gehorsam auf und ließ sich auf dem Boden nieder. Der Komsomolze setzte sich ebenfalls neben ihn und schließlich auch Kriwizkij selbst. Er vervollständigte damit die geometrische Form eines nationalen Festtisches.
    „Ei-jei-jei …“, brummte der Alte vor sich hin, während er hinter dem Bett herumkramte.
    „Ach ja, Genosse Zybulnik!“, sprach plötzlich Kriwizkij und wandte sein auf weibliche Art liebliches Gesicht dem Komsomolzen zu. „Aus Jakutsk ist eine Funkmeldung gekommen. Es sind dort achtundsechzig Führerbüsten für dich angekommen, also wenn du die Parteibeiträge von der Bevölkerung einkassierst, kannst du gleich nach Jakutsk fahren. Und nimm mir von dort Birkenholz mit – ein Geschenk von meinem Freund im Kreml!“
    Als Kriwizkij den Freund im Kreml erwähnte, warf er Dobrynin einen Blick zu, um zu sehen, ob das den nötigen Eindruck auf ihn machte.
    Der Volkskontrolleur hingegen erinnerte sich gerade an den Genossen Kalinin und überlegte, ob er nun etwas zum Tee hatte oder ob er den Tee einfach so trinken sollte.
    „Zu Befehl, Genosse Kriwizkij“, antwortete der Komsomolze mit einem Kopfnicken. „Aber ist es nicht noch etwas früh, Beiträge zu kassieren? Ich habe sie erst vor kurzem eingesammelt, und die Scheune ist vollgestopft, man kann sie ohnehin nirgends aufbewahren.“
    „Die Scheune ist schon wieder leer“, antwortete Genosse Kriwizkij barsch.
    „Und wann wurden sie abgeholt?“, wunderte sich der Komsomolze.
    „Während du unterwegs warst.“
    „Aaah!“ Abunajka ließ ein fröhliches Brummen hören. „Ich habe noch Tarasun gefunden!“ Und der Alte stellte noch eine Flasche mit milchigem Wodka vor die Gäste auf den Boden. „Und ich hole gleich-gleich Sülze …“
    „Aber ist es nicht gefährlich, hier eine ganze Scheune voll Geld zu haben? Wenn es gestohlen wird …“, brachte Dobrynin seine Gedanken ins Gespräch ein.
    „Welches Geld?!“, stellte Kriwizkij eine Gegenfrage. „Dort ist kein Geld.“
    „Und die Parteibeiträge?“
    „Aber das ist doch kein Geld, wir sammeln sie ja in Zobelfellen ein“, erklärte der Vorsitzende von Chulajba. „Dann schicken wir sie nach Moskau, und um alles Weitere brauchen wir uns nicht zu kümmern. Wir haben hier drei Parteivölker, gut zwanzig Ortschaften …“
    Wieder erschien der Alte, verharrte für einen Moment neben der sitzenden Gesellschaft, stellte dann den Kessel mit der abgekühlten Sülze auf den Boden und setzte sich dazu.
    „Sülze ist gut …“, sagte er und blickte dabei dem Genossen Kriwizkij in die Augen.
    In die Krüge wurde Tarasun nachgeschenkt. Dann

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