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Der wahrhaftige Volkskontrolleur - Roman

Der wahrhaftige Volkskontrolleur - Roman

Titel: Der wahrhaftige Volkskontrolleur - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrej Kurkow
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sagte Dobrynin leise.
    „Das ist ein Wort aus ihrer Sprache“, erklärte der Komsomolze. Der Volkskontrolleur trat zum sonnengebräunten Großmütterchen, wies mit der Hand auf das längste Fleischstäbchen und sagte: „Burajsy!“ Das Großmütterchen nahm flink das Fleischstäbchen und reichte es dem Volkskontrolleur.
    „Danke“, sagte Dobrynin zum Großmütterchen.
    „Nicht nötig!“ Zybulnik sah den Kontrolleur mit leicht verkniffenem Mund an. „Sie verstehen das sowieso nicht.“
    Sie schritten die Reihe der auf dem Schnee ausgelegten Waren ab. Dobrynin „kaufte“ mit der Parole noch einige seltsame Fleischstücke. Er versuchte ein kleines Stück von dem Fleischstäbchen abzubeißen, aber dieses erwies sich als so stark gesalzen, dass sich Dobrynins Lippen sogleich zusammenzogen.
    Zybulnik „kaufte“mit der Parole einige Pelze eines Felltieres, das Dobrynin nicht kannte.
    „Ich muss meine Hose ausbessern, sie ist schon ganz durchlöchert“, erklärte er Dobrynin.
    Insgesamt war der Markt ärmlich und einiges daran war ihm unverständlich. Die Verkäufer saßen herum, und außer dem Kontrolleur und Zybulnik gab es keine Käufer. Allerdings bemerkte Dobrynin, dass die Verkäufer selbst untereinander Waren tauschten, aber sie versuchten das unbemerkt und hinter dem Rücken der Vertreter des russischen Volkes zu machen.
    Bevor sie den Markt verließen, legte Dobrynin alle Käufe in seinen Reisesack, band ihn zu und warf ihn sich über die Schulter. Da berührte ihn jemand leicht. Dobrynin fuhr erschrocken zusammen und drehte sich um. Vor ihm stand ein kleiner, ihm bis zur Schulter reichender Einheimischer, der sich allerdings von den übrigen Anwesenden unterschied. Sein Gesicht war nicht so breit wie das des Großmütterchens und der anderen Verkäufer, darüber hinaus hatte er einen Schnurrbart, der nach oben gezwirbelt war.
    „Russe!“, sagte er mit einer zarten, beinahe säuselnden Stimme. „Ich gebe dir Zobel für dieses Ding!“ Und er berührte den Sack, der über seiner Schulter hing.
    „Nein, Genosse“, antwortete der Kontrolleur entschuldigend. „Ich kann nicht – den hat mir meine Frau geschenkt …“
    „Aha“, nickte der Einheimische. „Ein gutes Ding!“ Dobrynin hob für alle Fälle die Achseln, um zu zeigen, dass er die Tasche wirklich nicht tauschen konnte, und eilte zum Komsomolzen, der schon vorausgegangen war.
    „Was wollte er von dir?“, fragte Zybulnik.
    „Er wollte den Sack gegen Zobel tauschen …“
    „Wie viele Zobelfelle wollte er denn dafür geben?“, wollte der Komsomolze wissen.
    „Ich weiß es nicht“, gab Dobrynin zu. „Ich habe abgelehnt. Schließlich hat ihn mir meine Frau geschenkt.“
    „Da hattest du recht!“, nickte Zybulnik, über sein Gesicht huschte jedoch ein boshaftes Lächeln, das sofort wieder verschwand. „Lass uns jetzt zu Abunajka gehen und uns bei ihm ausruhen. Sag ihm nur nicht, dass ich Zucker habe!“
    „Aber nein, ich werde es nicht vergessen!“, sagte Dobrynin.
    „Übrigens der Mann, der dir den Zobel angeboten hat, das ist der zweite, der Russisch spricht. Waplacher heißt er. Wie einem eine Mutter einen solchen Namen geben kann!“
    „Wahrscheinlich war sie keine Russin“, meinte Pawel. „Eine Russin würde ihr Kind nicht so nennen.“
    „Bestimmt!“, bestätigte Zybulnik.
    Abunajka wohnte abseits der Stadt. Seine Behausung war weder eine Hütte noch ein Zelt.
    „In ihrer Sprache nennen sie es Balagan“, erklärte Zybulnik. „In solchen Balaganen wohnen jene Menschen des Nordens, die den größten Respekt genießen, innerhalb der lokalen Volksgruppen natürlich.“
    Beim Eingang in den Balagan lagen einige Hunde mit flauschigem Fell im Schnee und neben ihnen stand ein Schlitten mit abgestreiftem Hundegeschirr.
    Dobrynin wurde es augenblicklich warm ums Herz. Als er die Hunde sah, erinnerte er sich sogleich an sein Dorf, an seine Frau und an den tollpatschigen und stürmischen Hund Mitka.
    „Abunajka ist zu Hause!“, sagte der Komsomolze, während er die Hunde ansah. „Wir bitten ihn gleich, uns etwas zu essen zu machen. Und später kommt vielleicht auch noch Genosse Kriwizkij.“
    Während trotz der Nacht draußen alles sichtbar war, herrschte im Balagan völlige Dunkelheit, als sie eintraten. Jemand schnarchte.
    „He, Abunajka! Burajsy!“, rief der Komsomolze in die Dunkelheit und sogleich fuhr jemand hoch, murmelte etwas in einer unverständlichen Sprache und sagte dann auf Russisch: „Gleich-gleich!“ Ein

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