Der Waisenstern.
Brust.
»Schon gut, Pip«, sagte er, aber der Minidrach ließ sich nicht beruhigen. Als er Flinx inspiziert hatte, erhob er sich wieder in die Lüfte und stieß noch einmal zu. Überall, wo sein Gift Kleider oder Haut der Liegenden traf, erschienen gähnende Löcher.
Der erste Mann, den das Gift getroffen hatte, war bereits tot, während der zweite stöhnend an der Wand hinter Flinx lehnte. Hautfetzen hingen ihm lose von Hals und Wangen; und an einer Stelle, wo Pips extrem korrodierendes Gift den Knochen freigelegt hatte, blitzte es weiß.
Inzwischen hatte sich der Minidrach auf Flinx' Leib niedergelassen und glitt jetzt liebkosend nach oben. Seine lange Zunge schoß vor und berührte ihn an Kinn und Lippen. »Die rechte Hand«, instruierte ihn Flinx, »meine rechte Hand.« In der Dunkelheit musterte ihn das Reptil fragend. Flinx schnippte auf besondere Art mit den Fingern, und jetzt kroch der Minidrach auf die Hand zu und legte seinen Kopf in die offene Handfläche. Ein paar Fingerbewegungen, und dann schloß die Hand sich sanft, aber fest. Die Schlange leistete keinen Widerstand.
Flinx bereitete es einige Mühe, Pips Schnauze so hinzulegen, bis sie die Stelle erreichte, wo das Metallband am Tisch befestigt war. Seine Finger strichen über Muskelstränge hinter den Kinnladen. Ein paar Tröpfchen Gift quollen aus dem düsenförmig zulaufenden Rohr in der unteren Gaumenpartie des Minidrachs.
Ein zischendes Geräusch.
Flinx wartete, bis das Zischen verstummt war, dann riß er an der Fessel. Er mußte noch ein zweites Mal reißen, bis das angefressene Metall nachgab. Jetzt fiel es leichter, Pip an dem nächsten Band anzusetzen. Anschließend wiederholte er die Prozedur an den Beinen. Als er das linke Bein befreite, stellte Flinx fest, daß sich rechts von ihm etwas bewegte. Sofort erhob der Minidrach sich wieder in die Luft.
Der einzige Überlebende kreischte, als der winzige Drachen auf ihn zuschoß. »Weg da! Weg da! Lassen Sie ihn nicht zu mir heran!« schrie er erschreckt.
»Pip!« befahl Flinx. Der Minidrach schwebte vor dem geduckten Mann, seine Schwingen flirrten wie die eines Kolibris, und seine seelenlosen kaltblütigen Augen starrten in die des blutenden Menschen, dessen Schlüsselbein weiß durch die weggefressene Haut und die zerfetzte Kleidung leuchtete.
Endlich hatte Flinx das letzte Stahlband abgerissen. Er richtete sich langsam auf und ging vorsichtig zu dem anderen Tisch. Die Kleider, die er getragen hatten, waren in Fetzen. Er schlüpfte in die zweite Kombination, in dessen Falten Pip so bequem geruht hatte.
»Tut mir leid um Ihre Freunde, aber nicht besonders«, murmelte er. Während er den Reißverschluß seines Anzugs hochzog, wandte Flinx sich dem verstörten Geschöpf auf dem Boden zu. »Ich möchte die ganze Geschichte hören, und daß Sie mir ja keine Einzelheiten weglassen. Je mehr Fragen ich stellen muß, desto ungeduldiger wird Pip.«
Von den Lippen des Mannes kam ein Strom von Informationen. »Ihr Thranxfreund ist ein billiger kleiner Verbrecher.«
»Antiquitäten«, murmelte Flinx. »Sehr komisch. Nur weiter.«
»Es kam ihm seltsam vor, daß ein junger Mann wie Sie, der allein reist, sich so für Conda Challis interessiert, und dann hat er einfach Challis' Büro hier angerufen und denen von Ihnen erzählt. Jemand ganz oben wurde nervös und hat ihm gesagt, er sollte Sie an uns ausliefern, damit wir Sie überprüfen.«
»Das leuchtet ein«, nickte Flinx. »Und was sollte mit mir geschehen, nachdem man mich... äh... überprüft hatte?«
Der Mann, der sich in die Ecke gedrängt hatte, um möglichst weit von dem flatternden Minidrach entfernt zu sein, flüsterte: »Überlegen Sie doch - was meinen Sie wohl?«
»Challis sagte, er sei ein gründlicher Mensch«, murmelte Flinx. »Ich hätte ein ganz unschuldiger Passagier sein können - das hätte nichts ausgemacht.« Er packte die wenigen intakt gebliebenen Gegenstände seines Gepäcks in den Koffer und ging auf die Tür zu, durch die Bisondenbit vor wenigen Augenblicken verschwunden war.
»Und was ist mit mir?« murmelte der Mann. »Werden Sie mich töten?«
Flinx wandte sich überrascht um, und seine Augen verengten sich, als er das menschliche Wrack musterte, das noch vor wenigen Minuten sein Gepäck durchwühlt hatte. »Nein. Weshalb denn? Sagen Sie mir, wo ich Conda Challis finde. Und dann würde ich Ihnen den Rat geben, einen Arzt aufzusuchen.«
»Im obersten Stockwerk des Verwaltungsturms am anderen Ende der
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