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Der Wald der Könige

Der Wald der Könige

Titel: Der Wald der Könige Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edward Rutherfurd
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der am Ende der ersten Woche zu Alan meinte: »Eine Mark für Euch, wenn Ihr gewinnt.« Als die zweite Woche verstrich, sagte er: »Ich habe noch mehr Geld gesetzt. Also zwei Mark.«
    »Ist er übergeschnappt?«, fragte Willie.
    »Nein, mein Sohn. Er ist nur reich.«
    Währenddessen blieb Totton so ruhig und gelassen wie immer. Seagull hatte Achtung vor dieser Haltung. »Ich mag ihn zwar nicht, mein Sohn«, räumte er ein. »Aber er weiß, wann man schweigen muss.«
    »Und wirst du gewinnen, Vater?«, erkundigte sich Willie.
    Doch zu seinem Ärger summte sein Vater an Stelle einer Antwort nur ein Seemannslied vor sich hin. Aber als Willie fragte, ob er beim Rennen mitfahren dürfe, betrachtete dieser ihn schmunzelnd und stimmte nach kurzem Zögern zu.
    Das war eine große Ehre, und Willie musste das sofort seinen Freunden berichten. Diese waren gebührend beeindruckt. Jonathan riss vor Erstaunen die Augen auf und traute zunächst seinen Ohren nicht. »Ist es wirklich wahr, dass du mitdarfst? Ich bin ganz sicher«, fügte er verschwörerisch hinzu, »dass du gewinnst.« Es war wunderbar.
    Aber würde Willies Vater wirklich gewinnen? Willie hatte zwar in jener Nacht in Bisterne Jonathan gegenüber damit geprahlt und würde seine Aussage bestimmt nicht zurücknehmen. Doch er hätte nur zu gerne gewusst, was sein Vater im Schilde führte.
    In Wahrheit jedoch hätte Alan Seagull diese Frage selbst nicht beantworten können. Natürlich beabsichtigte er nicht auszuposaunen, wie schnell sein Schiff wirklich war. Lieber hätte er das Rennen verloren. Aber das Meer war unberechenbar. Vielleicht würde das andere Boot havarieren. Das Meer und das Schicksal würden die Entscheidung treffen und sich durch nichts beeinflussen lassen. Also war Alan Seagull frohen Mutes, bis er am Abend drei Tage vor dem Rennen ein Gespräch mit seinem Sohn führte.
    Beim Anblick des kleinen Willie ahnte er sofort, dass etwas im Argen lag, und auch die Verlegenheit des Jungen verhieß nichts Gutes. Dennoch kam die Frage für Alan Seagull völlig unerwartet:
    »Vater, darf Jonathan auch beim Rennen mitfahren?«
    Jonathan? Jonathan Totton? Der Sohn seines Konkurrenten? Entgeistert starrte der Seemann Willie an.
    »Natürlich nur, wenn sein Vater es erlaubt«, fügte Willie hinzu.
    Das wird er ganz sicher nicht tun, dachte Alan.
    »Ich habe ihm gesagt, dass du vielleicht einverstanden bist. Er wiegt ja nicht viel«, erklärte Willie.
    »Dann soll er doch auf dem anderen Boot mitfahren.«
    »Das will er aber nicht. Er möchte mit mir zusammen sein. Und außerdem…«
    »Was außerdem?«
    Willie zögerte und meinte dann leise: »Das Boot aus Southampton verliert ja sowieso.«
    »Das behauptest du, mein Sohn.« Alan schmunzelte. Dann jedoch kam ihm ein Gedanke, und er musterte seinen Sohn prüfend. »Glaubst du, dass ich gewinnen werde?«
    »Selbstverständlich, Vater.«
    »Will Jonathan deshalb bei uns mitfahren? Weil du ihm gesagt hast, dass wir gewinnen?«
    »Ich weiß nicht, Dad.« Willie wirkte betreten. »Vielleicht.«
    »Hast du ihm von unserem Geschäft erzählt?«
    »Nein, Vater, das heißt, nicht richtig.« Eine Pause entstand. »Kann sein, dass ich mich verplappert habe.« Willie blickte zu Boden und sah seinen Vater dann flehend an. »Er wird nichts verraten, Vater. Ich schwöre.«
    Alan Seagull überlegte schweigend.
    In Lymington wussten einige Leute über Alan Seagulls Geschäfte Bescheid. Zum Beispiel seine Mannschaft. Und auch ein paar Kaufleute, aus dem offensichtlichen Grund, weil er in ihrem Auftrag die Wolle schmuggelte. Doch Totton gehörte nicht zu ihnen, und dazu würde es auch nie kommen. In Seagulls Kreisen gab es eine einfache Faustregel: Man redete nicht mit Männern wie Totton. Denn wenn er und seinesgleichen im Bilde waren, würde sich die Sache früher oder später herumsprechen. Dann würde man die Boote abfangen, die Männer bestrafen und die Geschäfte stören. Und – was ihm merkwürdigerweise am wichtigsten war – ihn, Alan Seagull, in seiner Freiheit beschneiden.
    Wusste Totton schon Bescheid? Vielleicht noch nicht. Seagull beschloss, dass er Jonathan eine Weile beobachten musste. Gewiss würde er ihm anmerken, ob er es seinem Vater gebeichtet hatte. Wenn ja, waren ihm die Hände gebunden. Wenn nein… überlegte er. Falls der Junge wirklich mitfuhr, konnten ihn seine Männer ja unauffällig über Bord werfen. Er zuckte die Achseln. Aber Totton würde seinem Sohn die Mitfahrt ohnehin nicht erlauben.
    »Sprich kein

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