Der Wald der Könige
bewacht. Sein Vater ließ an den Straßen und am Tor der Kathedrale Posten aufstellen.
Ein junger Offizier kam herangeprescht und meldete: »Die Stadt ist gesichert.«
»Gut.« Der Vater drehte sich zu seinem Freund Grove um. »Geht bitte von Tür zu Tür und fragt nach, wie viele gute Bürger von Salisbury bereit sind, dem König zu dienen.« Nachdem Grove sich entfernt hatte, wandte Penruddock sich an den jungen Offizier: »Treibt möglichst viele Pferde auf. Beschlagnahmt sie im Namen des Königs, ganz gleich, wem sie gehören.« Er warf einen Blick auf General Wagstaff, einen berüchtigten Heißsporn, der tapfer im Bürgerkrieg gekämpft hatte: »Wo ist Hertford?«
Der Marquis von Hertford, ein mächtiger Magnat, hatte versprochen, mit einer großen Truppe, vielleicht sogar mit einem ganzen Reiterregiment, zu ihnen zu stoßen.
»Er wird schon kommen, keine Angst.«
»Das möchte ich ihm auch geraten haben. Nun, werfen wir einen Blick ins Gefängnis. Du wartest hier, Thomas.« Gefolgt von zwanzig Mann, ritt er durch die Dunkelheit zum Stadtgefängnis.
Der Sealed Knot – der zugezogene Knoten. Thomas sah sich um und beobachtete die Reiter, die auf dem dunklen Marktplatz herumwimmelten. Hie und da erkannte er an einem schwachen Glimmen, dass sich jemand eine Pfeife angezündet hatte. Ein leises Klappern war zu hören, wenn die Pferde an ihrem Zaumzeug kauten, ab und zu schlug ein Schwert gegen einen Brustpanzer. Sealed Knot. Zwei Jahre lang hatten sich die treuen Adeligen dieses Geheimbundes auf den Schlag vorbereitet, der England seinen wahren Herrscher zurückgeben sollte. Nun wartete der rechtmäßige Erbe, der Sohn des ermordeten Königs, auf dem Kontinent darauf, den Thron besteigen zu können. An strategischen Stellen wurden im ganzen Land Städte und Festungen besetzt. Und sein eigener tapferer Vater führte die Truppen im Westen an. Thomas platzte fast vor Stolz.
Bald kehrten die beiden adeligen Befehlshaber zurück.
Sein Vater kicherte. »Schwer zu sagen, Wagstaff, ob diese Männer lieber im Gefängnis geblieben wären als jetzt Soldaten werden zu müssen.« Er wandte sich um, denn der junge Offizier war zurückgekehrt, um über die beschlagnahmten Pferde Bericht zu erstatten. »Wir haben etwa hundertzwanzig Galgenvögel, die für den Militärdienst taugen. Gibt es für sie genug Pferde?«
»Jawohl, Sir. Die Ställe der Gasthäuser sind voll. Wegen der Verhandlungen vor dem Assisengericht sind viele Leute in der Stadt.« Vor kurzem waren die Reiserichter aus London in Salisbury eingetroffen, um ihre üblichen Sitzungen abzuhalten.
»Ach, ja«, fuhr Oberst Penruddock fort. »Das erinnert mich an etwas. Wir müssen uns auch noch mit den Richtern und dem Sheriff befassen.« Er nickte dem Offizier zu. »Bitte findet sie und bringt sie sofort hierher.«
Als die fraglichen Herren kurz darauf erschienen, konnte sich Thomas ein Lachen kaum verbeißen. Denn der Offizier hatte den Befehl seines Vaters recht wörtlich genommen. Die drei Männer – zwei Richter und der Sheriff – waren geradewegs aus den Betten geholt worden und standen nun zitternd vor Kälte im Nachthemd da. Allmählich wurde es hell, sodass ihre entrüsteten Mienen deutlich zu sehen waren.
Bis jetzt hatte Wagstaff sich damit zufrieden gegeben, sich leise mit Penruddock zu beraten. Schließlich war er nur als Vertreter des Königs hier, während Penruddock ein von den Einheimischen geachteter Befehlshaber war. Doch der Anblick dieser drei hohen Würdenträger im Nachtgewand reizte ihn offenbar zur Weißglut. Er war ein klein gewachsener, drahtiger Mann mit einem Bärtchen und einem langen Schnurrbart, dessen Enden nun vor Wut zitterten. Finster blickte er die drei an.
»Was hat das zu bedeuten, Sir?«, fragte einer der Richter so würdig, wie es ihm unter diesen Umständen möglich war.
»Es bedeutet, Sir«, herrschte Wagstaff ihn zornig an, »dass Ihr im Namen des Königs verhaftet seid.«
»Da muss ich widersprechen«, erwiderte der Richter mit einer für einen Mann, der im Nachthemd auf einem öffentlichen Platz stand, wirklich bemerkenswerten Gelassenheit.
»Außerdem heißt es« –, Wagstaff plusterte sich auf, bis es schien, als würde er gleich platzen –, »dass Ihr gehängt werdet.«
»Das hatten wir eigentlich nicht vor, Wagstaff«, wandte Penruddock freundlich ein.
Doch Wagstaff hörte ihm offenbar gar nicht zu und wandte sich an den Sheriff. »Und Ihr, Sir!«, polterte er.
»Ich, Sir?«
»Ja, Sir, Ihr, Sir. Zum
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