Der Wald der Könige
Penruddock an diesem gefährlichen Unternehmen beteiligt?
Obwohl König Karl I. nicht sehr beliebt gewesen war, hatte die Nachricht von seiner Exekution das Land erschüttert. Traktate, die ihn als Märtyrer hinstellten, fanden reißenden Absatz und waren bald so verbreitet wie die Bibel. Kurz darauf krönten die Schotten seinen Sohn zum König Karl II. Denn sie wollten jetzt ebenso wenig von Cromwell und seiner englischen Armee beherrscht werden wie zuvor von Karl I. und dessen Bischöfen. Die Bedingung war, dass Karl II. – und das gefiel dem jungen, fröhlichen Freigeist gar nicht – nach den Grundsätzen des tristen calvinistischen Glaubens regierte. Prompt versuchte Karl II. in England einzufallen und wurde von Cromwell vernichtend geschlagen. Nachdem er sich tagelang in einer Eiche versteckt hatte, lief er um sein Leben. Das war vor vier Jahren gewesen, doch seither sann der junge König im Exil nach Mitteln und Wegen, sein Königreich zurückzuerobern.
Die Frage war, wie Cromwells neue Regierung aussehen sollte. Das Parlament bestand aus Adeligen und Kaufleuten, doch die Macht lag weiterhin bei der Armee. Es handelte sich um eine andere Armee als die, welche den Bürgerkrieg gewonnen hatte, denn die demokratischen Leveller waren zerschlagen worden. Ihre Anführer hatte man erschossen. Cromwell wurde nun Protektor genannt und unterschrieb mit Oliver P. als wäre er ein König. Als selbst das von ihm eingesetzte Parlament sich vor drei Monaten geweigert hatte, die Armee aufzustocken, hatte er es einfach aufgelöst. »Er ist noch ein schlimmerer Tyrann als der alte König«, protestierte man.
Und da es an Royalisten nicht mangelte und die Parlamentarier, ja, sogar einige demokratische Kräfte innerhalb der Armee vor Wut kochten, bestand durchaus Hoffnung, dass Cromwell gestürzt werden könnte.
Am Donnerstag traf die Botschaft ein.
»Sie sind aufgerieben worden.« Es war bei einem nächtlichen Gefecht in einem Dorf in Westengland geschehen. »Wagstaff konnte fliehen, aber Penruddock und Grove wurden gefangen genommen. Man wird sie wegen Hochverrats vor Gericht stellen.«
Nur allmählich kamen alle Zusammenhänge ans Licht. Der Aufstand war eigentlich nicht gescheitert, sondern hatte – abgesehen von Penruddocks Bemühungen – nie richtig stattgefunden. Obwohl die Parlamentarier wegen ihrer Entlassung zürnten und trotz der Tatsache, dass ein Teil von Cromwells Armee noch immer das schottische Hochland besetzte, waren die Anführer des Sealed Knot zu einem ganz richtigen Schluss gelangt: Ihr Geheimbund war noch nicht reif, einen Volksaufstand anzuzetteln. Ein Hin und Her widersprüchlicher Nachrichten zwischen der Organisation und dem verbannten König hatte nicht nur Männer wie Wagstaff in dem Glauben gewiegt, dass man nun endlich losschlagen werde. Der Briefwechsel hatte außerdem Cromwell auf den Plan gerufen, der prompt zusätzliche Truppen in London und an anderen wichtigen Punkten zusammenziehen ließ. Viele der Verschwörer waren gar nicht erst zu den verabredeten Treffen erschienen oder gleich wieder nach Hause gegangen. Am Tag vor dem Zwischenfall in Salisbury hatte man das ganze Unternehmen endgültig abgesagt. Doch niemand hatte Penruddock davon in Kenntnis gesetzt. Es war also nur eine Frage des falschen Zeitpunkts.
Noch nie hatte Thomas seine Mutter so erlebt. Sie hatte ihrem Sohn zwar die düsteren Züge der Martells vererbt, besaß aber selbst ein breites offenes Gesicht und hatte dichtes, kastanienbraunes Haar. Während sie uneingeschränkt über den Haushalt herrschte, überließ sie geschäftliche und politische Angelegenheiten ihrem Gatten und folgte ihm in allen Dingen. Sie hatte geduldet, dass er mehr als tausend Pfund ausgab, um den König zu unterstützen; später hatte er dafür dreizehntausend Pfund Strafe zahlen müssen. Also waren die letzten Jahre sehr schwierig gewesen, da sie diese Schulden abtragen mussten. Und selbst Thomas wusste, dass ein Verfahren wegen Hochverrats zu einer noch höheren Strafe für die Familie führen konnte. Vielleicht würden sie sogar Compton Chamberlayne und all ihren sonstigen Besitz verlieren. Während seine Mutter sich weiter mit den alltäglichen Dingen des Haushalts beschäftigte und über Kinder, Küche, Speisekammer, Dienstboten und nun auch über die Landarbeiter wachte, fragte sich Thomas, ob sie in dieser Arbeit Ablenkung von diesem schrecklichen Wissen zu finden versuchte.
Ständig beobachtete er sie in der Hoffnung, auf diese
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