Der Wald der Könige
Teufel mit Euch, Sir. Seid Ihr der Sheriff?«
»Ja.«
»Dann werdet Ihr jetzt einen Treueeid auf den König schwören, Sir. Und zwar auf der Stelle, Sir.«
Der Sheriff hatte als Oberst in Cromwells Armee gedient und war entschlossen, sich ungeachtet seiner misslichen Lage nicht einschüchtern zu lassen. »Das werde ich nicht«, erwiderte er mit Nachdruck.
»Bei Gott!«, brüllte Wagstaff. »Sofort an den Galgen mit ihnen, Penruddock. Bei Gott!«
»Das ist Gotteslästerung, Sir«, merkte einer der Richter an.
Eine häufige Klage der Puritaner war, dass die leichtlebigen königlichen Kavaliere sich einer gotteslästerlichen Sprache bedienten.
»Zum Teufel mit Euch, Hundsfott, erbärmlicher Betbruder. Ich werde Euch eigenhändig aufknüpfen. Bringt mir ein Seil!«, schrie er und sah sich im Morgenlicht nach einer geeigneten Befestigungsmöglichkeit um.
Penruddock brauchte eine Weile, um ihn davon zu überzeugen, dass dies keine sehr kluge Vorgehensweise wäre. Schließlich mussten die Richter mit ansehen, wie die Dokumente, die sie zur Ausübung ihres Amtes befugten, vor ihren eigenen Augen verbrannt wurden. Der Sheriff wurde, noch immer im Nachthemd, auf ein Pferd gesetzt und als Geisel mitgenommen. »Wir können sie ja auch noch später hängen«, knurrte Wagstaff gereizt, der noch nicht alle Hoffnung verloren hatte.
Es war hell geworden, und die inzwischen angewachsene Truppe hatte sich auf dem Marktplatz versammelt. Insgesamt waren es fast vierhundert Mann. Thomas erschienen sie wie eine gewaltige Armee. Doch er sah, wie sein Vater die Lippen schürzte. »Wie viele Bürger konntet Ihr anwerben?«, fragte er Grove leise.
»Kaum einen«, murmelte Grove.
»Dann müssen wir uns eben auf die Sträflinge verlassen.« Penruddocks Miene war finster. »Wo steckt bloß Hertford?«
»Er wird unterwegs zu uns stoßen«, brummte Wagstaff. »Verlasst Euch drauf.«
»Das werde ich.« Oberst John Penruddock winkte seinen Sohn zu sich. »Thomas, du reitest zu deiner Mutter und berichtest ihr alles, was geschehen ist. Dann bleibst du zu Hause, bis ich dich holen lasse. Verstanden?«
»Aber Vater. Du hast doch versprochen, dass ich mit darf.«
»Du wirst mir gehorchen, Thomas. Und du gibst mir dein Ehrenwort als Gentleman, dass du tust, was ich sage. Beschütze deine Mutter und deine Brüder und Schwestern, bis ich dir Bescheid gebe.«
Thomas spürte, wie ihm die Tränen in die Augen stiegen. Noch nie hatte sein Vater ihn um sein Ehrenwort als Gentleman gebeten. Doch der Stolz darauf war schwächer als die übergroße Enttäuschung, die sich in ihm breit machte. »Oh, Vater.« Mühevoll unterdrückte Thomas die Tränen. Er hatte sich so sehr darauf gefreut, als Soldat an der Seite seines Vaters zu reiten. Würde er je wieder eine solche Gelegenheit erhalten? Sein Vater legte ihm die Hand auf den Arm und drückte ihn.
»Heute Nacht sind wir zusammen in den Kampf gezogen, und ich war froh, dass du dabei warst, mein tapferer Junge. Es war die stolzeste, schönste Nacht meines Lebens. Vergiss das nie.« Er lächelte. »Und nun versprich es mir.«
»Ich verspreche es, Vater.«
»Wir müssen los«, verkündete Wagstaff.
»Ja«, erwiderte Oberst John Penruddock.
Der Montag in Compton Chamberlayne verstrich ereignislos. Thomas schlief am Nachmittag. Kurz vor Einbruch der Dunkelheit überbrachte ein Reiter, der nach Sarum im Westen wollte, Mrs. Penruddock die Nachricht, ihr Gatte und seine Männer befänden sich im nur etwa zwanzig Kilometer entfernten Shaftesbury. Um Thomas nicht in Versuchung zu führen, dorthin zu reiten, verschwieg sie ihm diese Neuigkeit. Am Dienstag traf eine Abteilung von Cromwells Reitern in Sarum ein, sie ritten schon wenige Stunden später nach Westen weiter. Wer sie fragte, welche Aufgabe sie hatten, erhielt diese Antwort: »Penruddock unschädlich machen.«
Der Mittwoch verstrich, ohne dass es Neuigkeiten gab. Irgendwo jenseits der gewaltigen Kreidefelsen, die sich gen Westen erstreckten, sammelte Penruddock seine Truppen und kämpfte womöglich sogar. Doch obwohl Thomas jeden aus Westen kommenden Reiter anhielt und seine Mutter dreimal täglich einen Diener nach Sarum schickte, erfuhren sie nichts. Es herrschte Schweigen. Niemand wusste, wo die Männer waren. Penruddocks aufständische Truppe hatte sich in Luft aufgelöst.
Was war der Grund dafür? Warum hatten die Mitglieder des Sealed Knot beschlossen, nun zuzuschlagen? Und weshalb hatte sich der besonnene Oberst John
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